Flammentod
Fritten. Doppelte Portion.
3. Kapitel
Auf dem Seitenstreifen, wo Diepeschraths Wagen gefunden worden war, gab es keinen Zentimeter Platz. Die Spur war mit Lkw und Anhängern vollgestellt, und nach knapp hundert Metern war sie schon wieder zu Ende. Links und rechts grenzte die Straße an Waldgebiete, und ich wußte nicht, wo ich das Auto lassen sollte. So fuhr ich erst einmal ein Stück weiter.
Zum Glück war nach einem knappen Kilometer ein Parkplatz für Spaziergänger ausgeschildert. Ich bog in die markierte Einfahrt ein. Mannis Golf holperte über den Waldboden. Es standen noch ein paar andere Wagen da - kreuz und quer zwischen den Bäumen geparkt. Vermutlich gehörten sie Spaziergängern, die möglichst nah an den Königsforst heranfahren wollten, um ja keinen Zentimeter zuviel per Pedes zurückzulegen.
Die Karte zeigte, daß man auch von hier zu der markierten Stelle gelangen konnte. Laut Plan folgte man einem Waldweg, der von dem Parkplatz abging, bog dann links ein und näherte sich dem Seitenstreifen vom Wald her. Ich entschied, diesen Weg zu gehen, und machte mich auf die Socken. Vorher suchte ich aus dem Ordner die Fotos von Diepeschraths Leiche heraus und steckte sie in die Tasche.
Der Weg vor mir zog sich wie eine mit dem Lineal gezogene Schneise geradeaus durch den Wald. Der Boden war matschig; immer wieder waren große Pfützen im Weg. Meine Halbschuhe versanken im Dreck; ich hätte Gummistiefel tragen müssen.
Ich begegnete keiner Menschenseele. Irgendwann kam die Abzweigung auf den Rennweg. Hier änderte sich der Baumbewuchs, und der Wald erhielt dadurch einen ganz anderen Charakter. Die Nadelbäume machten Mischwald Platz. Birken und kleine Büsche wuchsen auf sumpfigem Gelände zwischen hohem, gelblichem Gras, das ab und zu von dunklen Wasserlöchern unterbrochen wurde. Der Wald sah längst nicht mehr so aufgeräumt aus wie am Beginn meines Spaziergangs. Mit der Bezeichnung »Ohlenbruch« war wohl diese moorige Gegend gemeint. Ein paarmal verlief der Weg über kleine Brücken, unter denen Bäche flössen; dann kam ich wieder an eine Kreuzung. Noch ein paar Meter weiter, und ich war am Ziel.
Nichts deutete mehr darauf hin, daß hier ein Mord geschehen und eine Leiche gefunden worden war. Ich holte die Fotos heraus und versuchte mir klarzumachen, wo der Tote genau gelegen hatte. Der Weg, der von der Waldkreuzung aus wieder in Richtung der Hauptstraße führte, war asphaltiert. Er ging über eine weitere Brücke und verwandelte sich dann in einen schlammigen Pfad.
Auf dem Bild lagen Diepeschraths Überreste auf Asphalt. Neben dem Körper sah man eine Betonkante, die wie ein Bürgersteig aussah, allerdings von dickem Moos überzogen war. Ich ging wieder zurück bis zur Brücke. Die Kante war die Brückenbegrenzung.
Um den Weg zur Hauptstraße abzugehen, mußte ich durch den Schlamm waten. Ich gelangte an einen kleinen Erdwall, den ein ausgetretener Pfad umrundete. Dahinter markierte ein Alu-Zaun die Waldgrenze. Maschendrahtzaun, dachte ich und sah direkt hinter den Maschen einen der Lkw stehen. Noch bevor ich mir Gedanken darüber machen konnte, wie Diepeschrath und sein Mörder dieses Hindernis von der Straße aus überwunden hatten, entdeckte ich eine kleine Metalltür. Ich drückte die Klinke, und die Tür schwang auf. Ein paar Schritte, und ich stand am nächsten Lkw. Er parkte genau an der Stelle, wo Diepeschrath am Sonntagabend seinen Wagen abgestellt hatte. Dahinter donnerte unablässig der Verkehr.
Ein Eingang in den Wald, dachte ich. Fehlt nur noch, daß sich einer hinstellt und Eintrittskarten verkauft.
Ich ging ein Stück weit an den Lkw entlang. In einem der Führerhäuser sah ich eine aufgeschlagene Zeitung, die fast die ganze Windschutzscheibe bedeckte.
Ich stieg auf den Tritt und klopfte an das Fenster. In dem Laster saß ein Mann und machte offensichtlich Pause. Er riß die Zeitung zur Seite und ließ die Scheibe hinunter.
»Was ist?«
»Eine Frage«, sagte ich. »Gibt’s hier Frauen?«
»Was?«
»Frauen. Weiber. Sie wissen schon. Straßenstrich.«
»Ach, laß mich doch in Ruhe.« Er wandte sich wieder der Zeitung zu.
»Ist ja nur ‘ne Frage. Wäre doch genug Kundschaft hier, oder?«
»Was bist du«, fragte er, ohne mich anzusehen. »Zuhälter, Freier oder von der Sitte?«
»Ehrlich gesagt nichts von alledem. Ich interessiere mich nur für den Mord, der hier passiert ist.«
Der Mann legte die Zeitung weg. »Also doch Polizei. Du bist wohl Anfänger, was? Nein, hier
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