Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
Vom Netzwerk:
Einheimischen. Kaum ein Herumtreiber, den keiner vermissen würde.«
    »Vielleicht wusste der Mörder das nicht«, argumentierte Frank. »Er sieht einen Mann, der bei den Schienen herumläuft, und entweder bemerkt er die Designerklamotten nicht, oder es ist ihm egal. Bitte sag jetzt nicht, dass dich die fehlende historische Genauigkeit stört.«
    »Wenn er sich schon die Mühe macht« – sie kauerte sich neben den Kopf –, »dann sollte er auch alles richtig machen.«
    Van Horns Gesicht zeigte denselben höhnischen Gesichtsausdruck wie bei ihrem ersten Treffen, vermischt mit leichter Überraschung. An seiner rechten Wange war ein kleiner Kratzer mit ein wenig Blut daran zu sehen; ansonsten schien der Kopf unbeschädigt zu sein. Die Schnitte am Hals waren nicht so sauber ausgeführt wie bei Kim, und es fehlte auch kein Stück.
    Soweit sie im Licht der Maglite sehen konnte, befand sich im Mund nichts außer Blut. In dem grauen Haar hatten sich kleine Blätter und Gras verfangen. An seiner rechten Schläfe klebte verschmiertes Blut, wahrscheinlich von dem Kontakt mit der nassen Hose. Ansonsten war nichts Auffälliges am Kopf zu erkennen. Die Kleidung war vollgespritzt, aber nicht durchnässt. Sie war dem Opfer definitiv vor der Enthauptung ausgezogen worden.
    Theresa ließ die schwere Kamera von ihrer Schulter baumeln, während sie eine Zeichnung des Tatortes anfertigte und leise etwas von Übereinstimmungen und Abweichungen zu den Originalmorden vor sich hin murmelte. Der Ausweis störte sie. Der Torso-Mörder hatte viel auf sich genommen, um die Identifikation seiner Opfer unmöglich zu machen. Nur drei von zwölf konnten identifiziert werden, und davon wiederum nur zwei mit absoluter Sicherheit. Kim wäre vielleicht immer noch eine Unbekannte, wenn sie nicht eine kriminelle Vergangenheit gehabt hätte.
    Doch seit 1935 hatte sich viel geändert. Bis jetzt konnten alle Opfer ohne größere Probleme identifiziert werden, vielleicht hatte der Mörder deshalb beschlossen, diesen Aspekt künftig außer Acht zu lassen.
    »Wurde die Familie des Toten schon informiert?«, fragte sie Frank, während sie weiterarbeitete.
    »Sanchez ist gerade bei ihm daheim, doch offensichtlich lebt er allein. Sie hat seine Vermieterin aufgeweckt, die sagt, dass Mr. Van Horn keine Verwandten hat und kaum Freunde. Sein Leben drehte sich um seine Arbeit und die Eisenbahnvereinigung.«
    »Als was hat er gearbeitet?«
    »Bauzeichner in einem Architekturbüro an der Fifty-fifth.«
    »Das ergibt Sinn. Er war Künstler.«
    »Tja, Kunst kann schon manchmal kopflos sein.«
    Sie warf ihm einen Blick zu. »Weißt du nicht, dass ein Kalauer die niedrigste Form von Humor ist?«, fragte sie, war jedoch gleichzeitig erleichtert, dass Frank wieder mit ihr scherzte. Er war wegen der Sache mit ihrem Großvater also nicht ernsthaft verärgert.
    »Ich habe davon gehört, ich glaube es nur nicht.«
    »Wann wurde er zum letzten Mal gesehen?«
    »Seine Vermieterin hat gestern Abend mit ihm gesprochen. Wenn das Büro morgen öffnet, werden wir erfahren, ob er bei der Arbeit war. Warum?«
    »Ich weiß es nicht. Ich will nur nicht die Letzte sein, die ihn lebend gesehen hat.« Sie hätte nicht sagen können, warum sie das belastete, nur dass sie es sich nicht zur Gewohnheit werden lassen wollte, die Opfer kurz vor ihrem Tod noch zu treffen. Sie zog es vor, eine vollkommen unpersönliche Beziehung zu den Menschen auf den Bahren im Leichenschauhaus zu pflegen. »Mir macht das wirklich zu schaffen.«
    »Dass du jetzt vierzig bist? Komm drüber weg, Cousinchen. Du gehst immer noch als dreißig durch.«
    »Ich meine, dass ich ein Mordopfer vor seinem Tod kennengelernt habe.«
    »Das ist tatsächlich gruselig«, stimmte er ihr zu.
    »Ich habe ein schlechtes Gefühl deswegen meinem neuen Freund Edward Corliss gegenüber. Er hat mich gestern Van Horn vorgestellt, und heute ist der das Opfer des aktuellen Torso-Mörders.«
    »Hätte Corliss ein Motiv gehabt, den Mann umzubringen?«
    »Abgesehen von der Macht und dem Prestige, die das Präsidentenamt bei der American Railroad History Preservation Society mit sich bringen?«
    »Lach nicht. Menschen haben schon wegen weniger getötet.«
    Theresa schauderte. »Ich lache ja gar nicht.«
    Frank schüttelte den Kopf, sein blondes Haar glänzte im Licht der Scheinwerfer. »Ich gebe zu, wenn es ein Zufall ist, dann ein sehr unangenehmer. Aber hör mal: Der Mann ist unverheiratet, hat keine Familie, wenig Freunde, und Kim hat sich

Weitere Kostenlose Bücher