Flammendes Eis
wissenschaftlichen Mission der sibirischen Schädlingsbekämpfung, die an Bord eines U-Boots der US Navy unter Aufsicht der NUMA stattfindet und offiziell gar nicht existiert«, erklärte Austin.
»Vielleicht schreibe ich meine Memoiren lieber doch nicht«, sagte Zavala und schüttelte den Kopf.
»Nimm’s nicht so schwer«, sagte Austin und sah sich in der geräumigen Offiziersmesse um. »Es würde dir sowieso niemand glauben.«
Er musste sich ein wenig anstrengen, um die rauen Stimmen eines Dutzends grimmig dreinblickender Männer in schwarzen Kommandouniformen zu übertönen. Sie standen am anderen Ende des Raums und schmierten sich gegenseitig schwarze und grüne Tarnfarbe in die Gesichter. Dabei brachen sie immer wieder in Gelächter aus, machten Scherze, die den Geräuschpegel zusätzlich steigerten, und ließen eine Flasche Wodka herumgehen. Petrow, der ebenso wie die anderen gekleidet war, strich sich Farbe über die Wange und verbarg damit seine Narbe. Dann sagte er etwas auf Russisch, das seine Leute zu großer Heiterkeit veranlasste. Einer der Männer stieß ein Heulen aus und hieb ihm dermaßen kräftig auf den Rücken, dass jedem normalen Menschen einige Rippen gebrochen wären. Petrow nahm die Flasche und ging zu Austin und Zavala.
»Das klingt ja wie der Amateurabend im Kreml-Varieté«, stellte Austin fest. »Was war denn gerade so witzig?«
Petrow lachte und bot ihnen Wodka an. »Ich bevorzuge Tequila«, sagte Zavala. Auch Austin winkte dankend ab. Er hatte den Russen noch nie so fröhlich erlebt.
»Ich habe meine Männer an ein altes russisches Sprichwort erinnert«, sagte Petrow. »›Lebe mit den Wölfen, heule wie ein Wolf.‹« Er registrierte Austins fragenden Blick. »Bei Ihnen würde wohl man sagen ›Gleich und Gleich gesellt sich gern‹.«
Als er sah, dass das immer noch nicht ausreichte, gab er es auf.
»Ich erklär’s Ihnen später.« Er schmierte Austin Farbe auf Stirn und Wangen, so dass dieser wie ein Indianer mit Kriegsbemalung aussah. »Jetzt sind Sie startklar.«
»Danke, Iwan«, sagte Austin und vervollständigte die Tarnung. »Fühlen Sie sich einem solchen Einsatz gewachsen?«
»Soll das heißen, ich sei zu alt? Wenn ich mich recht entsinne, bin ich einen Monat jünger als…«
»Ich weiß«, unterbrach Austin ihn. »Meine
Akte
. Seien Sie nicht so empfindlich. Ich musste bloß an Ihre Verletzung nach unserem kleinen Abenteuer im Bostoner Hafen denken.«
»Ein herrlicher Kampf. Ich werde nie vergessen, wie Sie sich als Tarzan über das Deck geschwungen haben. Ich habe nur ein paar Kratzer abbekommen. Nichts Ernstes.«
Austin nickte in Richtung der Männer. »Ich hoffe, auch Ihre Leute sind fit. Vielleicht sollten wir sie mal ins Röhrchen pusten lassen.«
Petrow tat den Einwand mit einer nachlässigen Geste ab. »Ich würde jedem dieser Männer mein Leben anvertrauen, betrunken oder nüchtern. Sie machen sich zu viele Gedanken. Ein paar Schlucke Wodka vor einem Gefecht sind beim russischen Militär Tradition. Mit dieser Geheimwaffe haben wir Napoleon und Hitler besiegt. Wenn es so weit ist, werden meine Jungs den Auftrag präzise und mutig erledigen.«
Austin sah einen jungen Matrosen, der soeben zur Tür hereingekommen war. »Anscheinend ist es so weit, Iwan.«
Die Idee zu dieser gemeinsamen Operation war entstanden, als Austin nach der Besprechung beim Präsidenten in sein Büro zurückkehrte. Petrow erwartete ihn dort bereits. Als Kurt ihm den Plan erläuterte, bot der Russe sofort an, dass seine Männer die Jacht entern würden. Austin hielt Rücksprache mit Sandecker. Dem Admiral gefiel der Vorschlag, und auch der Vizepräsident gab sein Einverständnis. Ein russisches Enterkommando würde eine zusätzliche Schutzschicht zwischen der Mission und dem Präsidenten bedeuten.
Nun musterte der Matrose die bemalten Gesichter und suchte offenbar den Befehlshaber. Austin winkte ihn zu sich.
»Der Kapitän sagt, es kann jederzeit losgehen.«
Petrow gab seinen Männern einen barschen Befehl. Die Reaktion war verblüffend. Der Unfug hörte schlagartig auf, die Wodkaflasche verschwand, und die grinsenden Gesichter verwandelten sich in reglos blickende, entschlossene Mienen.
Hände griffen nach automatischen Waffen, und ein vielfaches metallisches Klicken hallte durch den Raum, als jeder die Magazine überprüfte. Innerhalb weniger Sekunden war aus dem grölenden Haufen eine grimmige Kampfeinheit geworden.
Ich hab’s doch gesagt, schien Iwans Lächeln zu
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