Flammenherz (German Edition)
war, zog ich den Schemel heran, und bevor einer der beiden mir helfen konnte, hatte ich mich auf den Rücken des Pferdes geschwungen. Meinen Rock musste ich bis zu den Oberschenkeln nach oben raffen, aber das war mir egal. Lieber so als in dieser unbequemen Haltung, die für Frauen vorgesehen war.
»Ich bin soweit«, sagte ich und sah zu Caleb, der auf einem meinen entblößten Schenkel starrte. Sarin dagegen stand mit offenem Mund und leicht schockiertem Gesichtsausdruck neben mir, so als könne er nicht glauben, was er eben gesehen hatte. Ich räusperte mich lautstark und Caleb löste blinzelnd den Blick von meinem Bein.
»Reiten wir los«, entschied er und schwang sich wieder auf seinen Hengst.
Wir ritten eine halbe Ewigkeit und ich fragte mich, ob es in dieser Gegend überhaupt ein Dorf gab, als es plötzlich vor uns im Tal auftauchte. Es bestand aus etwa 50 grob gemauerten Häusern, deren Dächer alle mit Stroh gedeckt waren.
Hier und da erkannte ich einige Ställe, in denen Schweine, Hühner und Gänse untergebracht waren. Als wir die Straße entlang kamen, die durch das Dorf führte, spürte ich die neugierigen Blicke der Dorfbewohner auf mir ruhen, doch ich versuchte, nicht darauf zu achten. Hektisch drehte ich meinen Kopf von einer Seite zur anderen und sog jeden einzelnen Eindruck auf, wie ein Schwamm.
Wir ritten an einem Haus vorbei, vor dem ein Kerzengießer seinem Handwerk nachging und brodelndes Wachs in vorgefertigte Lehmformen goss. Auf der gegenüberliegenden Seite saßen einige Schneiderinnen am Boden und nähten eifrig an Hemden und Kleidern.
Ein Stück weiter schlug uns ein entsetzlicher Gestank entgegen. Grund dafür war der Gerber, vor dessen Haus eine Art Wäscheleine gespannt war, an der etliche Tierfelle hingen. Er selbst machte sich gerade daran, einem Kaninchen das Fell abzuziehen. Mein Magen krampfte sich zusammen und ich kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an, indem ich die Luft anhielt.
Vor dem Haus des Töpfers stieg Caleb ab und befestigte die Zügel seines Pferdes an einem Holzpfahl. Ich schlängelte mich unbeholfen vom Rücken meines Tieres, wobei sich mein Rock noch weiter nach oben raffte. Schnell streifte ich mein Gewand wieder zurecht und drehte mich verlegen zu Caleb.
»Ich muss hier einiges in Auftrag geben. Wollt Ihr mitkommen oder möchtet Ihr Euch lieber ein wenig umsehen?«, fragte er und deutete auf ein Haus, vor dem Unmengen Töpfe und Schüsseln aufgebaut waren.
»Ich sehe mich etwas um«, antwortete ich ihm. Er nickte zustimmend.
»Ich werde wohl einige Zeit benötigen. Ihr wisst ja, wo Ihr mich findet.« Dann verschwand er ohne ein weiteres Wort. Ich drehte mich um und schlenderte die Straße entlang. Einige der an mir vorbeiziehenden Dorfbewohner grüßten mich, manche deuteten sogar eine Verbeugung an.
Ich überlegte, ob es daran lag, dass ich mich in der Gesellschaft ihres Lairds befand oder ob mein edles Kleid der Grund dafür war. Mistress Graham hatte es mir am Morgen gebracht, zusammen mit zwei weiteren prachtvollen Kleidern, welche die Näherinnen für mich angefertigt hatten.
Das Gewand, das ich heute angezogen hatte, war aus smaragdgrüner Seide, mit einem tiefen Ausschnitt und zarten goldenen Stickereien am Saum und an den Armen. Mir fiel ein, dass ich mich noch gar nicht bei Caleb bedankt hatte und ich nahm mir fest vor, das baldmöglichst nachzuholen.
Schließlich war es nicht selbstverständlich, dass er mich aufgenommen hatte und ich auf Trom Castle, wie eine Lady behandelt wurde. Liebend gerne hätte auch ich ihm etwas geschenkt, was meine Dankbarkeit zum Ausdruck brachte, doch dummerweise hatte ich kein Geld und somit auch keine Möglichkeit etwas zu kaufen.
Als ich beim Waffenschmied vorbeikam, blieb ich stehen und schaute zu, wie einer der Männer mit einem Hammer auf ein Stück Eisen einschlug. Fasziniert von der Arbeit des Schmiedes stand ich wie gebannt davor und beobachtete, wie sich das glühende Metall, unter den kraftvollen Schlägen, langsam verformte. Ein alter, weißhaariger Mann mit einem buschigen Bart kam aus dem Haus.
»Mylady, womit kann ich Euch zu Diensten sein?«, sagte er freundlich und blickte mich erwartungsvoll an.
»Ich, ... ich sehe mich nur ein wenig um«, antwortete ich verlegen.
»Selbstverständlich«, entgegnete er sanft. »Darf ich Euch eine Erfrischung anbieten?«
Jetzt wo er es sagte, bemerkte ich, wie trocken mein Mund war und ich nickte zustimmend. Er bat mich in das Innere seines Hauses. Ich
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