Flammen über Arcadion
entkommen. Picardo hat sie in einer verrückten Sturmfahrt rausgeholt.« Er hoffte, das das stimmte. Ganz sicher war er sich nicht, ob die wilde Rettungsaktion des Kunstmalers wirklich Erfolg gehabt hatte.
»Gut.« Giac nickte zufrieden. Seine Hand fiel schlaff herunter. Da war so entsetzlich viel Blut überall. Jonan spürte, wie sich sein Magen bei dem Anblick verkrampfte.
Caryas Onkel murmelte etwas, das kaum noch verständlich war.
»Was sagen Sie?« Jonan beugte sich zu ihm hinunter.
»Pass … auf sie … auf, … ja?«, flüsterte Giac.
»Auf Carya?«
Giac nickte kaum merklich. Seine Lider wirkten furchtbar schwer. Er stand an der Schwelle zum Licht, so viel konnte Jonan erkennen.
Er ergriff Giacs schwielige Hand. »Ich verspreche es. Machen Sie sich keine Sorgen, hören Sie. Carya wird nichts passieren. Nicht, solange ich irgendwie die Möglichkeit habe, es zu verhindern.«
Die Andeutung eines Lächelns umspielte Giacs Mundwinkel. Dann erschlafften seine Züge.
Erschüttert wandte Jonan sich ab und holte tief Luft. Seine Faust krachte auf die Ladefläche. Warum ausgerechnet Giac? Damit hatte Carya einen weiteren, ihren letzten Verwandten, an den Lux Dei verloren. Jetzt hat sie niemanden mehr außer mir.
Vom Kutschbock aus warf Dino einen Blick über die Schulter. »Verdammt, was ist mit Giac los?«, wollte er wissen.
»Giac ist tot«, sagte Jonan müde. »Er ist tot … «
Kapitel 22
Es herrschte gedrückte Stimmung in der Runde, die sich an diesem Abend in der kleinen Wohnung unweit des Osttors von Arcadion traf. Adara hatte die zwei Zimmer schon vor einer Weile als Ersatzversteck gemietet, für den Fall, dass ein Zusammenkommen auf dem Campus der Universität nicht mehr sicher war. Eigentlich hätten die Anwesenden Grund zum Feiern gehabt. Sie hatten nicht nur eine hinterhältige Falle überlebt, sondern waren ihren Häschern auch noch erfolgreich entkommen.
Leider schmälerte der Umstand, dass sich ihre Gruppe praktisch halbiert hatte, diesen Triumph auf schmerzliche Art und Weise. Carya fühlte sich innerlich ausgebrannt. Zum ersten Mal konnte sie ansatzweise nachvollziehen, was Rajael an dem Abend durchgemacht hatte, nachdem Carya und sie sich im Park im Streit getrennt hatten. Ein Teil von ihr hätte jetzt auch am liebsten Gift genommen, aber es waren bereits genug Menschen an diesem Tag ums Leben gekommen.
»Ugo ist tot, Lando ist tot, Giac ist tot, und Gabriela wird vermisst.« Mit verkniffener Miene blickte Dino in die Runde. In seinen Augen standen Tränen, und er war nicht der Einzige im Raum, dem es so ging. »Diese ganze Befreiungsaktion war ein unsäglicher Reinfall, eine Tragödie, möchte ich sagen. Lando hatte eine Freundin, wusstet ihr das? Er wollte beim nächsten Lichtfest um ihre Hand anhalten. Und Gabriela? Wer kümmert sich jetzt um ihre alten Eltern? Sagt mir das mal jemand?«
»Gott im Himmel, Dino, es reicht!«, unterbrach ihn Adara scharf. Er rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die Nasenwurzel. »Es reicht … «, fuhr er leiser fort. »Jeder von uns wusste, dass die Gefahr besteht, verwundet oder getötet zu werden. Das war uns bereits klar, als wir uns zur Ascherose zusammengeschlossen haben.«
»Uns hat niemand erzählt, dass wir gegen voll gerüstete, schwer bewaffnete Schwarze Templer würden antreten müssen!«, regte sich Dino weiter auf.
»Das konnte auch keiner ahnen«, meldete sich Jonan zu Wort. »Hätten wir es gewusst, hätten wir die ganze Aktion natürlich abgeblasen.« Er saß in der Kleidung, die sie kürzlich in dem Gebrauchtwarenladen für ihn eingetauscht hatten, neben Carya. Seinen Kampfpanzer hatten sie unter einer Plane verborgen in einem Schuppen hinter dem Haus eingeschlossen. Dort würde er einstweilen bleiben, da es für Jonan jetzt noch gefährlicher als zuvor war, sich gerüstet in der Stadt zu bewegen.
»Wo kamen diese finsteren Gesellen eigentlich so plötzlich her?«, wollte Picardo wissen. »Das atmet doch entschieden den stinkenden Odem des Verrats.« Der auf dem Sofa sitzende Kunstmaler trug einen dicken Verband um die Schulter, wo ein befreundeter Arzt unter dem Siegel der Verschwiegenheit seine Schusswunde behandelt hatte. Picardo gehörte wirklich zu den Glückskindern des Tages. Die Kugel war glatt durchgegangen und hatte Knochen und Sehnen um die entscheidenden Millimeter verfehlt. So ganz wusste er diesen Segen allerdings nicht zu schätzen.
Stephenie nickte. »Das sah wirklich so aus, als hätten die nur auf
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