Flammender Himmel
war ja nur Sex, was wir gemacht haben, nicht Liebe. Wenn es Liebe gewesen wäre, dann würde die Sache ganz anders aussehen.
Der Anblick der aufgewühlten See lenkte Angels Gedanken von der erotisch-bedrohlichen Gegenwart des Mannes in der Kabine und dem Unterschied zwischen Liebe und Sex ab.
Jenseits der schützenden Klippen der Needle Bay war das Meer eine einzige brodelnde, schaumgekrönte Masse. Der Wind pfiff heftig. Bei diesem Wetter war Angeln jeglicher Art ausgeschlossen.
»Du hast recht«, sagte Angel. »Nichts als Schaumkronen. Ich würde mich da nur rauswagen, wenn ein Leben auf dem Spiel stünde.«
Hawk ließ den Blick über sie hinweg auf die aufgewühlte See gleiten. Nichts hatte sich geändert.
»Dauern solche Stürme lang?« fragte er.
»Manchmal nur Stunden, manchmal aber auch eine ganze Woche lang. In der Wettervorhersage haben sie aber nichts von einem Sturm gesagt, also müßte es sich bis heute abend eigentlich beruhigt haben.«
»Und wenn nicht?«
Angel seufzte. »Kannst du Cribbage spielen?«
Wieder kräuselten sich Hawks Mundwinkel.
»Nun, ich bin bereit, es zu lernen«, erwiderte er.
Sie lauschte Hawks tiefer, rauher Stimme und ertappte sich bei dem Gedanken, ob Cribbage wohl alles war, was er von ihr lernen wollte. Ganz gleich, wie sehr sie dagegen ankämpfte, sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß hinter Hawks harter Schale die Fähigkeit zu lieben steckte, eine Fähigkeit, die ebenso tief reichte wie sein Haß und Zynismus.
Auf sie zumindest traf das zu. Ihre Wut und ihr Haß auf das Leben waren so heftig gewesen wie ihre Liebe für Grant. Am Ende hatte sie sowohl diese Liebe wie auch ihre abgrundtiefe Wut überlebt.
Wie wäre es wohl, wenn ich nichts als Gewalt, Zorn und Grausamkeit erlebt hätte? Wie wäre es, wenn ich nie Liebe erfahren hätte?
Dann mußte sie an das denken, was Hawk einmal gesagt hatte. Liebe, die Liebe erweckt. Ein leuchtender, magischer, in sich geschlossener Kreis.
Und Hawk, der ewig Ausgeschlossene.
Wie lange muß ein Mensch draußen stehen, bevor er seine Fähigkeit zu lieben verliert? fragte sich Angel im stillen. Wie lange dauert es, bis er jede Hoffnung aufgibt?
»Deine Spiegeleier werden kalt.«
Hawks sachlicher Ton riß sie aus ihren Gedanken. Sie setzte sich an den Tisch und aß die Mahlzeit, die er für sie zubereitet hatte, trank den Kaffee, den er ihr eingeschenkt und hingestellt hatte. Als er ihr gegenüber Platz nahm, streiften sich ihre Knie flüchtig unter dem Tisch.
Die erzwungene Intimität auf der Jacht wühlte Angel ebenso auf wie der Nordwind das Meer. Als sie mit dem Frühstück fertig war, wußte sie eins ganz sicher: Sie würde den Tag auf keinen Fall mit nur einem Cribbage-Brett zwischen sich und Hawk verbringen.
Rasch stand sie auf und spülte ihr Geschirr in dem kleinen Spülbecken ab.
»Magst du Bouillabaisse?« fragte sie ein wenig grimmig.
»Ja.«
Hawk beobachtete Angel mit leicht zusammengekniffenen Augen. Er spürte, wie sie selbst vor der kleinsten Berührung mit ihm zurückzuckte. Die Tatsache, daß er ihre Furcht verdiente, machte es ihm auch nicht leichter.
»Was mir vorschwebt, ist mehr eine Art Strandläufer-Stew«, gestand sie. »Ich wünschte, ich hätte daran gedacht, eine Krebsfalle mitzunehmen.«
Hawk deutete mit einer unbestimmten Handbewegung auf die untere Reihe der Küchenschränke.
»Wirf mal einen Blick da rein«, sagte er. »Die erste Tür links.«
Angel bückte sich und öffnete das besagte Türchen. Darin lagen ein aufgerolltes gelbes Plastikseil und ein blitzblanker, zusammenlegbarer Metallkorb. Sie nahm die Sachen eifrig heraus und hielt den Korb lächelnd hoch.
»Woher hast du das gewußt?« fragte sie.
»Derry meinte, du würdest leidenschaftlich gerne Krebse essen. Und der Mann im Anglerladen sagte, diese Falle da wäre vollkommen ausreichend.«
Einen Moment lang starrte sie Hawk nur wortlos an. Sie konnte nicht fassen, daß er sich extra die Mühe gemacht hatte, etwas zu besorgen, das ihr Freude machen würde.
»Vielen Dank«, sagte sie langsam, fast unsicher. »Das wäre aber nicht nötig gewesen.«
»Ich weiß«, sagte Hawk mit sanfter, tiefer Stimme. »Deshalb habe ich es ja so gern getan.«
Angel blickte in seine klaren tiefbraunen Augen, und ihre Finger krampften sich um den Metallkorb in ihrer Hand. Sie hätte nie gedacht, daß die Farbe Braun eine solche Wärme ausstrahlen könnte.
Und doch war es so.
Das Braun von Hawks Augen war tief und warm, mit
Weitere Kostenlose Bücher