Flammen um Mitternacht
zurück.
Fromm glitt
hinters Lenkrad, schloß die Tür und kurbelte die Scheibe hoch.
„Donnerwetter!“
meinte Eckert. „Ist die hinter dir her! Kannst dich ja kaum retten vor ihr! Wie
machtst du das nur, daß die Weiber so auf dich fliegen?“
„Halt die
Schnauze!“
Eckert
lachte. „An diesen Türken entsinne ich mich. Hübscher Junge. Tja, so müßte man
aussehen.“
„Eines
Tages“, sagte Fromm, „brocke ich’s ihm ein, diesem Sau-Türken. Den mache ich
fertig, daß er wünschte, er wäre unterm Halbmond geblieben.“
„Warum? Er
tut doch nichts. Sie ist es, die ihm nachläuft.“
„Trotzdem!
Diese Typen von auswärts sind doch wie Vieh — gerade blöd genug, um für uns
Kohle anzuschaffen. Na schön! Für uns malochen ( schuften ) — das dürfen
sie. Aber wehe, sie fangen an, sich an unsern Weibern zu vergreifen. Da hört
der Spaß bei mir auf. Türken raus! Fremdarbeiter raus! Und mit dem Knüppel auf
die, die sich aufmüpfig machen.“
„Wohl,
wohl!“ Eckert gähnte. „Gescheite Mützen sieht man bei denen sowieso nicht.“
Wieder
kehrte Langweile ein. Eckert rauchte. Fromm bewegte finstere Gedanken im Kopf.
Eine
Handvoll Illegaler kam aus dem Haus. Scheu sahen sie sich um. Sie wagten sich
nur in den Garten, nicht darüber hinaus — wie man ihnen befohlen hatte. Sie
hatten sich satt essen dürfen wie seit langem nicht mehr. Morgen erwartete sie
der erste Arbeitstag auf der Baustelle.
Im
Rückspiegel tauchte ein roter Porsche auf.
„Der Chef!“
Fromm stand schon im Freien. Respekt machte ihm Beine.
Als der
Porsche hielt, sprangen die Kapos zur Fahrertür.
Werner
Honold blieb sitzen, ließ auch den Motor laufen, hatte aber das Fenster
geöffnet.
Selbst
sitzend wirkte er groß. Im übrigen sah er aus wie glitzerndes Eis: kalt, hart
und grell. Er hatte hellblondes Haar und Augen wie Gletscherwasser. Er hatte
blitzende Zähne, und in seinem kantigen Gesicht war die Unverschämtheit zu
Hause. Sogar betend — was ihm nie in den Sinn gekommen wäre — hätte er
herausfordernd gewirkt, anmaßend und mißachtend.
„Wie sieht’s
aus?“ fragte er.
„Alles
ruhig.“ Fromm bemühte sich, nicht allzu stramm zu stehen. „Die Kanaken leben
sich ein.“
„Morgen
können sie in die Hände spucken. Heidenreich braucht sie auf der Baustelle
Ahornstraße.“
Das wußten
die Kapos bereits.
„Haltet die
Augen offen“, sagte Honold. „Korac wird ungemütlich.“
„Der soll
nur kommen“, meinte Eckert.
„Er meint’s
ernst, der Kacker!“ Kalte Wut glitzerte in Honolds Augen. „Er und Bossert waren
bei mir zu Hause. Die wußten, daß ich nicht da bin. Haben Claudia überfallen
und sie halbtot geschlagen.“
„Was?“
Eckert ließ den Mund offen.
Fromm ballte
die Faust. Beinahe hätte er sich vergessen und aufs Dach des Porsche
getrommelt.
„Leider
tanzten die Bullen an“, sagte Honold durch die Zähne. „Ließ sich nicht
vermeiden. Aber Claudia hat die Sache runtergespielt und als
Allerwelts-Überfall dargestellt. Wäre ja noch schöner, daß die Bullen sich
einmischen, wie? Immerhin! Wir wissen: Korac schäumt. Hätte nicht gedacht, daß
er so auf den Putz haut. Damit riskiert er nur Aufsehen, und wenn’s uns
erwischt, bleibt er nicht verschont. Aber in so einem Balkan-Schädel ist eben
noch weniger drin, als man glaubt“.
„Stimmt!“
pflichtete Eckert bei.
Fromm
nickte. „Dieser Idiot! Statt mal klein beizugeben, macht der jetzt ‘nen
Rachefeldzug, wie?“
„Ist zu
erwarten“, sagte Honold. „Also rechnet damit, daß Mollai und Luka hier
auftauchen.“
Sein Blick
war Befehl genug.
Dann legte
er den Rückwärtsgang ein, wendete und preschte in die Stadt zurück.
*
Sie fuhren
in Gunters Saab. Die Innenstadt lag hinter ihnen. Ihr Ziel war ein
Stadtviertel, in dem fast ausschließlich Gastarbeiter wohnten.
„Ich hatte
den Eindruck, Papi“, sagte Locke, „daß diese Claudia Schoeffe über dich
Bescheid weiß.“
Gunter
lächelte. „Mein Kollegen und ich — wir bleiben leider nicht im Verborgenen,
wenn wir Material sammeln. Wir müssen fragen, fragen, fragen, schnüffeln und
die Leute beknien. Schon möglich, daß Honold das spitzgekriegt hat. Dann gibt
es zwei mehr in der Stadt, die gern zu meiner Beerdigung kämen: Korac und ihn.“
„Mich
schaudert’s“, sagte Locke. „Manchmal habe ich Angst um dich. Warum bist du
nicht Pfarrer geworden. Das ist nicht so gefährlich.“
Gunter
lachte.
„Auch die
Frau Dr. Conradi“, verriet Tom,
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