Flammen über Arcadion
musste aufpassen, dass seine ehemaligen Kameraden, die nun aus der Deckung des Gefängnistransporters traten und geordnet vorrückten, nicht zu früh erkannten, was er vorhatte. Hoffentlich klappt es , dachte Jonan. Sonst wird es eng. Die Verstärkung ist sicher schon unterwegs.
Er erreichte die fragliche Stelle und gab eine kurze Salve ab, damit ihre Gegner in Deckung blieben. Oben auf der Ladefläche hatte Giac die Pistole ergriffen und schoss schreiend das Magazin leer. Es machte Krach und zwang die normal Uniformierten, die Köpfe einzuziehen. Die Templergardisten beeindruckte es nicht.
Mal sehen, was ihr hiervon haltet! , dachte Jonan grimmig. Er wechselte das Sturmgewehr in die linke Hand, vollführte einen raschen Ausfallschritt und packte mit der Rechten den Metallzylinder. Ohne zu zögern, schleuderte er seinen Gegnern das massive Wurfgeschoss entgegen. Beinahe träge rotierte der graue Zylinder durch die Luft, bevor er mit einem metallischen Dröhnen auf dem Asphalt aufschlug und auf die Templer zurollte.
Jonan schoss, traf ihn – und nichts passierte!
Enttäuscht schrie er auf. Irgendwie hatte er sich mehr Feuerwerk davon erhofft. Jetzt war alles vorbei. Sie würden hier nicht mehr lebend rauskommen.
In diesem Moment fiel ein faustgroßes, eiförmiges Objekt von einem benachbarten Häuserdach und den feindlichen Soldaten direkt vor die Füße.
»Granate!«, kreischte einer der Uniformierten und wirbelte panisch herum, um zu fliehen.
Er kam keine drei Schritte weit, bevor das Geschoss explodierte. Es gab einen furchtbaren Knall, der alle Fensterscheiben in der direkten Umgebung klirrend zu Bruch gehen ließ und die Pferde der etwas entfernt stehenden Gefängniskutsche endgültig in Panik versetzte. Wild schnaubend gingen sie durch und preschten an den Soldaten vorbei, die von dem Angriff allesamt zu Boden geworfen worden waren. Die Uniformierten waren zweifelsohne tot, die beiden Templer in ihren schweren Rüstungen würden wieder auf die Beine kommen.
Aber bis dahin wollte Jonan verschwunden sein. Mit Schwung warf er sich auf die Ladefläche ihres Fuhrwerks, dessen Achsfedern protestierend quietschten. Dann gab er Dino das Zeichen, ihre Pferde die Zügel spüren zu lassen.
»Los geht’s«, schrie dieser und trieb die Tiere an. Sofort nahm ihre Kutsche Fahrt auf, und bevor sich ihre Feinde von dem unerwarteten Granatenangriff erholt hatten, jagten sie davon. Jonan hob den Kopf und blickte an dem Gebäude hinauf, von dem die Granate herabgefallen war. An der Dachkante glaubte er noch ganz kurz einen Kopf zu sehen, der sich allerdings im gleichen Moment zurückzog. Sekunden später bogen sie mit der Kutsche in eine Gasse ein, und das Schlachtfeld geriet außer Sicht.
Lucai … , dachte Jonan fassungslos. Haben mich meine Augen getrogen, oder war das wirklich Lucai?
Ein schmerzerfülltes Ächzen lenkte ihn von dem Gedanken ab. Er schaute zu Giac hinüber, der neben ihm auf der Ladefläche lag, und klappte das Helmvisier hoch. »Giac? Was ist los?«
»Ich … ich weiß nicht. Ich … « Caryas Onkel blickte an sich hinab, und Jonan sah es fast gleichzeitig. An seinem Unterleib hatte sich ein großer Blutfleck gebildet. »Gottverdammt. Ich bin getroffen … Ich … « Er blinzelte, und seine Augen verschleierten sich. Offenbar kämpfte er bereits um sein Bewusstsein.
Jonan riss Giacs Uniformjacke auf. Das Hemd darunter war klatschnass und rot. Er presste die Lippen zusammen und fluchte lautlos. Giac war von einem Sturmgewehr getroffen worden. Es musste kurz vor der Granatenexplosion passiert sein, ansonsten hätte er es gar nicht mehr bis auf den Wagen geschafft.
»Werde ich … Jonan, werde ich sterben?«, fragte Giac undeutlich.
Jonan schluckte und legte dem Mann die Hand auf den Arm. Er wusste, dass sie schwer und aus Metall war und kaum ein Gefühl von Trost vermittelte, aber er konnte gegenwärtig nichts daran ändern. »Es tut mir leid, Giac«, sagte er.
Giac fluchte schwach. »Und alles … für nichts. Nichts … Ich … «
Jonan war versucht, Dino darum zu bitten anzuhalten. Die holprige Fahrt über das Kopfsteinpflaster der Gassen beschleunigte Giacs Verbluten nur noch. Andererseits hätte es keinen Unterschied gemacht. Einzig ein gut ausgestatteter Arzt hätte Caryas Onkel jetzt noch retten können, und das auch nur, wenn er sofort operiert hätte.
»Carya«, ächzte Giac und legte Jonan eine blutige Hand auf die Brust.
»Carya geht es gut«, versicherte dieser ihm. »Sie ist
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