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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Krankheit hier herrschen sollen, muss Bockelson fallen.«
    Gewohnt, dass Frauen in der Gemeinde schweigen und den Männern die Führung überlassen, musterte Gresbeck sie mit einem ärgerlichen Blick. »Lass die Männer reden!«
    Lothar überlegte schon, ob er dem anderen zeigen sollte, dass er ein Mann war, doch da fühlte er Fraukes Hand mahnend auf seiner Schulter.
    »Tu’s nicht!«, raunte sie ihm zu. »Der Mann ist zu verbohrt in seinen Ansichten. Der würde denken, du hättest dich gegen Gottes Ordnung versündigt, und dich verraten.«
    Die Warnung war berechtigt. Viele Täufer und auch die Lutheraner, die sich diesen angeschlossen hatten, besaßen ein engstirniges Weltbild und würden einen Mann, der sich als Frau verkleidet hatte und sich auch noch als Ehefrau eines anderen Mannes ausgab, als vom Teufel besessen ansehen. Das hatte er nicht bedacht, als er diesen Plan entworfen hatte.
    Lothar sah ein, dass ihm nichts anderes übrigblieb, als mit Frauke zusammen die Hütte zu verlassen. Um nicht müßig draußen herumzustehen, holten sie Wasser vom Brunnen. Dort ging es an diesem Tag besonders laut zu. Einige Frauen schimpften darüber, dass Männer, die sie verabscheuten, sie nun als Ehefrauen forderten und dabei von den Gefolgsleuten des Täuferkönigs unterstützt wurden. Andere wiederum beklagten sich über ihre Mitehefrauen, die dumm und faul wären. Es gab allerdings auch Frauen, die Bockelson verteidigten.
    »Vorher war ich eine Magd, die niemals hätte heiraten können, doch nun bin ich die erste Ehefrau eines Predigers unserer neuen Kirche und stehe damit über meiner ehemaligen Herrin«, erklärte eine stolz.
    Eine andere drehte sich mit spöttischer Miene zu ihr um. »Und was hat es dir gebracht? Du musst immer noch das Wasser am Brunnen holen, genau wie früher!«
    Streit und Gerede führten dazu, dass es eine Weile dauerte, bis Frauke und Lothar selbst Wasser schöpfen konnten. Mittlerweile schimpften die Frauen darüber, dass Bockelsons Leute immer weniger Lebensmittel herausgaben.
    »Es ist gerade genug, dass man nicht verhungert«, rief eine empört. »Aber ihr braucht nicht zu glauben, dass die dort darben!« Sie wies auf den Prinzipalmarkt und den Domplatz, an denen die meisten Täuferführer wohnten.
    »Frauke muss es doch wissen, denn ihre Schwester ist eines der Weiber im Harem des Großsultans von Münster.«
    Gegen ihren Willen stand Frauke auf einmal im Mittelpunkt. Sie füllte ihren zweiten Eimer und sah sich dann mit einem gezwungenen Lächeln um.
    »Wie ihr seht, muss auch ich das Wasser immer noch selbst vom Brunnen holen.«
    Lothar bewunderte ihre Schlagfertigkeit, mit der sie allem Gerede die Spitze abgebrochen hatte. Um selbst gut Wetter bei den anderen Frauen zu machen, schöpfte er für eine schon ältere, skeletthaft magere Frau das Wasser und half auch einer Schwangeren, ihren Eimer zu füllen.
    »Danke«, sagte die Schwangere und fasste nach ihrem Eimer. Da sie sich schwertat, nahm Lothar ihn ihr ab.
    »Wartest du einen Augenblick auf mich, meine Liebe? Aber ich will dieser Frau helfen. Sonst kommt noch ihr Kind zu Schaden.«
    »Ich warte«, antwortete Frauke und sah sich wenig später ihrer Stiefmutter gegenüber.
    »Da bist du ja, du ungutes Ding! Was ist das für eine Mode, ohne den Willen und Segen des Vaters zu heiraten? Außerdem hättet ihr bei uns im Haus bleiben können. Jetzt muss ich die ganze Arbeit machen, weil deine Mutter keinen Finger rührt und auch noch betan werden will!«
    »Wenn es Euch genehm ist, werde ich meine Mutter zu uns nehmen, Frau Katrijn!« Dieser Vorschlag kam Frauke wie von selbst über die Lippen. An die Mutter hatte sie über ihren eigenen Sorgen nicht gedacht, und das wollte sie wiedergutmachen.
    Froh, Inken Hinrichs loszuwerden, nickte Katrijn zustimmend. Unter den noch unverheirateten Frauen der Stadt hatte sie bereits eine ausgesucht, die ihr aufs Wort gehorchte, und diese konnte sie Hinrichs noch am gleichen Tag als zweite Ehefrau ins Haus bringen.
    Frauke wartete auf Lothars Rückkehr und fasste ihn, als er wieder auftauchte, am Arm. »Wir müssen Mutter holen. Ich lasse sie nicht bei diesem Weib zurück!«
    Lothar warf Katrijn einen Blick zu und begriff, warum Frauke sich dazu entschieden hatte. Auch wenn Inken Hinrichs ihnen neue Probleme bescheren würde, wollte er seiner Geliebten diesen Gefallen tun.
    »Das werden wir, meine Liebe. Wir bringen nur das Wasser nach Hause. Dann holen wir sie.«
    »Je eher, desto besser!«, rief

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