Flammende Sehnsucht
Minute länger ertragen.«
Ohne Vorwarnung packte er sie, zog sie in seine Arme und küsste sie stürmisch. Hungrig, fordernd und absolut besitzergreifend presste er seine Lippen auf die ihren. Als ob er sie für sich beanspruche, ihr seinen Stempel aufdrücken wolle. Er umarmte sie fester, legte seinen Mund auf ihren, küsste sie noch heftiger. Er schmeckte nach Champagner und allem, was köstlich und verboten war. Ihre Knie gaben nach, sie schauerte vor Erregung - ewig wollte sie so in seinen Armen liegen und sich mit ihm in Skandal und Ruin stürzen.
Er löste seine Lippen von den ihren und sah sie an. »Verzeihen Sie mir bitte.« Einen Moment lang hielt er sie noch im Arm, als überlege er etwas, dann nickte er entschieden, ließ sie los und trat zurück. »Das war sehr unschicklich.«
Sie schwankte leicht und mühte sich, wieder ins Gleichgewicht und zu Atem zu kommen. »Ich weiß nicht ... nun ja, gewiss ... das heißt, ich ...«
»Verzeihung, Miss Effington.« Er zog seine Rockaufschläge gerade. »Und jetzt ohrfeigen Sie mich!«
»Sie ohrfeigen?« Sie konnte ja nur mit Müh und Not aufrecht stehen, kaum richtig atmen und nichts anderes denken als: Würde er sie wieder küssen beziehungsweise wann? - Und er wollte, dass sie ihn ohrfeigte? Der Kerl war nicht nur berüchtigt, der war auch verrückt.
»Ja, jetzt gleich. Das wollten Sie doch tun, wenn ich Sie küsse.«
»Ich weiß, aber ...«
»Ich bestehe darauf«, meinte er entschieden.
»Nein.« Sie verbarg die Hände hinter dem Rücken. »Das tue ich nicht.«
»Das müssen Sie aber.«
Langsam schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß Ihr Angebot zwar zu schätzen, würde es aber lieber nicht tun.«
»Trotzdem, Sie haben erklärt, Sie würden mich ohrfeigen, und ich finde, das sollten Sie auch tun.«
»Ich habe meine Meinung geändert.«
»Es geht hier ums Prinzip, Miss Effington.« Er klang unnachgiebig. »Ich will nicht, dass Sie meinetwegen wortbrüchig werden.«
»Es war kein Gelöbnis«, versetzte sie verächtlich. »Schließlich hab ich keinen heiligen Eid geschworen.« »Noch haben Sie sich auf den Finger gespuckt, aber mir kam es wie ein Versprechen vor.«
»Es war nicht so gemeint.«
»Aber Sie haben es gesagt.«
»Nun,ja,vermutlich ...«
»Und Sie haben es auch so gemeint, nicht wahr?«
»Natürlich habe ich damals vielleicht...« - »Dann sollten Sie es auch tun. Ja, ich würde Ihnen einen Bärendienst leisten, wenn ich zuließe, dass Sie ...«
Ohne zu überlegen schlug Sie ihm die behandschuhte Linke ins Gesicht, und der dumpfe Aufschlag hallte im nächtlichen Garten wider.
Er schnappte nach Luft.
Sie schlug die Hand vor den Mund.
»Hab ich also doch recht gehabt«, meinte er langsam. »Hab mir schon gedacht, dass es wehtun würde.«
»Es tut mir so leid.« Entsetzt starrte sie ihn an. Wie konnte sie nur? »Ich kann gar nicht glauben, dass ich das getan habe. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Ich habe noch nie einen Mann geschlagen.«
»Wirklich nicht?« Vorsichtig rieb er sich die Wange. »Man mag sich kaum vorstellen, was Sie mit etwas Übung noch zuwege brächten.«
Sie zuckte förmlich zusammen vor lauter Mitgefühl. »Tut’s denn sehr weh?«
Er schnaufte. »Ja.«
»Aber Sie sind ja selbst schuld.« Sie zog die Handschuhe aus, legte einen über die Banklehne und tauchte den anderen in den Brunnen. »Sie haben mich so weit gebracht.«
»Ich wusste ja nicht, dass Sie mit so viel Enthusiasmus zur
Sache kommen würden.« Er beäugte den feuchten Handschuh. »Was haben Sie denn mit dem vor?«
»Setzen Sie sich.« Sie wies mit dem Kopf auf die Bank und wrang den Handschuh aus.
»Warum?« Misstrauen schwang in seiner Stimme, doch er setzte sich. »Wollen Sie mir jetzt auch noch den nassen Handschuh überziehen?«
»Seien Sie nicht albern.« Sie setzte sich neben ihn und betupfte ihm behutsam mit dem nassen Handschuh die Wange. »Hilft das?«
»Ein bisschen.«
»Ich wollte Sie ja überhaupt nie schlagen.« - »Ich habe auch nicht geglaubt, dass Sie es wirklich tun würden«, murmelte er.
»Ich auch nicht.« Sie seufzte. Im gedämpften Licht der Lampions konnte man kaum etwas erkennen, doch seine Wange zeigte eine leichte Rötung, die - auch ohne ihre Handreichung — zweifellos im Nu wieder verschwinden würde. Aber es machte ihr ziemlichen Spaß, sein Gesicht zu betupfen und so nah bei ihm zu sitzen. »Es tut mir wirklich sehr leid.«
»Wozu Sie auch allen Anlass haben.« Er runzelte die Stirn. »Ich bin
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