Flammende Sehnsucht
seiner Stimme. »Dazu braucht es viel Mut.«
»Manche würden es eher Dummheit nennen.«
»Vielleicht, zu denen gehöre ich aber nicht.« Er fing Ihren Blick ein. »Ich kann Ihr Schicksal nicht so furchtbar finden, eher voller Aufregung und Abenteuer. Das Geflüster der Nichten und Neffen wird meiner Ansicht nach eher in die Richtung gehen, was für ein herrliches Leben diese Tante führt und dass man hofft, einmal genauso zu werden wie sie.«
»Das erstaunt mich nun aber. Glauben Sie das wirklich?«
»Absolut, Miss Effington.«
»Meine Brüder wären da nicht Ihrer Meinung.«
»Sie leben Ihr Leben nicht für Ihre Brüder, sondern für sich selbst.«
»Natürlich«, murmelte sie. Lange blickte sie ihm in die Augen, die tiefen, grauen und beinahe unwiderstehlichen Augen, und sah darin das Leben gespiegelt, das er ihr vorhersagte. Sie fragte sich, ob sie dieses Leben wohl allein führen würde. Jetzt verstand sie auch erst, weshalb er diesen Ruf genoss. Ja, der Mann war nicht nur charmant, er war auch intelligent, eloquent und sogar liebenswürdig. Und überaus gefährlich. Das durfte sie nicht vergessen.
»Tja, schauen wir mal.« Sie schenkte ihm ihr strahlendstes und unpersönlichstes Lächeln. »Fürs Erste, Mylord, sollten wir uns wohl den anstehenden Aufgaben widmen.« Sie wies auf den Salon. »Ist das der einzige Raum, den Ihre Mutter renoviert haben möchte?«
»Ich weiß nicht. Nein, ich glaube, sie möchte alle Gesellschaftsräume in diesem Teil des Hauses neu herrichten lassen. Beide Salons, den Speisesaal, möglicherwiese auch den Ballsaal, vielleicht sogar die Bibliothek, obwohl das mein Lieblingsplatz ist und sie mir eigentlich gefällt, wie sie ist.« Nachdenklich runzelte er die Stirn. »Ich muss Ihnen gestehen, Miss Effington, dass mir das alles recht neu ist. Erst vor wenigen Stunden habe ich erfahren, dass meine Mutter dieses Haus so furchtbar ...«
»Schäbig findet?«
»Finden Sie das denn auch?« Er blickte sich um, als nähme er den Raum zum ersten Mal wahr. »Vielleicht würde es ja genügen, wenn man ihn ein bisschen ...«, er warf ihr einen Blick männlicher Hilflosigkeit zu und zuckte die Achseln, »hübscher ... ach, was weiß ich.«
»Genau deswegen bin ich hier, mein Herr. Ich bin Expertin fürs« - sie lächelte - »Aufhübschen. Also.« Sie ging zum Sofa, griff zu Skizzenblock und Bleistift, der mit einem Band an dem Buch befestigt war. »Ich muss mich unbedingt mit Ihrer Mutter besprechen, was für Vorstellungen und Vorlieben sie hat und welche Stile sie bevorzugt. Wird sie bald zu uns stoßen?«
»Meine Mutter fühlt sich augenblicklich nicht wohl. Sie hat sich ins Bett gelegt und ...« Abrupt hielt er inne und sah sie an, als sei sie des Rätsels Lösung.
Sie wusste nicht recht, wie sie diesen Blick deuten sollte. »Es ist doch hoffentlich nichts Ernstes.«
Er betrachtete sie noch einen Moment. »Ich hätte es wissen müssen.«
»Was hätten Sie wissen müssen?«
»Nichts, Miss Effington, gar nichts.« Langsam breitete sich ein Lächeln über seine Züge. »Ich bin sicher, dass sie sich sehr bald wieder erholen wird.«
»Vielleicht ist es am besten, ich komme ein andermal wieder.«
»Ich glaube, das wäre den Plänen meiner Mutter abträglich.« Er lachte leise.
»Ich hatte den deutlichen Eindruck, dass sie umgehend mit der Renovierung beginnen wollte.«
»Ach ja, die Pläne für das Haus.« Er nickte. »Genau das habe ich auch angenommen.«
»Ich muss mich aber wirklich mit ihr unterhalten. Glauben Sie, dass Sie dazu in der Lage ist?«
»Heute nicht mehr.« Versonnen schüttelte er den Kopf. »Nein, sie hat das alles mir überlassen.«
»Tatsächlich?« Cassie runzelte die Stirn. »Das ist ungewöhnlich. Ich muss zugeben, dass ich es eher gewöhnt bin, mit der Hausherrin zusammenzuarbeiten als mit dem Hausherrn. Die Herren - wenigstens soweit ich das von ihren Gattinnen und aus eigener Erfahrung von den männlichen Mitgliedern meiner Familie weiß - betrachten Veränderungen in ihrer Umgebung eher mit Skepsis, ob nun aus Bequemlichkeit oder wegen der Kosten.«
»Da haben Sie bei mir nichts zu befürchten. Im Gegenteil, ich bin sogar ganz erpicht darauf zu hören, was Sie von meinem Haus halten und wie man es verbessern könnte.« Er straffte sich. »Würden Sie jetzt gern den Rest des
Hauses sehen? Oder wenigstens die Räume, um die es gehen wird?«
»Ja, natürlich.«
Er bot ihr seinen Arm an, und sie zögerte. Dies war kein gesellschaftlicher Anlass. Sie
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