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Flammenpferd

Flammenpferd

Titel: Flammenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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darauf war Philipp bei dem wahnsinnigen Versuch, Hella zu ertränken, selbst ums Leben gekommen. Sie hatte sich eingebildet, der Sumpf der Intrigen wäre ausgetrocknet.
    Wie naiv! Jedes Verbrechen hinterließ Spuren, die es nicht kümmerte, ob seine Verursacher tot oder am Leben waren. Und es gab einen neugierigen Mitwisser, der Fragen stellte. Sie konnte die Medikamente nicht im Keller verrotten und die ganze Geschichte auf sich beruhen lassen. Ach, Julian, dachte sie bekümmert, wir wären uns besser niemals begegnet.
    Hella nahm die Mappe und setzte sich auf das Bett. Im Zimmer hatte sich nichts verändert, abgesehen davon, dass sie irgendwann die leeren Bier- und Weinflaschen fortgetragen und die herumliegenden Kleidungsstücke zusammengerafft und in den Schrank gestopft hatte. Der Raum schien erfüllt von seiner Gegenwart. Nicht allein wegen der Fotos und Zeitungsartikel an den Wänden, der Pokale, der zerrissenen Trense und der beiden Longen, seinem täglichen Handwerkszeug. Sie fühlte sich von unsichtbaren Augen beobachtet, stand auf und suchte im Regal und in den Schubladen, bis sie den Türschlüssel fand und abschließen konnte. Eine kindische Vorsichtsmaßnahme, sie war allein im Haus. Doch danach fühlte sie sich endlich bereit, Nellis schmutzige Sammlung nach neuen Hinweisen zu durchsuchen. Eine Liste mit Namen und angefügten Beträgen fiel ihr auf. Unter den fremden Namen fanden sich einige bekannte Hamelner Persönlichkeiten, darunter ein prominenter Chirurg und ein Ratsherr, mit denen Nelli durch den Turniersport in Verbindung gekommen sein mochte. Mögliche Opfer ihrer Erpressungen? Hella wollte es nicht wissen und schob den Zettel unter den Stapel. Als nächstes fiel ihr ein Blatt in die Hände, das in Nellis enger Schrift mit „Zahlungen“ betitelt war. Darunter der Name Dieter Freytag und eine Reihe von Beträgen, die um einiges höher lagen als er ihr gegenüber angegeben hatte. Hella blätterte weiter. Jetzt wurde es richtig interessant: eine Liste mit Daten und dahinter Mengenangaben für Kartons. Ging es hier um die Medikamente? Hella war sich nicht ganz sicher und suchte eilig nach weiteren Hinweisen. Ein Umschlag fiel ihr auf. Sie riss ihn auf und zog ein Foto heraus. Es war auf dem Hof aufgenommen worden, genauer vom Küchenfenster aus, und zeigte einen weißen Kastenwagen mit geöffneter Hecktür und zwei Personen, die Kartons ausluden. Die Kartons sahen aus wie die Kartons im Gewölbekeller, braun und ohne Aufdruck. Hellas Puls jagte davon wie Melody im gestreckten Galopp. Sie hatte richtig vermutet. Einer der Männer war Thies. Sogar auf dem Foto meinte man ihn humpeln zu sehen. Der andere Mann war jünger, drahtiger und kam Hella vage bekannt vor. Mit braun gebranntem Gesicht, und die blonden Haare auffällig ins Gesicht gekämmt. Der Mann aus dem Jeep!
    Hellas Puls legte an Tempo zu, als sie das Foto genauer betrachtete und die Frau am Steuer in Augenschein nahm. Es war wenig zu erkennen. Eigentlich nicht viel mehr als der Hinterkopf. Auch sie war blond, und die Art und Weise, wie sie die langen Haare im Nacken zusammen gebunden trug, erinnerte an Swantje. War das möglich? Sie drehte das Foto um. Auf der Rückseite standen wenige Worte, in Nellis Handschrift notiert: der Name „Jan“, dahinter ein Fragezeichen als Ersatz für den Nachnamen und eine Amsterdamer Adresse.
    Swantjes Freund hieß Jan! Wohnte in Amsterdam! Hellas Herzschlag hatte das Tempo eines durchgehenden Vollblüters erreicht. Welche Schlange hatte sie in ihrem Haus aufgenommen?
     

30
    Hastig durchforstete sie die übrigen Papiere, fand aber nichts, was ihr im Augenblick weiter half. Sie raffte die Unterlagen zusammen und schob die Mappe unter die Matratze. Sorgfältig strich sie die Bettdecke glatt. Sie schloss die Tür ab und ging hinunter ins Arbeitszimmer. Dort versenkte sie den Schlüssel in einem Karton mit Prospekten für die Klinik.
    Um diese Zeit am frühen Donnerstagnachmittag steckte Jette meistens in langen Besprechungen mit ihren Kollegen. Hella versuchte es trotzdem, und erreichte die Freundin tatsächlich noch an ihrem Schreibtisch. Sie wartete auf den Ausdruck eines Stapels Unterlagen, bevor sie das Büro verlassen würde, erklärte sie vergnügt. Die Aussicht auf ihren Urlaub versetzte sie in Hochstimmung. Sie wollte tatsächlich für ein paar Tage zu den Klinghöfers nach Portugal reisen.
    „Wann fliegst du?“, fragte Hella.
    Ganz früh am Samstag, lautete die fröhliche Antwort.
    Sie

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