Flammen des Himmels
Purpur eines Kardinals eintragen und es ihm ermöglichen, beim nächsten Konklave seine Stimme dem Bewerber zu geben, von dem er sich den meisten Nutzen versprach.
Während der Inquisitor seine Gedanken in eine für ihn strahlende Zukunft wandern ließ, starrten die Ratsmitglieder und anderen Bürger der Stadt ihn fassungslos an. Auch Magnus Gardner vermochte kaum zu glauben, was er eben gehört hatte, und hätte am liebsten mit der blanken Faust dreingeschlagen. Gerwardsborn plünderte die Stadt schamlos aus und entzog damit dem Fürstbischof von Münster die ihm zukommenden Steuern.
Da er das nicht ohne Widerspruch hinzunehmen gedachte, hob er abwehrend den Arm. »Euer Exzellenz, ich fordere Gehör!«
»Es sei Euch gewährt«, antwortete der Inquisitor mit einem Lächeln, das Gardner eindeutig davor warnte, sich ihm in den Weg zu stellen.
Lothars Vater spürte, wie es ihm heiß den Rücken hinabrann. Unsicherheit, Angst und Pflichtgefühl fochten einen harten Kampf in ihm aus. Schließlich versuchte er, seiner Aufgabe gerecht zu werden.
»Eure Exzellenz urteilt sehr streng über diese Stadt. Solltet Ihr die Strafe nicht besser mit Seiner Durchlaucht, dem Fürstbischof, besprechen?«
»Wenn Herr von Waldeck hier wäre, würde ich es gerne tun«, antwortete Gerwardsborn mit hörbarem Spott. »Um ihn selbst aufzusuchen, fehlt mir jedoch die Zeit. Ich werde bereits morgen nach Rom aufbrechen, um in den heiligsten Kathedralen der Christenheit für diese Stadt zu beten. Dabei fände ich es nur gerecht, wenn ich je einhundert Gulden als Spende dieser Stadt an Sankt Johannes im Lateran, Santa Maria Maggiore, Sankt Paul vor den Mauern und Sankt Peter übergeben könnte!«
Damit erhöhte er die Strafe noch einmal um vierhundert Gulden. Das Gefühl, sowohl die Bürger dieser Stadt wie auch die Abgesandten des Fürstbischofs auf diese Weise zur Räson gebracht zu haben, überwog für Gerwardsborn beinahe den Verlust der drei verschwundenen Frauen.
Er lächelte huldvoll und wies auf Rübsam, der eben beflissen neben ihm aufgetaucht war. »Der Magister wird die Spenden der Stadt und der Bürger entgegennehmen und in seine Liste eintragen. Gebe der heilige Paulus, dass kein Geizhals unter euch ist, der die heilige Kirche um ihren Anteil betrügen will!«
Das war eine Warnung an alle, beim Bezahlen nicht zu knausrig zu sein.
Magnus Gardner ertrug die Nähe des Inquisitors und seines Magisters nicht mehr. Ohnehin wusste er nicht, was er von dem Gehörten halten sollte. War wirklich der Teufel gekommen, um die Frau und die Töchter des geflohenen Hinner Hinrichs zu befreien? Oder hatte Gerwardsborn die drei heimlich beiseiteschaffen lassen, um die Stadt melken zu können?
Auf jeden Fall würde er drei Kreuze schlagen, wenn das Stadttor von Stillenbeck sich hinter Gerwardsborns Maultier schloss und der Inquisitor den Weg zur Grenze eingeschlagen hatte. Dann aber würde er einen Bericht schreiben müssen, der ihn selbst nicht gerade in einem guten Licht erscheinen ließ.
Mit diesem Gedanken kehrte er in seine Unterkunft zurück. Sein Sohn schlief noch, obwohl es schon bald Mittag war, schien aber schlecht zu träumen. Das war kein Wunder bei dem, was der Junge in den letzten Tagen hatte miterleben müssen. Gardner seufzte und wollte sich Wein einschenken. Doch der Krug war leer. So trat er auf den Flur und rief einen dienenden Mönch herbei, der ihm neuen Wein bringen sollte.
Als der Krug wieder gefüllt war, überlegte er, ob er sich betrinken sollte, um nicht mehr an Gerwardsborn und dessen Richtsprüche denken zu müssen. Dann aber schüttelte er den Kopf. Betrunken würde er vielleicht die Beherrschung verlieren und dem Inquisitor ins Gesicht sagen, was er von ihm hielt.
»Der Mann ist ein Teufel«, murmelte er vor sich hin. »Man weiß nicht, was ihn mehr erfreut: Menschen zum Tode auf dem Scheiterhaufen zu verurteilen oder ihnen im Namen des Glaubens so viel Geld abzupressen, wie es nur möglich ist.«
»Ist etwas, Herr Vater?« Lothar war durch Gardners Stimme wach geworden und blickte ihn verdutzt an. In seinem Traum war er eben noch durch endlose Kerker geirrt, um Frauke Hinrichs zu suchen, hatte sie aber nicht finden können.
»Es ist nichts, mein Junge«, antwortete Gardner schwer atmend. »Oder doch! Seine Exzellenz wird morgen die Stadt verlassen, um nach Rom zu reisen. Ich werde ihm bis an die Grenze Geleit geben. Du machst dich ebenfalls reisefertig und kehrst an deine Universität zurück. Wenn du
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