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Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Schock zu erleiden und atmet schnell und keuchend.
    »Muss trinken«, wispert sie.
    Floras Hosenbein ist von Blut durchtränkt, und es pulsiert ständig mehr heraus. Ihr einen Druckverband anzulegen, würde zu lange dauern, so dass Joona mit beiden Händen ihren Oberschenkel umfasst und die Daumen oberhalb der Wunde direkt auf die Pulsader presst. Der warme Blutstrom wird sofort kleiner. Er drückt noch fester zu und wirft einen Blick auf Floras Gesicht. Ihre Lippen sind weiß und ihre Atemzüge sehr flach. Die Augen haben sich geschlossen, und er spürt ihren schnellen Puls.
    »Der Krankenwagen ist gleich da«, sagt er. »Es wird alles gut werden, Flora.«
    Joona hört, dass Daniel hinter seinem Rücken etwas zu sagen versucht. Er dreht sich zu ihm um und sieht einen alten Mann näher kommen. Der Greis trägt einen schwarzen Mantel über einem schwarzen Anzug, und seine Schritte sind seltsam schwer. Das strenge Gesicht des Manns ist grau, und seine Augen sind todtraurig, als er Joonas Blick begegnet.
    »Lassen Sie mich nur kurz meinen Sohn umarmen«, bittet er mit heiserer Stimme.
    Joona kann den Druck auf Floras Oberschenkel nicht verringern. Er muss bei ihr bleiben, um ihr Leben zu retten.
    Als der Mann an ihm vorbeigeht, steigt Joona Benzingeruch in die Nase. Der Mantel des Mannes ist durchnässt. Er hat seine Kleider in Benzin getränkt, hält bereits eine Streichholzschachtel in der Hand und bewegt sich mit betäubter Langsamkeit.
    »Tun Sie das nicht«, ruft Joona.
    Daniel starrt seinen Vater an und will fortkriechen, zerrt und versucht, seine Hand aus der Schelle zu ziehen.
    Der alte Mann betrachtet Daniel, der alles daransetzt, zu entkommen. Seine Finger zittern, als er zwischen den Streichhölzern stochert, die Schachtel wieder schließt und den Zündkopf an die Reibefläche hält.
    »Sie lügt«, wimmert Daniel.
    Kaum hat sein Vater das Holz über die Zündfläche gezogen, als er auch schon mit einer Verpuffung in Flammen aufgeht. Ein hellblauer Feuerball schließt sich um ihn. Joona spürt die Hitze auf seinem Gesicht. Der brennende alte Mann wankt, beugt sich dann über seinen Sohn und umarmt ihn mit seinem Feuer. Um sie herum entflammt das Gras. Der alte Mann hält sich fest. Daniel kämpft vergeblich gegen ihn an. Knisternd schließen sich die Flammen um beide. Wenn das Feuer hochschlägt, klingt es wie eine Flagge im Wind. Eine Säule aus schwarzem Rauch und glühendem Ruß steigt gen Himmel.

180
    ALS DAS FEUER hinter der großen Scheune gelöscht war, blieben nur zwei verkohlte Leichen zurück. Schwarze Knochen, schwelend ineinander geflochten.
    Die Rettungssanitäter fuhren mit Flora ins Krankenhaus, als die alte Frau auf den Hof hinaustrat. Dort blieb die Gutsherrin von Rånne vollkommen regungslos stehen, als wäre sie in der Sekunde, unmittelbar bevor der Schmerz sie übermannte, erstarrt.
    Joona fährt nach Stockholm zurück, hört eine Büchersendung im Radio und denkt dabei wieder an den Hammer und den Stein. Die Mordwaffen, die ihn so verblüfft haben. Jetzt erscheint ihm alles glasklar. Elisabeth wurde nicht getötet, weil der Mörder an ihre Schlüssel herankommen wollte. Daniel besaß einen eigenen Schlüssel zum Isolierzimmer. Dort muss Elisabeth ihn gesehen haben. Er verfolgte und ermordete Elisabeth, weil sie eine Zeugin des ersten Mordes war, und nicht, weil er ihre Schlüssel haben wollte.
    Regen, hart wie Glas, schlägt gegen die Windschutzscheibe und auf das Autodach. Die Abendsonne leuchtet durch die Tropfen hindurch, vom Asphalt steigt weißer Dampf auf.
    Wahrscheinlich kam Daniel immer zu Miranda, sobald Elisabeth ihre Schlaftabletten genommen hatte. Sie tat, was er wollte, sie hatte keine Wahl. Sie zog sich aus und saß mit der Decke um die Schultern auf dem Stuhl, um nicht zu frieren. Doch in dieser Nacht ging etwas schief.
    Vielleicht erzählte Miranda ihm, dass sie schwanger war, vielleicht fand er auf der Toilette einen Schwangerschaftstest.
    Jedenfalls geriet er in Panik, in seine alte Panik.
    Daniel wusste nicht, was er tun sollte, er fühlte sich gehetzt, zog die Stiefel an, die immer im Eingangsflur bereitstanden, ging hinaus, suchte sich auf dem Hof einen Stein, kehrte zurück, verlangte, dass sie die Augen schloss, und schlug zu.
    Sie durfte ihn nicht sehen, sie sollte die Hände vor das Gesicht legen wie das kleine Mädchen Ylva.
    Nathan Pollock interpretierte das verdeckte Gesicht so, dass der Mörder beabsichtigte, ihr das Gesicht zu nehmen, sie zu einem totalen

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