Flammenherz (German Edition)
gestern geritten war, stand schon gesattelt hinter ihm.
Stirnrunzelnd sah ich auf das Sattelzeug und stellte zu meiner Erleichterung fest, das Sarin auf den unbequemen Damensattel verzichtet hatte.
Sullah war die Ruhe in Person, ganz im Gegensatz zu mir. Ich liebte Pferde, aber ich hatte auch eine gehörige Portion Respekt vor diesen großen Tieren.
Vorsichtig hob ich mein Kleid an, um aufzusteigen.
Hinter der Burg befand sich eine weitläufige Wiese, die an einem Abgrund endete. Darunter lag, der in der Sonne funkelnde, Loch Shin. Die Wiese hatte Sarin als Übungsplatz ausgewählt und zeigte mir nun, worauf ich beim Reiten besonders zu achten hatte.
»Ihr müsst immer darauf bedacht sein, dass eure Beine am Körper des Pferdes anliegen, die Knie dürfen nicht nach außen zeigen. Außerdem ist die Ferse der tiefste Punkt des Körpers, sie sollte jedoch gerade sein«, erklärte er und demonstrierte es mir an seinem Pferd. Ich nickte, presste meine Beine an Sullahs Flanken und richtete meine Fersen gerade, so wie er es mir gezeigt hatte.
Knapp eine Stunde später war mein Kopf derart mit Informationen gefüllt, dass mir der Schädel brummte. Sarin hatte mir erklärt, wie ich mein Tier dazu brachte, die verschiedenen Gangarten Galopp, Schritt und Trab auszuführen und wie ich es in die Richtung lenkte, die ich einschlagen wollte. Zum Ende meiner Unterrichtsstunde hatte er mit erhobenem Finger eine letzte Weisheit zum Besten gegeben.
»Das Wichtigste ist, das Pferd zu respektieren, denn es ist kein Spielzeug und das Zaumzeug erst recht kein Halteriemen«, sagte er fast ein wenig streng. Ich nickte und rutschte ungeduldig auf meinem Sattel hin und her.
»Können wir jetzt endlich richtig reiten?« Sarin lachte und nickte belustigt.
»Dann zeigt, was Ihr gelernt habt«, forderte er mich auf und deutete auf die langgezogene Wiese hinter mir.
Ich konnte es kaum erwarten, den Wind in meinen Haaren zu spüren. Als ich Sullah mit einem leichten Druck meiner Schenkel zu verstehen gab, dass er sich bewegen sollte, wanderte mein Blick kurz zu den Fenstern von Trom Castle. Ich sah Lady Adelise, die uns von ihrem Zimmer aus beobachtete.
Ich wusste, dass sie es war, weil ihr sandfarbenes Haar in der Sonne leuchtete wie gesponnenes Gold. Hinter ihr stand eine zweite Gestalt. Ich erkannte jedoch nicht, um wen es sich handelte, denn ein Schatten lag auf der Person. Der Statur nach schien es aber ein Mann zu sein.
Ich überlegte, welcher männliche Bewohner der Burg sich in ihrer Gesellschaft befinden konnte, und runzelte nachdenklich die Stirn. Es konnte beinahe jeder sein. Für einen kurzen Moment sah ich Caleb in Gedanken vor mir, doch dann schüttelte ich den Kopf. Er würde niemals freiwillig in ihre Nähe kommen.
Ich konzentrierte mich wieder auf mein Pferd und wechselte mit einem kleinen Befehl in den Galopp. Ohne zu murren, fügte sich Sullah, tat, was ich befahl und wir ritten über die nicht mehr ganz so grünen Wiesen.
Ich spürte, wie sich ein Gefühl der Freiheit in mir ausdehnte, und genoss es in vollen Zügen. Ich jauchzte und schrie vor Vergnügen und Sarin, der dicht hinter mir ritt, lachte laut auf.
Dann trieb ich mein Pferd an, noch schneller zu laufen und es gehorchte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl und für einen kleinen Augenblick schloss ich die Augen, um mich ganz auf den Wind zu konzentrieren, der mir ins Gesicht wehte.
Als ich sie wieder öffnete, erkannte ich, dass ich gefährlich nah an den Abgrund geritten war, und zog die Zügel nach rechts, um Sullah rasch zum Wenden aufzufordern. Dann passierte das Unfassbare.
Sullah gehorchte und drehte sich in der Bewegung scharf nach rechts, doch mein Sattel tat das nicht. Ich spürte das Reißen von Leder unter mir, und ehe ich mich versah, flog ich im hohen Bogen durch die Luft, genau auf den vor mir liegenden Abgrund zu. Wie in Zeitlupe nahm ich wahr, was geschah und konnte doch nichts daran ändern.
Ich landete ein Stück vor dem Abgrund, doch mein Körper befand sich noch in der Bewegung und ich rutsche direkt auf die Kante zu. Meine Finger bohrten sich in das Gras und mit einer Hand gelang es mir, einen kleinen Farn zu ergreifen.
Nie im Leben hätte ich gedacht, dass dieses zierliche Pflänzchen mein Gewicht halten könnte, aber das tat es, jedoch nur für einen kurzen Augenblick.
Dreiviertel meines Körpers baumelte in der Luft. Tief unter mir erkannte ich den See, dessen Oberfläche sich im Wind kräuselte. Plötzlich riss ein Blatt
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