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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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Weltkrieg zog dann noch ein Künstler ein – bis ihm eines Tages die Leinwände ausgingen und er die Wände bemalt hat, da hat mein Vater ihn rausgeschmissen. Zum einen hat ihm seine Kunst nicht gefallen, zum anderen fand er den Kerl unverschämt.« Corliss lachte über seine Bemerkung, bis Theresa schließlich in das Lachen einfiel.
    »Wie waren die Büros durchnummeriert? Eins bis vier befanden sich im Erdgeschoss?«, erkundigte sich Frank.
    Jablonski nahm eine Kamera aus der zweiten Tasche, ein älteres Digitalmodell, das doppelt so groß war wie der Camcorder.
    »Ja, fünf bis acht lagen im Obergeschoss. Zwei Jahre lang war auch ein Medium Mieterin – eine Frau, die angeblich mit den Toten kommunizieren konnte. Mein Vater liebte so etwas. Und, wie er gern sagte, sie bezahlte immer pünktlich die Miete. Anders als der Arzt.«
    »Der Arzt?«
    »In dem Büro neben seinem. Jeden Monat musste ihm mein Vater mit Kündigung drohen, um die Miete zu bekommen, doch in der letzten Minute hat er sie immer rausgerückt und sich dreißig weitere Tage gesichert.«
    »Was war das Fachgebiet dieses Arztes?«, fragte Frank wie beiläufig. Theresa wünschte, sie könnte ihre Stimme so ungerührt klingen lassen.
    Die kleine Lokomotive stieß ein weiteres Tuten aus. Jablonski machte ein paar Fotos, alle von Theresa. Als sie die Stirn runzelte, richtete er die Linse auf Corliss.
    »Irgendein Diätfachmann.«
    »Ein Ernährungsberater?«
    »Ich vermute es. Eher ein Quacksalber, nach Meinung meines Vaters – damals gab es viele von dieser Sorte. Man muss sich in Erinnerung rufen, dass es damals noch keine Antibiotika gab und die Menschen alles versuchten. Doch mein Vater muss den Mann gemocht haben, ansonsten hätte er die verspäteten Mietzahlungen nicht so lange geduldet. Er konnte ein sehr weiches Herz haben.«
    »Damals hatten doch bestimmt viele Leute Mühe, die Miete zu bezahlen«, warf Jablonski ein. »Während der Depression lag die Arbeitslosigkeit bei bis zu dreiundzwanzig Prozent, und in den meisten Haushalten verdiente nur einer Geld. Deshalb gab es so viele Obdachlose und Durchreisende, aus denen der Torso-Mörder seine Opfer beliebig auswählen konnte.«
    »Der Torso-Mörder?« Corliss blinzelte den jüngeren Mann überrascht an.
    »Haben Sie vielleicht noch Aufzeichnungen aus der Zeit, in der Ihr Vater Eigentümer des Gebäudes war?«, schaltete Frank sich ein, bevor sich Jablonski über den berüchtigten Mörder und seine Verbrechen weiter auslassen konnte.
    Jetzt blinzelte der grauhaarige Mann ihn verständnislos an.
    »Irgendwelche Belege von den Mietern? Mietverträge? Steuererklärungen?«
    »Ach, jetzt verstehe ich. Nein, nein, ich bin mir sicher, dass ich da nichts habe. Er hat das Haus verkauft, wann war das noch gleich …«
    »Neunzehnhundertneunundfünfzig.«
    »Genau. Ich habe dieses Haus nach seinem Tod von oben bis unten durchsucht, als ich aus England zurückkam. Mein Vater war kein Sammler, abgesehen von den Zügen. Ich kann mich nicht erinnern, etwas gefunden zu haben, was mit dem Gebäude in Verbindung stand. Steuererklärungen hatte er, aber da man nur die der letzten sieben Jahre aufbewahren muss, habe ich die alten entsorgt.«
    »Was ist mit Fotos?«, schlug Theresa vor. »Hatte Ihr Vater Fotos von dem Gebäude, vor allem aus den Dreißigerjahren?«
    Mit der Hand am Kinn dachte Corliss nach. »Ich glaube nicht. Damals hat man nicht jede Kleinigkeit fotografiert so wie heute. Aber wir können gern nachsehen.« Er stand mit dem Elan eines halb so alten Mannes auf und hielt ihr die Hand hin.
    Nachdem man ihr so galant auf die Füße geholfen hatte, folgte Theresa Corliss an der Spielzeugeisenbahn vorbei aus dem Raum.
    »Das muss Jahre gedauert haben, das zu bauen«, bemerkte sie.
    »Oh, das ist nur ein kleiner Einblick in meine Welt«, erklärte ihr Gastgeber. »Lassen Sie mich Ihnen meinen wahren Stolz zeigen.«

8
    Montag, 6. September
    Sie gingen durch einen weiß gestrichenen Flur in einen Raum, der sich vollkommen von dem Wohnzimmer unterschied. Keine Teppiche verdeckten den hellen Parkettboden, keine Vorhänge verhüllten die hohen Fenster. Keine Möbel bis auf eine taillenhohe Platte in der Mitte des Zimmers, die etwa drei mal viereinhalb Meter maß.
    Corliss stand an einem Ende und betätigte einen Hebel, um die durchsichtige Plastikfolie, mit der die Platte abgedeckt war, anzuheben, die an strategischen Stellen von Metallstangen gestützt wurde.
    Kein malerisches Dorf. Highways,

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