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Flammenpferd

Flammenpferd

Titel: Flammenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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piaffierende Hengst wie ein gewaltiger Schatten. Sie sah das Weiße in seinen Augen aufblitzen und meinte seine Todessehnsucht zu spüren, als sie das Feuerzeug an die Pappe hielt und den brennenden Fetzen durch das offene Fenster auf den Ledersitz warf. Die Stichflamme leckte wie prüfend über die mit Benzin beträufelte Rückenlehne, dann loderte sie hoch empor und blendete Kati für einen Augenblick. Hinter ihr stieg der Hengst und warf sich rücklings gegen das Tor. Sie hörte das Krachen, als der schwere Körper gegen das Holz prallte. Der Riegel hielt nicht. Sie hatte die Kraft des Pferdes unterschätzt. Mit dem Tageslicht zog ein frischer Wind in den Schuppen und entfachte die Flammen im Wagen zu einer Feuerwand. Kati konnte den Blick davon nicht lösen. Sie spürte, wie sie von hinten am Hals packt wurde. Ein starker Arm zog sie fort.
     

11
    Der Winter schob seinen Abschied auf und hatte in dieser ersten Märzwoche noch einmal alle Kraft gesammelt und eine eisige Nacht ins Hameltal gesandt. Die kalte Luft zog über den Hausflur bis in die Küche hinein, auf deren ausgekühlten Fliesen Hella kniete und der erloschenen Glut im Kaminofen neues Leben einhauchte. Er war ihre erste und bisher einzige Anschaffung für das Haus. Sie liebte seine mollige Wärme und den Blick in die Flammen. Sofern das Feuer erst einmal in Gang gebracht war. Mit gespitzten Lippen pustete sie in die Glut und legte Holz nach, bis das Feuer beständig genug war, und sie die Briketts aufschütten konnte. Es war kurz vor sieben, als sie die Küche verließ und auf dem Flur in die gefütterten Gummistiefel stieg. Sie fror und fühlte sich unausgeschlafen, und in diesem Augenblick lag ihr jede Vorstellung fern, dass sie vor knapp einer Woche noch über blühende portugiesische Wiesen galoppiert war. Der Hund jaulte und presste seine ergraute Schnauze gegen den Türrahmen. Ungeduldig kratzte er an der Haustür.
    Du wirst im Alter nicht nur tüddelig, sondern ebenso starrsinnig, dachte sie und drückte ihn sachte zur Seite, um die Tür zu öffnen. Weil Blitz nicht gern allein war und nachts ab und zu raus wollte, hatte sie zu Beginn des Winters ihr Schlafzimmer aus ihrem früheren Kinderzimmer im ersten Stock hinunter ins Erdgeschoss verlegt und fest gestellt, dass sie in der schmalen Kammer wesentlich besser schlief. Die oberen Etagen betrat sie seitdem selten.
    Vielleicht sollte ich mich um einen Mieter kümmern, überlegte sie. Swantje fiel ihr ein, die mehrmals wegen eines Zimmers nachgefragt hatte. Hella beschloss, nicht sofort nein zu sagen, falls Swantje sich deswegen melden sollte. Sie würde eine Unterkunft brauchen, solange sie in Hameln für die Diplomarbeit recherchierte. Das wäre ein Anlass, endlich die Sachen von Nelli und Thies auszuräumen; eine Arbeit, die Hella seit Monaten vor sich her schob. Außerdem wäre das Haus besser vor Einbrechern geschützt. Der Vorfall in ihrem Schlafzimmer ging ihr nicht aus dem Sinn. Zum Glück war in ihrer Abwesenheit weder Jette, noch Maren oder Ines etwas Verdächtiges aufgefallen, und der mysteriöse Fremde hatte sich nicht wieder blicken lassen.
    Die Schultern fröstelnd hoch gezogen, eilte sie über den spärlich beleuchteten Hof. Im ehemaligen Kuhstall, einem roten Klinkerbau, der im rechten Winkel zum Wohnhaus lag, warteten die Pensionspferde in ihren Boxen auf das Morgenfutter. Blitz tappte ihr wie ein Schatten auf halbem Weg nach und bog vor dem Stall ab, um seinen Kontrollgang wie immer im Obstgarten zu beginnen. Vermutlich konnte er eine Katze nicht mehr von einem Kaninchen unterscheiden, ließ sich aber von seinen selbst gestellten Aufgaben nicht abbringen. Sie schaute der steifbeinigen Gestalt nach, bis sie von der Dunkelheit verschluckt wurde. Thies hatte ihn vor vielen Jahren irgendwo aufgelesen. Blitz war das letzte Bindeglied zu den früheren Zeiten, und auch er würde sie bald verlassen. Mit sechzehn Jahren war der schwarze Schäferhund ein Methusalem unter den Hunden.
    Hella zog die Stalltür auf und tastete nach dem Lichtschalter. Zehn Köpfe blickten ihr erwartungsvoll entgegen, und einige Pferde begrüßten sie mit leisem Wiehern. Dem Stall war seine Vergangenheit als Kuhstall anzusehen. In der Mitte lag die gepflasterte, von Maren peinlich sauber gefegte Stallgasse. Zu beiden Seiten hatte Nelli die Kuhstände heraus brechen lassen und durch die Pferdeboxen ersetzt. Sie hatte darauf verzichtet, als Begrenzungen die sonst üblichen hohen Gitterwände einzuziehen und

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