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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Bischofssitz. Auch wenn Waldeck vom Domkapitel gewählt und von Kaiser und Papst bestätigt worden war, konnte er sich der Herrschaft über die Stadt Münster nicht sicher sein.
    Die Gedanken seines Landesherrn gingen in dieselbe Richtung. »Was haltet Ihr von den Nachrichten, die uns aus Münster erreichen, Gardner?«
    »Es gibt etliche Nachrichten aus Münster, und ich halte keine davon für gut.« Gardner senkte nachdenklich den Kopf. »Rothmann hat erneut einen Disput mit einem katholischen Kleriker als Sieger beendet. Man sollte Prediger nach Münster schicken, die der Bibel kundig sind und sich nicht von diesem Stutenbernd aufs Glatteis führen lassen.«
    »Nimmt Rothmann immer noch normales Brot für die Wandlung statt geweihter Oblaten, obwohl es ihm verboten wurde?«, wollte der Bischof wissen.
    »Bernhard Rothmann tut viel, was ihm verboten worden ist. Der Rat der Stadt Münster hatte ihn wegen seiner aufrührerischen Predigten aus der Stadt gewiesen, musste diesen Beschluss jedoch auf Betreiben der Gilden wieder rückgängig machen. Rothmann stellt eine Gefahr für uns dar, Eure Hoheit. Er bekämpft nicht nur die römische Kirche, sondern auch die Lutheraner. Den Berichten zufolge, die ich aus Münster erhalte, kommen immer mehr Wiedertäufer in die Stadt. Es ist elendes Gesindel, das glaubt, allein unter allen Menschen auserwählt zu sein, das Himmelreich zu erlangen.«
    »Die Wiedertäufer sind zwar lästig, aber keine direkte Gefahr«, antwortete Waldeck. »Schreibt an den Rat der Stadt Münster, sie sollen Rothmann bei Leibesstrafe verwarnen, noch einmal aufrührerische Reden zu führen, oder ihn einsperren, sollte das nichts nützen.«
    »Verzeiht, Eure Hoheit, doch ich glaube, dafür ist es bereits zu spät! In Münster geht es nicht mehr nur um Religion, sondern auch um Macht. Etliche Bürger der Stadt – darunter viele Mitglieder des Rates und die gesamten Spitzen der Gilden – fordern, dass die Stadt nicht mehr Teil des Fürstbistums sein soll, sondern eine freie Reichsstadt werden muss. Für diese Männer stellt Rothmann nur ein Werkzeug dar, Eure Macht zu brechen!«
    Gardners Sorge war berechtigt, das wusste Waldeck. Dennoch zuckte er mit den Achseln. »Ratet Ihr mir etwa, mit bewaffneter Macht gegen Münster zu ziehen, so wie der Fürstbischof von Köln gegen Soest vorgegangen ist?«
    »Ihr solltet Euch darauf einrichten, dass es so kommt, und Freunde suchen, die Euch beistehen. Münster ist eine gut befestigte Stadt! Hat sie erst einmal die Tore vor Euch geschlossen, wird es viel Pulver und ein heftiges Hauen und Stechen kosten, sie wieder zu öffnen.«
    »Das wollen wir nicht hoffen!« Waldeck schauderte es bei dem Gedanken, mit militärischer Macht gegen seine eigene Hauptstadt ziehen zu müssen. Da seine persönlichen Mittel dazu nicht ausreichten, würde er die Hilfe anderer Fürsten benötigen, und die war nicht ohne Gegenleistung zu erhalten.
    »Seht zu, dass Ihr immer rechtzeitig erfahrt, wenn sich etwas in Münster tut, Gardner. Dann können wir entscheiden, was zu geschehen hat.«
    »Wie Eure Hoheit befehlen!« Gardner verneigte sich und zog sich zurück. Auf dem Weg nach Hause wünschte er sich einen etwas entscheidungsfreudigeren Herrn als Waldeck. Auf dem Papier war der Fürstbischof Herr über Münster, Minden, Osnabrück und einige unbedeutendere Orte, aber seine Hausmacht war zu gering, um seine Stellung mit dem nötigen Nachdruck behaupten zu können.
    Der Gedanke beschäftigte Gardner noch, als er sein Haus betrat und der Magd Hut und Mantel reichte. Kurz darauf steckte er den Kopf in das Nähzimmer seiner Frau. Ausnahmsweise ruhten deren Hände, und sie sprach leise mit der Tochter. Beim Anblick ihres Mannes atmete sie erleichtert auf.
    »Es ist gut, dass du gekommen bist. Wir haben nämlich einen Brief von dem ehrwürdigen Herrn Magister Kranz erhalten. Nicht dass unserem Sohn etwas zugestoßen ist!« Lothars Mutter hatte es nicht gewagt, den Brief zu öffnen, sondern reichte den Umschlag unversehrt ihrem Mann.
    Gardner erbrach das Siegel und begann zu lesen. Bereits bei der ersten Zeile nahm sein Gesicht einen angespannten Ausdruck an.
    Lothars Mutter fasste nach seiner Hand. »Ist etwas mit dem Jungen?«
    Gardner schüttelte den Kopf. »Wie kommst du darauf? Magister Kranz lobt ihn als eifrigen Schüler.«
    Längst hatte er den Entschluss gefasst, dass er das, was tatsächlich in dem Brief stand, seiner Ehefrau niemals mitteilen durfte. Obwohl sein alter Studienfreund

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