Flammender Himmel
Goldflecken darin, wie Lachen und Sonnenschein, die nur auf den richtigen Moment warteten, um hervorkommen zu können.
Auf einmal hatte Angel das Gefühl, nicht mehr richtig atmen zu können. Es war nicht Angst vor Hawks Nähe. Nicht ganz jedenfalls. Und genau das war es, was sie am meisten aus der Fassung brachte. Rasch wandte sie ihm den Rücken zu.
»Zuerst«, flüsterte sie heiser, »kommen die Muscheln.«
»Muscheln?«
»Muscheln«, wiederholte sie fest. »Und dazu brauchen wir einen Eimer.«
»Dritte Tür rechts.« Dann fügte er belustigt hinzu: »Der Eimer, nicht die Muscheln.«
Angel riß verwirrt die Augen auf. Hawk streckte das Bein aus und stieß die Tür mit dem Zeh auf.
»Eimer, Schaufel und Strandschuhe«, sagte er.
»Du hast wirklich an alles gedacht.«
»Nein«, sagte er leise, »aber ich fange langsam an zu lernen.«
Angels Hände krampften sich um den Drahtkorb. Sie wußte, daß sich seine Bemerkung nicht aufs Muschelsuchen bezog.
»Schau mich nicht so ängstlich an, Angel«, sagte er. Seine Stimme war leise, fast barsch. »Du brauchst nur du selbst zu sein. Mehr will ich nicht.«
Sie holte tief Luft.
»Oder ist das zuviel verlangt?« fragte er sowohl neugierig als auch bedauernd.
Angel stieß zitternd den Atem aus.
»Nein«, flüsterte sie. »Das ist nicht zuviel verlangt. Aber -«
Ihre Stimme brach. Sie schloß die Augen und bildete ihre Rose, Blütenblatt für Blütenblatt, bis ihr Puls wieder einigermaßen normal schlug und ihre Kehle nicht länger wie zugeschnürt war.
Hawk beobachtete sie und fragte sich, ob sie wohl an einen Haken und an einen Falken dachte, die sich beide in ihr Fleisch gebohrt und sie zum Bluten gebracht hatten. Er verspürte ein fast überwältigendes Bedürfnis, sie in die Arme zu nehmen und
festzuhalten, sie zu beschützen, ihren Kummer und ihre Schmerzen zu vertreiben und ihr Freude zu bereiten.
Die Intensität seiner Gefühle erschreckte ihn. Etwas Derartiges hatte er noch nie in seinem Leben verspürt. Das einzige, was ihn davon abhielt, Angel in seine Arme zu schließen, war die Gewißheit, daß sie ihn von sich weisen würde, und dann hätten sie beide verloren.
Rasch suchte Angel alles zusammen, was sie und Hawk für den Strand brauchten. Es war gerade Ebbe, und an der Stelle, wo ein kleines Flüßchen in die Needle Bay mündete, hatte sich eine schmale Sandbank gebildet.
Die Bucht selbst war lang und schmal, mehr ein Einschnitt in die bergige Landschaft als eine wirkliche Bucht. Die Needle Bay war mehrere hundert Meter tief und an der Stelle, an der sie sich zur Meerenge öffnete, weniger als fünfundzwanzig Meter breit. Umsäumt wurde sie von Klippen und hoch aufragenden, zedernbestandenen Felsen. Dort, wo der Needle Creek in die Bucht mündete, öffneten sich die Klippen zu einer schmalen Schlucht.
Der Kieselstrand war winzig. Wo er an die Klippen heranreichte, wurde er zunehmend steinig. Und dort, an den grauen Felsen, war es auch, wo sie die Muscheln und Austern zu suchen hatten.
Angel ließ den Bug der Jacht langsam und vorsichtig auf die kleine Sandbank auflaufen. Hawk sprang über die Reling und landete mit der für ihn typischen Leichtigkeit und Anmut. Sie reichte ihm die Ausrüstungsgegenstände. Dann manövrierte sie das Boot wieder ein Stückchen zurück, damit es nicht auf Grund lief, wenn die Ebbe ihren Höhepunkt erreichte. Sie ließ den Anker herunter, schälte sich aus ihren Jeans und machte sich bereit, an Land zu waten.
Hawk war ihr zuvorgekommen. Er stand am Bootsbug und erwartete sie bereits. Wie Angel hatte auch er seine Jeans ausgezogen und trug eine Badehose. Sein roter Wollpulli bildete einen eigenartigen Kontrast zu seinen kräftigen, schwarzbehaarten
Beinen. Ein paar Zentimeter braungebrannter, mächtiger Oberschenkel ragten noch aus dem kalten Wasser. Das Ganze wirkte erstaunlich erotisch - der grobgestrickte Pulli und die nackten, muskulösen, behaarten Männerbeine, an denen das Wasser herunterlief.
Mit undurchdringlichem Gesichtsausdruck beobachtete Hawk, wie Angel zögerte. Er streckte ihr die Arme entgegen, als ob sie nur ein Ausrüstungsgegenstand mehr wäre, den es an Land zu bringen galt.
Wenn es Carlson oder Derry gewesen wären, Angel hätte keine Sekunde gezögert. Aber der Mann dort unten war Hawk. Unentschlossen stand sie an der Reling, doch dann fiel ihr plötzlich ein, was er gesagt hatte, daß er nicht mehr von ihr verlangte, als sie selbst zu sein.
»Woher wußtest du, daß ich kaltes Wasser
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