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Flammendes Eis

Flammendes Eis

Titel: Flammendes Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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Korrespondenz zwischen dem Agenten, der Londoner Zentrale und den französischen Eignern. Die Franzosen verlangten die Auszahlung der vollen Versicherungssumme. Lloyd’s widersetzte sich mit Hinweis auf den verwahrlosten Zustand des Schiffs. Am Ende einigte man sich auf ein Drittel der ursprünglichen Forderung, hauptsächlich wegen des Werts der Ladung.
    Perlmutter ging zu einem raumhohen Bücherregal und entnahm ihm einen dicken Folianten, dessen burgunderfarbener Leinenumschlag deutliche Nutzungsspuren trug. Es war ein Verzeichnis französischer Reedereien. Fauchet hatte 1922 den Geschäftsbetrieb eingestellt. Perlmutter grunzte verächtlich.
    Kein Wunder, wenn man sich ansah, wie die ihre Schiffe vernachlässigten. Er stellte das Buch zurück und nahm ein weiteres Dokument, das Bosworth ihm gefaxt hatte. Die Kopie einer Buchrezension der Londoner
Times
aus den dreißiger Jahren. Die Überschrift lautete:
    ERFAHRENER SCHIFFSKAPITÄN ENTHÜLLT DIE GEHEIMNISSE DES SCHWARZEN MEERES.
    Perlmutter legte das Blatt beiseite und wandte sich dem Begleitschreiben von Bosworth zu.
    »Lieber Julien, ich hoffe dieses Material hilft Ihnen weiter. Es existiert bei uns noch ein Verweis auf ihr geheimnisvolles Schiff, und zwar in einer zusammenfassenden Auflistung des Archivmaterials, das unsere Bibliothek aus dem Nachlass eines gewissen Lord Dodson erhalten hat, langjähriger Mitarbeiter des Außenministeriums. Es war ein Manuskript seiner Memoiren, scheint von der Familie aber wieder zurückgezogen worden zu sein. Ferner wurde die
Odessa Star
in einem Buch mit dem Titel
Life on the Black Sea
erwähnt. Wir haben ein Exemplar hier.
    Falls Sie wünschen, kann ich es Ihnen per Kurier zusenden.«
    Perlmutter legte den Zettel hin und ging zu einem Regal, das mit Bänden der unterschiedlichsten Größen und Arten voll gestopft war. Er fuhr mit dem dicken Zeigefinger über eine der Reihen und zog ein kleines schmales Buch hervor, dessen Lederumschlag eine hübsche goldene Prägung hatte.
    »Hah!«, rief er triumphierend aus und hätte einen kleinen Freudentanz aufgeführt, sofern es ihm körperlich möglich gewesen wäre. Seine vorübergehende Gedächtnisschwäche interessierte ihn nun nicht mehr. Er schrieb eine kurze Notiz auf einen Zettel und steckte ihn in das Faxgerät. »Sie brauchen das Buch nicht zu schicken; ich habe es in meiner Sammlung.
    Vielen Dank.« Während die Botschaft über den Atlantik wanderte, stellte Perlmutter ein Glas kalten Hibiskustee sowie einen Teller mit Crackern und weißer Trüffelpaste bereit. Dann machte er es sich in einem Sessel bequem und fing an zu lesen.
    Das Buch stammte aus dem Jahr 1936 und war von einem russischen Kapitän namens Popow verfasst worden. Der Mann hatte ein Auge fürs Wesentliche und viel Humor, so dass Perlmutter häufig lächeln musste, während Popow von seinen Abenteuern mit Wasserhosen und Stürmen berichtete, mit leckgeschlagenen Schiffen, Piraten und Banditen, diebischen Kaufleuten, schurkischen Bürokraten und meuternden Besatzungen.
    Das prägnanteste Kapitel trug den Titel »Die kleine Meerjungfrau«. Popow hatte den Auftrag, eine Ladung Bauholz quer über das Schwarze Meer zu transportieren. Eines Nachts sah der Ausguck in der Ferne Lichter aufblitzen und hörte leisen Donner, obwohl gutes Wetter herrschte. Popow fürchtete, jemand könnte in Schwierigkeiten stecken, und ging der Sache nach.
    »Als mein Schiff einige Zeit später am Ort des Geschehens eintraf, fanden wir dort einen großen Ölfleck vor, und über dem Wasser hing eine schwarze schmierige Rauchwolke. Überall trieben Trümmerteile und – was weitaus schrecklicher war verbrannte und verstümmelte Leichen. Trotz meiner dringenden Bitte weigerte sich meine Crew, die Toten zu bergen, weil das angeblich Pech bringen würde und den armen Seelen ohnehin nicht mehr zu helfen sei. Ich ließ die Maschinen anhalten, und wir lauschten. Alles war ruhig. Dann hörten wir etwas, das wie der Schrei eines Meeresvogels klang. Gemeinsam mit meinem treuen Ersten Offizier bestieg ich ein Beiboot und fuhr zwischen den traurigen Überbleibseln hindurch auf das Geräusch zu.
    Man stelle sich unsere Überraschung vor, als der Schein unserer Laterne auf die goldenen Zöpfe eines jungen Mädchens fiel. Sie klammerte sich an ein Stück Holz und hätte in dem eiskalten schwarzen Wasser gewiss den Tod gefunden, wären wir auch nur wenige Minuten später eingetroffen. Wir zogen sie ins Boot und wischten ihr das Öl aus dem Gesicht.

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