Flammender Himmel
U-förmige Stahlgestell, das ihr das Gehen ermöglichte, seit ihr der Gips abgenommen worden war. Das Ding wirkte zwar wie ein halber Käfig, schenkte ihr aber mehr Sicherheit als Krücken.
Dennoch war nicht zu übersehen, daß Mrs. Carey alles andere als begeistert darüber war, so ein Monstrum überhaupt benutzen zu müssen.
»Das verdammte Ding wird mich nicht kleinkriegen«, sagte sie trotzig und auch ein wenig stolz.
Angel unterdrückte ein Lächeln. Sie mochte Mrs. Carey sehr gern. Die nüchterne, klaglose Art, mit der die alte Dame das Leben und seine Härten anpackte, war einfach erfrischend.
»Geh nur schon vor in die Küche«, meinte Mrs. Carey. »Ich komme schon nach.«
»Danke. Ich bin auch ein bißchen spät dran heute morgen.«
Angel ging rasch in die Küche und begann die mitgebrachten Lebensmittel auszupacken und wegzuräumen. Sie bemerkte, daß Mrs. Carey Tee und Kuchen aufgedeckt hatte, und wußte, daß sie auf einen kleinen Plausch gehofft hatte.
Angel warf einen Blick auf die Wanduhr in der Küche. Dann zuckte sie mit den Schultern. Ein paar Minuten mehr oder weniger würden auch nichts ausmachen. Wenn sie und Hawk bis halb elf draußen waren, dann würden sie die Needle Bay immer noch lange vor Einbruch der Dunkelheit erreichen.
»Den Rest kann ich selbst wegräumen, Liebes«, sagte Mrs. Carey. »Du hast schon mehr als genug getan.«
Angel warf einen Blick auf die halb ausgeräumten Tüten. Es ging viel schneller, wenn sie die Arbeit erledigte, aber sie wußte, wie schwer es für die stolze Mrs. Carey war, von der Hilfe anderer abhängig zu sein. Rasch nahm Angel ein paar Sachen heraus, die, wie sie wußte, in leicht erreichbare Fächer gehörten.
»Wenn Sie die hier wegräumen«, sagte sie und deutete auf die kleine Ansammlung von Dosen auf der Anrichte, »dann sind wir im Nu fertig, Sie werden sehen.«
Angel war gerade mit der zweiten Tüte fertig, als Mrs. Carey die letzte Keksdose im Regal verstaute.
»Teamwork«, murmelte Angel und faltete triumphierend die leere Tüte zusammen. »Mehr braucht’s nicht.«
»Hast du Zeit für eine Tasse Tee?« fragte Mrs. Carey zögernd. »Ich will dich nicht aufhalten.«
»Sie sind ein Goldstück«, unterbrach sie Angel lächelnd. »Ich war heute früh so in Eile, daß ich noch gar nicht zum Teetrinken gekommen bin.«
Mrs. Carey schüttelte energisch den Kopf und schlurfte langsam zum Frühstückstisch.
»Nichts ist wichtiger als eine Tasse Tee am Morgen, junge Dame.«
Angel setzte sich mit einem diskreten Blick auf die Küchenuhr ebenfalls an den Tisch. Aber ihre Ungeduld schwand dahin, während sie dasaß, an ihrem Tee nippte und Mrs. Carey zuhörte, die von ihren Kindern und Enkeln erzählte, von den Holzäpfeln, die in den nächsten Tagen zur Ernte reif wären und aus denen sie ihre gute Marmelade machen würde, und von den Beeren, die sie im Lauf des Sommers einzukochen gedachte.
Freundlich lehnte Angel eine zweite Tasse Tee ab. Sie erhob sich und stellte ihr Geschirr ins Spülbecken.
»Ich rufe Sie in ein paar Tagen an, um zu sehen, ob Sie was brauchen«, sagte Angel, spülte ihren Teller und ihre Tasse ab und räumte sie weg.
»Oh, mach dir bloß keine Gedanken. In meinem Alter ißt man nicht mehr so viel.«
»Wenn Sie etwas brauchen sollten, bevor ich wieder da bin, dann rufen Sie Mrs. Schmidt an.« Angel beugte sich vor und gab Mrs. Carey eine rasche Umarmung. »In einer Woche bin ich wieder da.«
»Ich will dir aber nicht zur Last fallen -«, begann Mrs. Carey
»Das tun Sie ganz sicher nicht«, erwiderte Angel aufrichtig. »Ich muß ohnehin für mich und für Derry einkaufen.«
»Ich komme mir vor wie eine Idiotin.«
Angel mußte lächeln.
»Sie hatten bloß Pech«, sagte sie und umarmte die alte Dame noch einmal. »In ein paar Wochen sind Sie wieder auf den Beinen und können selbst einkaufen gehen, Sie werden sehen.«
»Verfluchter Kater.«
Das betreffende Tier wählte ausgerechnet diesen Moment, um miauend an der Hintertür aufzutauchen. Mrs. Carey erhob sich schwerfällig und schlurfte langsam zur Tür, um den alten Kater hereinzulassen. Dabei murmelte sie unablässig etwas über die Dummheit des Tiers, das ihr zwischen die Beine gelaufen und so an ihrem Sturz schuld gewesen war.
Angel versuchte, eine ernste Miene zu bewahren. Sie wußte, daß Mrs. Carey den alten Kater vergötterte.
Sie warf einen letzten Blick auf die Küchenuhr und verabschiedete sich eilends.
Rasch fuhr sie noch beim Supermarkt vorbei und
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