Flammenbrut
folgte ein Schrei. Kate rannte die Treppe hinunter.
Die Tür am Fuß der Treppe öffnete sich, bevor Kate sie erreichte, und Caroline stürmte ihr entgegen. Hinter ihr klang es,
als würde das Büro zertrümmert.
«Sie schlagen sich! Sie schlagen sich!», schrie Caroline mit weit aufgerissenen Augen. Kate schob sich an ihr vorbei. Josefina
stand mit bleichem Gesicht auf der anderen Seite des Büros. Ein Schreibtisch war umgeworfen worden. Die Stühle lagen überall
verstreut, und in der Mitte des Raumes rangen zwei Männer miteinander. Einer von ihnen war Clive. Kate brauchte ein oder zwei
Sekunden, um zu begreifen, dass der andere Paul war.
«Hört auf!», rief sie. Keiner der beiden kümmerte sich um sie. Clive warf ihr einen schnellen Blick zu und grunzte leise,
einen Augenblick später krachte er mit seinem Kontrahenten gegen einen Aktenschrank. Das Möbelstück schaukelte, fiel beinahe
um. Kate rannte in die Kellerküche hinunter. Dort hing ein schwerer roter Feuerlöscher an der Wand. Sie zerrte ihn aus seiner
Halterung und taumelte wieder nach oben. Aus dem Büro drang ein neuerliches Krachen. Die beiden Männer, die einander immer
noch umklammert hielten, waren auf einen zweiten Schreibtisch |87| gefallen. Kate klemmte sich den Feuerlöscher unter einen Arm, richtete die Mündung auf die beiden Kampfhähne und setzte den
Mechanismus in Gang. Ein Wasserstrahl schoss heraus, und Kate richtete ihn auf die beiden zornigen Gesichter. Die beiden prusteten
und beschirmten die Augen, aber Kate ließ erst locker, als sie sich voneinander gelöst hatten.
«Geh weg da, Clive!», befahl sie, ohne den Wasserstrahl abzustellen. Clive zögerte. «Ich sagte, weg da! Sofort!»
Widerstrebend machte Clive einen Schritt zurück. Kate hatte einige Mühe, den Feuerlöscher auszuschalten. Endlich erstarb das
Wasser zu einem Rinnsal, bevor es ganz versiegte. Dann funkelte sie Paul und Clive zornig an. Beide Männer standen keuchend
und mit am Leib klebenden Hemden da, während ihnen das Wasser übers Gesicht rann. Um sie herum ein einziges Chaos. Ein Stuhl
war zerbrochen, und an dem umgeworfenen Schreibtisch war ein Bein abgeknickt. Kate sah sie wutschnaubend an.
«Was zum Teufel habt ihr euch eigentlich gedacht?» Plötzlich stellte sie fest, dass sie zitterte, aber es war nicht Furcht,
die sie erfüllte, sondern weißglühende Wut. Paul wischte sich das Wasser vom Gesicht. Eine Wange war geschwollen. Verdrossen
zeigte er auf Clive. «Ich bin hergekommen, um mit dir zu reden, und dieser Wichser wollte mich nicht zu dir lassen!»
«Er war betrunken und wollte gleich nach oben stürmen», fuhr Clive auf. Paul drehte sich abermals zu ihm um, aber bevor sie
sich von neuem aufeinander stürzen konnten, trat Kate zwischen sie.
«Geh da rüber, Clive. Na los.»
Clive, der den anderen Mann immer noch finster anstarrte, ging auf die andere Seite des Büros, wo Caroline |88| und Josefina sich aneinander festhielten. Dann stellte Kate Paul zur Rede.
«Na schön, hier bin ich! Was willst du?»
Ihre Aggressivität schien ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er brauchte einen Augenblick, um seinen Zorn wieder so weit
zu schüren, dass er antworten konnte. «Ich wollte dir eine erfreuliche Nachricht bringen!», sagte er mit zuckender Miene.
«Man hat mich gefeuert! Jetzt bist du doch sicher zufrieden, oder?»
Kate verspürte einen jähen Anflug von Mitleid und schlechtem Gewissen. Sie erstickte beides im Keim. «Es tut mir leid, dass
du deinen Job verloren hast, Paul. Aber das hat nichts mit mir zu tun.»
«Nein?» Er lachte bitter auf. «Aber ich wette, es bricht dir schier das Herz, nicht wahr, du hinterhältiges Miststück!» Clive
machte einen schnellen Schritt nach vorn. Kate brachte ihn mit einem einzigen Blick zum Stehen, dann wandte sie sich wieder
zu Paul um. Ihre Wut war zu einer müden Ungeduld heruntergebrannt.
«Ich werde mich so einfach ausdrücken, wie ich kann», sagte sie, um einen ausgeglichenen Tonfall bemüht. «Ich interessiere
mich nicht für dich, deinen Job oder deine Probleme. Du bist gefeuert worden, weil du ein in Selbstmitleid schwelgender Trinker
bist, der die Schuld immer bei anderen sucht. Ich möchte dich nicht wiedersehen, ich möchte nichts mehr von dir hören, und
ich möchte nicht mehr mit dir reden. Und jetzt verschwinde aus meinem Büro, bevor ich die Polizei rufe.»
Paul blinzelte. Er sah sich um und schien zum ersten Mal zu begreifen, dass
Weitere Kostenlose Bücher