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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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Schlachter?«
    »Auf dieselbe Weise, wie man auch andere Dinge lernt: durch Übung. Und«, fügte Theresa hinzu, »er hat eine ganze Menge geübt.«
    »Wir sind da«, verkündete Frank.
    Edward Corliss lebte in dem kleinsten Haus in einer sehr teuren Straße, mit unverbauter Aussicht auf den Lake Erie. In die Haustür war Buntglas eingesetzt, die Vordertreppe bestand aus Marmor, und in der Einfahrt stand eine bescheiden aussehende, aber teure dunkle Limousine. Für Theresa war jedoch der ausladende Ahorn in der Mitte des Gartens das Schönste, dessen Blätter in Rot, Gelb und Orange erstrahlten. Das herbstliche Blätterdach verbarg beinahe die Nachbareinfahrten, doch Theresa konnte einen Blick auf einen Mann in einem weißen Laborkittel erhaschen, der in einen Mercedes stieg.
    Sie kletterte aus dem Wagen und atmete tief den Geruch nach Herbst ein.
    Frank stellte sich neben sie, gefolgt von Jablonski, der ihr für ihren Geschmack ein wenig zu sehr auf die Pelle rückte. Sie trat einen Schritt zur Seite, fühlte sich unwohl in der Gesellschaft dieses Mannes, der zu jung und zu kokett für sie war. So jemandem war sie bisher noch nicht begegnet. Wenn heutzutage ein Mann mit ihr flirtete, war dieser meist schon fast im Rentenalter.
    Sie läuteten, doch im Haus war nichts zu hören. Frank, der leicht ungeduldig wurde, schlug vor, ums Gebäude herumzugehen.
    »Vielleicht braucht er eine Weile, um zur Tür zu kommen«, bemerkte Theresa. »Wie alt ist er?«
    Schon im Weggehen antwortete Frank: »Einundsechzig. Und am Telefon klang er eigentlich recht fit.«
    Theresa folgte ihrem Cousin, Jablonski dicht hinter ihr. »Erzählen Sie mir von Ihrem Großvater. Er war also ein Cop?«
    »Vierzig Jahre lang«, erwiderte sie. Efeu bedeckte die Wände zu ihrer Linken, Sträucher standen zu ihrer Rechten. Sie strich mit der Hand über die harzigen Zweige, als sie zur Rückseite des Gebäudes gingen, wo die blaue Weite des Wassers sie begrüßte und das Sonnenlicht auf den Wellen sie gleichzeitig blendete.
    Ein einsamer Steg ragte in den See, an dessen Ende ein kleines Segelboot vertäut war. Frank hatte recht gehabt; ein Mann holte gerade mit sicherem Tritt auf dem Bug das Segel ein – auch wenn Theresa bezweifelte, dass es sich hier um Edward Corliss handelte. Vielleicht hatte er einen Sohn.
    Als Frank den Steg erreicht hatte, folgte ihm Theresa rasch. Wie jeder Bewohner Clevelands brauchte sie keine gesonderte Einladung, ans Wasser zu gehen und den vertrauten Geruch nach Benzin und totem Fisch einzuatmen, der sie an Familienurlaube auf Catawba Island erinnerte und das Gefühl von Frieden in ihr auslöste, das ein Gewässer immer ausstrahlte.
    Der Mann auf dem Boot hörte offenbar ihre Schritte und drehte sich um. Er trug ein schlichtes weinrotes Sweatshirt und Jeans und hatte blaue Augen und silbergraues Haar. Er schien sich über ihren Besuch zu freuen. »Hallo! Sie müssen die Polizeibeamten sein.«
    Er sprang auf den Steg, der nur leicht schwankte, und Frank stellte alle einander vor. Edward Corliss gab jedem zur Begrüßung die Hand, hielt Theresas sanft zwischen seinen warmen Fingern. Er hatte ein offenes Lächeln und wirkte durchtrainiert wie ein Mensch, der sich gesund ernährte.
    »Es tut mir leid, wenn Sie an der Haustür gewartet haben, ich hätte nicht gedacht, dass Sie so schnell hier sein würden.«
    »Machen Sie das Boot winterfest?«, fragte Frank mit einem Nicken Richtung Stegende.
    »Nein! Dafür ist es noch zu früh. Ich bringe die Jenny erst weg, wenn der See zuzufrieren droht. Wollen wir hineingehen und schauen, wie ich Ihnen helfen kann?«
    Er ging voraus und führte sie ins Haus. Theresa versuchte mit den Fingern den Schaden zu beheben, den der stürmische Wind am Wasser an ihrer Frisur angerichtet hatte.
    Corliss bat sie in ein riesiges Wohnzimmer, das in Mahagoni- und Goldtönen eingerichtet war, was sich stark von den weißen Wänden abhob. Die Nordwand bestand fast ausschließlich aus Glas, durch das jede Schaumkrone auf dem Wasser klar zu sehen war. Dunkelroter Teppich, Jacquard-Sofas, ein riesiger offener Kamin.
    Und Züge. Viele Züge.
    Sie bedeckten jede Oberfläche, Beistelltische, den hohen Kaminsims und fassten den Raum auf drei hohen Regalen ein. Ein Mahagonitisch, der zwölf Personen Platz bot, beherbergte ein Dorf in den Bergen mit winzigen Häusern und Bauernhöfen und mehr Gleisen, als ein solches Dorf normalerweise hatte. Zwei Lokomotiven mit diversen Waggons wanden sich durch diese

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