Flammenbraut
Wahrscheinlichkeit hatte sie gehofft, dass James Miller ein friedlicher Tod vergönnt gewesen war. Leider war dem nicht so.
»Schießpulver ist nach hundert Jahren noch zu sehen?«
»Es sind nur vierundsiebzig Jahre, aber ich weiß es nicht genau. Ich habe noch nie Kleidung mehr als ein paar Tage nach Eintreten des Todes untersucht, soweit ich mich erinnere. Ich muss darauf hoffen, dass Nitrite nicht zerfallen.«
»Menschen schon«, warnte Zoe sie.
»Danke für die Information.«
»Ich meine, ich habe nur gedacht … ruft dich der Unterhändler eigentlich immer noch an?«
»Ich glaube, sein Interesse ist ebenso zerfallen.« Er würde niemals in der Lage sein, etwas so ernst zu nehmen, wie sie mit allem umging, und sein wankelmütiges Verhalten war wohl seine Art, ihr das mitzuteilen. Die Ironie, dass ein Mann, der seinen Lebensunterhalt damit verdiente, Menschen dazu zu bringen, ihre Gefühle auszudrücken, selbst nicht dazu fähig war, gefiel ihr nicht. Für Ironie hatte Theresa nichts übrig, sie war zu oft einfach nur grausam.
Zoe überprüfte das Kabel für den Auslöser. »Bist du dir da so sicher? Er hat sich jetzt wie lange immer wieder bei dir gemeldet? Ein Jahr lang?«
Theresa starrte die Fotografin anders als Don nicht böse an. Frauen sollten sich über so etwas unterhalten können, zumindest wenn man nach der Fernsehwerbung ging, und sie war es müde, immer nur mit sich selbst darüber zu reden. »Chris Cavanaugh wollte nie mit mir ausgehen. Er wollte lediglich mit mir ins Bett. Gott weiß, warum.«
»Ja, ein echtes Rätsel. Kannst du bitte das Licht ausschalten?«
Theresa betätigte den Schalter und tauchte den Raum in Schwärze. Die dunkelbraune Hose wurde von einem geisterhaften Ring aus rotem Licht beleuchtet. Die Flecken der Körperflüssigkeiten verblassten, und der rußige Rand um das Loch wurde dunkler.
»Das könnten tatsächlich Pulverreste sein«, bestätigte Zoe.
Theresa zögerte noch. »Ja, aber ich habe noch nie an so einem alten Leichnam gearbeitet. Warum sollte er erschossen worden sein? Keines der Opfer des Torso-Mörders wurde erschossen.«
»Wo liegt eigentlich das Problem, wenn du es mal mit dem Unterhändler tun würdest?«
»Aber andererseits war die Art und Weise, wie die Leiche zurückgelassen wurde, auch nicht typisch für den Torso-Mörder.«
Zoe ließ nicht locker. »Du bist nicht verheiratet, er auch nicht.«
»Weil ich dann nur eine weitere Kerbe an Cavanaughs Bettpfosten wäre oder an seinem Patronengürtel oder was auch immer, ich und die Tochter des Verwaltungschefs und jede, der er gerade schöne Augen macht. Und dann würde er zum nächsten Fall weitergehen. Das ist so seine Art.«
Zoe drückte den Fernauslöser. »Der sicherste Weg, ihn loszuwerden, wäre also, mit ihm in die Kiste zu hüpfen? Und der beste Weg, sein Interesse am Leben zu erhalten, es nicht zu tun?«
Theresa fand sich plötzlich im Netz ihrer eigenen Logik gefangen.
»Äh … ja, so ungefähr.«
Zoe spulte den Film vor, drückte erneut den Auslöser. »Du steckst also in der Klemme.«
Die Tür zum Korridor öffnete sich, woraufhin das Kreischen einer Knochensäge in den Raum drang. Christine Johnsons bemerkenswertes Gesicht tauchte im Türrahmen auf.
»Hey«, sagte die Pathologin zu Theresa, »wusstest du schon, dass dein Toter erschossen wurde?«
7
Montag, 6. September
»Leider«, erklärte Theresa ihrem Cousin, »spricht diese Tatsache dagegen, dass es sich um ein Opfer des Torso-Mörders handelt.«
Frank hielt an einer roten Ampel auf dem Lakeshore Boulevard, was ihr einen guten Blick auf das Stadion ermöglichte. Sie vermisste immer noch das frühere überdimensionierte und unförmige Bauwerk, das sowohl Football- als auch Baseball-Fans vierundsechzig Jahre lang eine Heimat geboten hatte. Dieses moderne Gebäude verfügte über Plasmabildschirme und mehr Toiletten, aber es weckte keinerlei Erinnerungen in ihr.
»Warum leider?«
»Wenn James Miller nicht mit den Torso-Morden in Verbindung steht, dann haben wir nur die kleine Kammer, in der wir ihn gefunden haben. Alle dazugehörigen Hinweise sind sicher über die Jahrzehnte verloren gegangen.«
»Wir finden also vielleicht niemals Antworten.«
»Doch, das werden wir«, beharrte Theresa. »Ich werde etwas finden. Doch wenn er ein Opfer des Torso-Mörders gewesen wäre, hätten wir da anfangen und die Informationen aus den anderen Morden mit diesem Fall vergleichen können. Es hätte die Dinge ganz sicher interessant
Weitere Kostenlose Bücher