Flammen des Himmels
Katrijn dazwischen, doch weder Frauke noch Lothar beachteten sie.
Als die beiden nach Hause kamen, war Gresbeck immer noch da und redete auf Helm und Faustus ein. Aus diesem Grund beschlossen sie, sofort loszugehen und Fraukes Mutter zu holen.
Unterwegs fasste Frauke nach Lothars Hand. »Ich hoffe, du bist mir nicht böse deswegen?«
»Warum sollte ich das sein, mein Lieb? Deine Mutter hat es verdient, gut behandelt zu werden, schon weil du ihre Tochter bist.«
»Das hast du schön gesagt!« Frauke schenkte Lothar ein Lächeln und sagte sich, dass es auf der ganzen Welt keinen zweiten Mann wie ihn geben konnte. Er war klug und mutig – und vor allem liebte er sie. Wenn dieser Alptraum hinter ihnen lag, würden sie heiraten, miteinander Kinder in die Welt setzen und im Alter Hand in Hand auf der Bank sitzen und ihren Enkeln zusehen.
Frauke gluckste, als sie merkte, wie weit ihre Gedanken vorausgegriffen hatten. Zunächst galt es, in Münster zu überleben, und das würde schwer genug werden.
Am Haus ihres Vaters wartete Katrijn bereits an der Tür. »Da seid ihr ja endlich!«, sagte sie, als wären Frauke und Lothar stundenlang ausgeblieben. »Damit ihr es gleich wisst: Essen bekommt ihr von uns für das alte Gehöckels nicht!«
»Von dir würde ich nicht einmal ein Stück Brot annehmen – und wenn ich am Verhungern wäre!«, antwortete Frauke voller Verachtung und trat in die Kammer ihrer Mutter.
»Komm, wir bringen dich zu uns, dann musst du diese böse Frau nicht länger ertragen.«
Inken Hinrichs drehte ihr langsam den Kopf zu. »Ich sehe sie ohnehin nie.«
Voller Schrecken stellte Frauke fest, dass ihre Mutter in den letzten Tagen kaum etwas gegessen zu haben schien. Auch der Nachttopf, den sie bei ihrem letzten Besuch geleert hatte, war wieder übervoll.
»Es ist wirklich viel besser, wenn du mit uns kommst«, erklärte sie und fasste ihre Mutter resolut unter. Einen Augenblick lang schien es, als wolle diese sich sträuben. Dann aber gab sie dem Willen der Tochter nach und ließ sich hinausführen.
Katrijn folgte ihnen mit höhnischer Miene. »Damit ist der letzte Schmutz aus meinem Haus hinausgekehrt!«
Der Wunsch, die impertinente Frau zu ohrfeigen, wuchs in Frauke so stark, dass sie kaum an sich halten konnte. Erst als Lothar ihre Hand fasste und sie seinen warnenden Blick bemerkte, kehrte sie Katrijn den Rücken und führte die Mutter mit seiner Hilfe durch die Stadt.
Es gefiel Inken Hinrichs gar nicht, mit ihrem ausladenden Leib von anderen Leuten gesehen zu werden. Da sie nicht wusste, ob das Kind von ihrem Mann stammte oder von ihrem Vergewaltiger, hasste sie das Kleine, das sie ständig an die grauenhaften Stunden im Klosterkeller erinnerte.
Als sie an ihrem Heim ankamen, waren Helm und Faustus allein. Frauke atmete auf, denn sie hätte ihrer Mutter ungern zugemutet, auf der Straße warten zu müssen, bis Gresbeck gegangen war. So aber brachte sie sie mit Lothar zusammen in die Hütte und stellte ihr einen Stuhl hin.
»Komm, setz dich, Mutter. Hier wird dich keiner quälen«, sagte sie, half ihrer Mutter, sich zu setzen, und drückte sie kurz an sich.
»Was macht ihr?«, fragte Helm verständnislos.
»Wir haben Mutter geholt, denn Katrijn würde sie verhungern lassen.« Noch während sie es sagte, gab Frauke den Rest der Suppe, der eigentlich für das Abendessen vorgesehen war, in eine Schüssel, nahm einen Löffel vom Bord und reichte beides ihrer Mutter.
»Iss dich satt«, sagte sie lächelnd.
»Bist ein gutes Kind«, murmelte Inken Hinrichs und begann zu löffeln.
Lothar gesellte sich zu Helm und Faustus. »Was hat Gresbeck gesagt?«, fragte er leise.
Die beiden jungen Männer musterten Inken Hinrichs, die nun in ihrer Mitte weilen und ihre Gespräche mitbekommen würde, dann begann Helm leise mit seinem Bericht. »Gresbeck und ein paar andere wollen sich zusammentun und ein Tor besetzen, um den Landsknechten des Bischofs den Weg in die Stadt zu öffnen. Sie verlangen dafür völliges Pardon für sich, ihre Familien und ihre Verwandten und Freunde.«
»Das ist endlich eine gute Nachricht!«, antwortete Lothar und ärgerte sich, weil er selbst nicht hatte dabei sein können. Doch Gresbeck und dessen Freunde würden weder eine Frau unter sich dulden noch sich mit einem Mann zusammentun, der monatelang als Frau unter ihnen gelebt hatte.
6.
A uch wenn Lothar nicht in eigener Person an der Verschwörung teilnehmen durfte, so wurde er durch Helm und Faustus auf dem Laufenden
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