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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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Miniaturlandschaft, fuhren von Zeit zu Zeit aneinander vorbei. Theresa hätte schwören können, Immergrün zu riechen.
    »Wow«, sagte sie schließlich.
    »Tja«, erwiderte Corliss. »Hier ist es etwas mit mir durchgegangen. Eine der Gefahren des Junggesellendaseins, wenn keine Frau da ist, die einen stoppen könnte. Aber Sie sind wegen des Gebäudes meines Vaters hier, nicht wahr? Möchten Sie sich setzen?«
    Theresa hätte lieber das schneebedeckte Dorf und die Eisenbahnen betrachtet, doch sie folgte ihrem Cousin zu der gemütlich aussehenden Couch. Jablonski kauerte am Rand eines Ohrensessels und zog einen kleinen Camcorder aus einer seiner zwei Kamerataschen. Er schaltete ihn ein und richtete ihn auf Theresa.
    »Ihr Vater hat das Gebäude 4950 Pullman Street errichtet?«, begann Frank mit der Befragung.
    »Ja. Besser gesagt, er hat den Bau in Auftrag gegeben.«
    »Besaß er noch andere Häuser in Cleveland?«
    »Nein, nein. Mein Vater war ein Eisenbahner; er hat sich nur einmal als Eigentümer versucht, und auch das nur als Investition. Mein Vater – er hieß Arthur …«
    »Das wissen wir.«
    Corliss erzählte von den großen Eisenbahnen mit derselben Begeisterung, die er seinen Miniaturausgaben entgegenbrachte. »Er hat als Junge angefangen, auf dem Eisenbahngelände zu arbeiten, hat alle Jobs ausgeübt, die es damals gab, und sich hochgearbeitet. Vom Belader über den Kohlenschaufler für den Koppler bis hin zum Polizisten – einer wie Sie – bei einer kleinen Eisenbahngesellschaft in Pennsylvania. Als der Besitzer der Linie schwer krank wurde, hatte mein Vater genug gespart, um das Unternehmen zu kaufen. Um die Jahrhundertwende gab es Hunderte von kleinen Linien, die nur kurze Strecken befuhren. In den ersten zwei Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts begannen größere Gesellschaften die kleinen Linien aufzukaufen und wurden zu Großkonzernen wie die Pennsylvania Railroad oder die B&O, die Baltimore and Ohio Railroad.«
    Theresa befühlte ein Fernglas auf dem Beistelltisch und fragte sich, wie nahe es die Schaumkronen und Möwen wohl heranbringen würde. Doch sie nahm es nicht auf, es sah zu schwer und zu wertvoll aus.
    »Oh«, sagte Frank. Jablonski schwenkte den Camcorder endlich von Theresa auf Corliss.
    »Was ich damit sagen will, ist, dass Pennsylvania die Firma meines Vaters aufgekauft und ihn zu einem der Vizepräsidenten gemacht hat sowie zu einem reichen Mann. Reich genug, dass er sich schon damals hätte zurückziehen können, doch er liebte die Züge zu sehr, und außerdem hatte gerade die Depression eingesetzt. Er brauchte eine sichere Investition für sein Geld und dachte sich, Grundbesitz wäre dazu bestens geeignet.«
    Frank machte sich Notizen. Jablonski, den Camcorder auf dem Schoß, nahm eine goldene Miniaturlokomotive vom Couchtisch vor ihm. Corliss wirkte besorgt, sodass der Reporter sie rasch sanft wieder abstellte.
    »Er hatte selbst ein Büro in dem Gebäude bezogen?«, fuhr Frank fort.
    »Ich glaube schon, ja. Als ich klein war, hat er mich öfter dorthin mitgenommen, bevor er alles verkauft hat. Er hatte auch einen Schreibtisch im Betriebshof – ein großes Backsteingebäude am Fluss, man hat es in den Sechzigerjahren abgerissen –, wo er ebenfalls viel Zeit verbracht hat. Das Büro in dem Gebäude an der Pullman Street hat er eher genutzt, um sich um seine persönlichen Angelegenheiten zu kümmern, das Gebäude, andere Investitionen. Und für seine wachsende Sammlung.« Er beschrieb eine weit ausholende Geste mit der Hand, die den ganzen Raum einschloss. Einer der fahrenden Züge gab ein Tuten von sich und stieß eine kleine Rauchwolke aus. Der nicht ganz so angenehme Geruch nach verbranntem Öl stieg Theresa in die Nase. »Er hat mir viele dieser Stücke vererbt. Kann ich Ihnen Kaffee oder Tee anbieten? Miss MacLean? Sie sehen aus, als ob Ihnen ein wenig kalt wäre.«
    »Nein danke. Ich brauche nichts.«
    Ihr Lächeln schien ihn zu freuen, doch das konnte auch an der Aufregung liegen, weil er über seine Züge sprach. Oder über seinen Vater.
    Frank brachte ihn auf das eigentliche Thema zurück. »Erinnern Sie sich an die Mieter aus den Dreißigern?«
    »Oje, lassen Sie mich nachdenken. Ich kann mich am besten an die Architekten erinnern, glaube ich. Sie hatten fast während der gesamten Zeit ein Büro gemietet, in der mein Vater das Gebäude besaß. Sie waren immer sehr spät oder sehr früh mit der Miete dran, je nachdem, wie ihre Auftragslage war. Nach dem Zweiten

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