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Flammenzorn

Flammenzorn

Titel: Flammenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bickle
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hatten ein Gespür für feierliche Abläufe.
    »Wo soll ich hin?«, fragte sie.
    »Hier oben«, sagte Jules und tippte auf den Tresen.
    Anya sprang auf die Theke. »Aber tanzen muss ich hier oben nicht, oder?«
    »Leg dich einfach auf den Rücken. Stell dir den Tresen als magischen Untersuchungstisch vor.«
    Von nervöser Unruhe erfüllt legte Anya sich auf den Tresen. Dieses Szenario war sogar für die DAGR ziemlich schräg. Ihr wurde bewusst, dass ihr Hinterteil zwei der Sephiroths des kabbalistischen Lebensbaums verschmierte.
    Jules griff auf die Tonlage zurück, die er stets nutzte, wenn er verängstigten Hausbesitzern eine Heimsuchung erklärte. »Wir werden dich am Handlauf festbinden.«
    Anya biss sich auf die Lippe. Schon bei dem Gedanken stellten sich ihr die Nackenhaare auf. Jules und Max förderten eine Packung Kabelbinder zutage und fesselten ihre rechte Hand und beide Füße an den Handlauf auf der Außenseite der Theke. Die linke Hand wurde an der Griffmulde eines Bierfasses festgebunden. Sie zappelte mit den Fingern der gefesselten Hände. Die Fesseln saßen nicht stramm genug, ihr die Blutzufuhr abzuschneiden, aber sie würde bestimmt nirgends hingehen, solange niemand sie losschnitt. Sparky kletterte auf den Tresen und hockte sich auf ihren Bauch. Nur gut, dass sie vor der Prozedur ihre Blase entleert hatte, überlegte sie. Jules drehte den Kopf von Sparkys Hitzeabstrahlung weg, verlor aber kein Wort über die Wärme.
    Aus dem Augenwinkel sah Anya, wie Katie Anstalten machte, den Kreis zu schließen. Renee zögerte kurz am Rand. Als Geist wäre sie nicht imstande, die Linie zu übertreten, wenn er erst geschlossen war. Schließlich trat Renee in den Kreis, und während Katie ihn hinter ihr schloss, trat sie an Anyas Seite, lächelnd wie eine Krankenschwester, die einen verängstigten Patienten vor der Operation beruhigen wollte.
    »Du musst nicht hier sein, weißt du«, sagte Anya zu Renee. So ein Exorzismus konnte für gewöhnliche Hausgeister gefährlich werden.
    Sie schüttelte den Kopf, und die Spitzen ihrer Bobfrisur wippten gegen ihr Kinn. »Das würde ich um nichts in der Welt verpassen wollen. Das ist das Aufregendste, was seit der Jazz-Ära in diesem Schuppen passiert ist.«
    »Der Kreis ist geschlossen«, verkündete Katie am Ostrand des Kreises, hob ihr silbernes Athame und schlug das Zeichen des Pentagrams in die Luft, während sie zugleich den Namen »Jee-ho-va«, sprach. Dann wandte sie sich nach Süden und wiederholte die Geste. »Aaah-dooh-nai.« Dann nach Westen: »Eh-ey-ah«. Dann nach Norden: »Aaa-ge-laah«.
    Anschließend drehte sie sich wieder nach Osten und hob die Arme, um die Erzengel anzurufen. »Vor mir, Raphael. Hinter mir, Gabriel. Zu meiner Rechten, Michael. Zu meiner Linken, Auriel. Um mich flammt das Pentragramm, und über mir leuchtet der sechsstrahlige Stern.«
    Sie sah sich zum Tresen um und nickte. Das Ritual, das sie angewendet hatte, das kleine bannende Pentagrammritual, existierte seit der gardnerschen Ära der Magie in diversen Variationen. Anya hatte seine Durchführung schon einige Male miterlebt, dennoch empfand sie es nach wie vor als zutiefst beeindruckend.
    »Fangen wir an.« Ciro blätterte die Seite in seinem Buch um. »Der erste Schritt besteht darin, den Geist aus seinem Versteck zu rufen.«
    Jules tauchte einen altmodischen, mechanischen Handmixer in einen Eiskübel, zog ihn wieder hervor und drehte am Handgriff. Tropfen heiligen Wassers spritzten auf Anyas Körper und zischten auf ihrer Haut wie Wasserstoffperoxid. Max tauchte ein Cocktailsieb in den Eimer und schüttelte es über Anya aus, wobei er nach Kräften einen katholischen Priester imitierte.
    »Jules«, zischte sie, »ich dachte, ihr Jungs hättet dafür ein Spezialwerkzeug.«
    Jules gebot ihr zu schweigen. »Meine Mama hat mir immer gesagt, ich solle mit dem zurechtkommen, was ich habe.«
    Ciro rollte zum Tresen, streckte die Hand aus und legte ein Brotmesser auf Anyas Schultern. Anya nahm an, dass es geweiht war - das Athame des armen Mannes. »Im Namen des Schwertes des heiligen Michael befehle ich dem Dämon Mimiveh zu erscheinen.«
    Anya fühlte, wie sich Mimi in ihren Eigenweiden auseinanderfaltete. Voller Entsetzen sah sie zu, wie sich ihr Bauch bewegte wie der einer Bauchtänzerin auf der Bühne, und brennende Säure stieg in ihrer Kehle empor. Sparky suchte auf dem unsteten Untergrund nach Halt und drehte den Kopf nach links und rechts, um den Tumult zu beobachten, der sich

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