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Flammentod

Flammentod

Titel: Flammentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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gesehen hatte. Den Schreibtisch. Die Aktenordner. Wo waren sie gewesen? In den Schubladen …
    Ich stellte mir vor, wie ich im dämmrigen Licht den Papierkram hervorgeholt und auf die leere Schreibtischplatte gelegt hatte.
    Was hatte ich dann getan?
    Einen der Ordner aufgeschlagen. Halt - das stimmte nicht! Ich hatte zuerst die Fotos gefunden. Fotos von Angelika Diepeschrath. Ich hatte jetzt ganz deutlich vor Augen, wie ich im Licht der Taschenlampe diese Fotos betrachtete - Fotos, die in dem kleinen Häuschen, genau in dem kleinen Raum im Obergeschoß aufgenommen worden waren. Und ich hatte am Abend davor Angelika Diepeschrath dort oben beim Fotografieren beobachtet. Aber warum zog sie sich in einen solchen Raum zurück, um Fotos zu machen? Ganz normale Fotos? Mit Selbstauslöser?
    Und plötzlich fiel mir ein, daß ich weder Jutta noch diesem Sommer etwas von dem Foto-Fund erzählt hatte. Der zweite Eindruck, die Akten, hatten mich so beschäftigt. Die Akten.
    Zahlen…
    Ja, genau: Zahlenkolonnen auf einem Blatt. Eine Rechnung. Eine Rechnung für etwas, das anscheinend sehr teuer gewesen war. Aber was? Eine Fotoausrüstung?
    Ich hatte weitergeblättert. Und die bedruckten Seiten gefunden … Ausdrucke aus dem Internet. Über Hexen? Nein. Medizin, Pharmazie - wie war ich darauf eigentlich gekommen?
    Es ging um Sex. Das Wort Sex war oft vorgekommen in den Berichten, so viel war sicher.
    Hatte Angelika Diepeschrath in diesem eigenartigen Raum vielleicht auch Sexfotos gemacht? Fotos, die weniger harmlos waren als das, was ich gesehen hatte? Vielleicht verkaufte sie solche Fotos und verdiente Geld damit? Hing vielleicht Susannes Gewerbe damit zusammen? Waren die drei Hexen in Wirklichkeit Prostituierte? Etwa auch die glatzköpfige Morgana? Wovon lebte Morgana?
    Meine Gedanken schweiften ab, und ich versuchte krampfhaft, die geschriebenen Seiten aus dem Ordner vor mein inneres Auge zu führen, doch es wollte mir nicht gelingen. Dabei hatte ich den Text doch gesehen. Ich hatte ihn überflogen. Irgendwo in meinem Gehirn war er gespeichert, und wenn ich die richtige gedankliche Verbindung herstellte, dann würde urplötzlich ein Stück aus diesen Texten wieder in meinem Bewußtsein auftauchen.
    Ein paar Worte nur. Aber entscheidende Worte. Und mir kam es vor, als würden mir diese Worte gerade deshalb nicht einfallen - weil ich wußte, daß sie so entscheidend waren.
    Ganz ruhig, sagte ich mir. Bleib ganz ruhig und entspann dich. Setz dich nicht unter Druck. Denk ein bißchen über deine Erlebnisse an dem Abend nach, und vielleicht kommen die Sachen dann ganz von selbst wieder an die Oberfläche.
    Und so schloß ich die Augen, verließ in Gedanken das triste Krankenzimmer und versetzte mich in das Haus auf Manscheits ehemaligem Grundstück. Ich stellte mir vor, wie die Fensterscheibe in der Dunkelheit zu Bruch gegangen war. Wie ich nach den Splittern getastet und damit begonnen hatte, hineinzuklettern. Plötzlich vermischte sich der Eindruck mit dem Abend, an dem ich auf dem Baum saß und Angelika Diepeschrath beobachtete.
    Auf den Fotos war sie stark geschminkt…
    Angelika auf den Fotos, Angelika in dem kleinen Fensterrahmen. Sex. Hinter dem Fensterrahmen auch eine geschminkte Angelika. Alles in gelbem Licht. Gelbes Licht, das plötzlich so hell wird, daß man es nicht mehr ertragen kann. Und diese Hitze …
    Verbrennung. Hexenverbrennung. Aber ich war keine Hexe, auch kein Zauberer. Mich durfte keiner verbrennen. Aber eine Hexe schon? Was redest du da für einen Quatsch, Rott!
    Und wenn sie jemanden anders dort oben vermutet haben?
    Angelika, die Hexe, muß brennen.
    Nein, nicht Angelika.
    Andra!
    Und das Epithel…
    Das Epithel der Gans.
    Gans?
     
    »Herr Rott?«
    Frau Dr. Radermacher stand im Zimmer, umringt von einigen jüngeren Herren in weißem Kittel.
    »Guten Morgen«, sagte sie noch einmal und wirkte sehr distanziert. »Wie geht es Ihnen?« Sie hielt ein Klemmbrett in der Hand und blätterte die darauf befestigten Unterlagen durch.
    »Ganz gut«, sagte ich. »Ich würde gern entlassen werden.«
    Sie sah auf. »Was? Das ist nicht Ihr Ernst.« Die anderen Ärzte sagten nichts, grinsten aber.
    Ich setzte mich auf. »Ich hätte eine Frage.«
    »Ja bitte?«
    »Schicken Sie bitte erst Ihre Kollegen raus.«
    »Herr Rott, wir sind Ihre Ärzte. Fragen Sie, was Sie wissen wollen.«
    »Es hat nichts mit meinem Krankenhausaufenthalt zu tun.«
    Frau Dr. Radermacher verzog den Mund. »Ah so?«
    »Bitte. Ich meine es ernst. Es

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