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Flammenzorn

Flammenzorn

Titel: Flammenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bickle
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nicht ernsthaft zugehört, als du gesagt hast, du könntest diese Dinge nicht tun, um die ich dich gebeten habe.«
    »Vergiss es einfach, Jules, wirklich.« Anya wand sich unbehaglich. »Kann ich dir vielleicht ein Bier ausgeben?«
    »Klar.« Jules kletterte auf einen Barhocker. Max drängte sich umgehend dazu. Katie reichte Jules ein Detroit Lager aus einer Kleinbrauerei auf der anderen Seite der Stadt. Max gab sie eine Dose Limonade, die dieser schmollend entgegennahm.
    »Und was dich betrifft, junge Dame ...« Ciro sah Anya an. »Geh und ruh dich aus, während wir Pläne schmieden.«
    Anya blinzelte verblüfft. »Du schickst mich ins Bett, Ciro?«
    »Du brauchst Kraft. Außerdem, und das weißt du genauso gut wie wir, hört der Dämon alles mit, was du hörst. Wir müssen unsere Strategie vor ihm geheim halten, und darum müssen wir sie auch vor dir geheim halten.«
    Sparky kletterte vom Tresen auf Anyas Schoß. Seine Kiemenwedel sahen ein wenig ermattet aus, und sie musste zugeben, dass der Gedanke an ein Nickerchen mächtig verlockend war.
    »Ich bringe dich in Ciros Gästezimmer.« Katie wischte sich die Hände an einem Handtuch ab und kam hinter dem Tresen hervor. Sie führte Anya die knarrende Hintertreppe hinauf zu Ciros Wohnung, wo sie die Tür zu einem von Sonnenschein durchfluteten Raum mit einer altmodischen Tapete und einem Doppelbett mit einer kunterbunten Tagesdecke öffnete. Ein Fenster bot einen freien Blick auf die Straße. Sonnenlicht strömte herein und zeichnete ein Viereck auf das Bett.
    Katie machte Anstalten, die Jalousien zu schließen, aber Anya sagte: »Schon gut. Ich glaube, Sparky und ich würden es genießen, im Sonnenlicht zu schlafen.«
    »Das ist vermutlich das Beste. Ich bin unten, solltest du mich brauchen.« Leise schloss Katie die Tür von außen.
    Anya krabbelte unter die Decke, die nach Mottenkugeln und Zedernholz roch. Sparky streckte sich neben ihr in voller Länge aus und reckte den fahlen, gefleckten Bauch der Sonne entgegen. Binnen weniger Augenblicke erbebten seine Kiemenwedel durch leises Schnarchen.
    Unter halb geschlossenen Lidern erkannte Anya aus dem Augenwinkel, dass Renee am Fenster saß. Der Geist der Sängerin summte ein schwermütiges Wiegenlied.
    »Danke, Renee.« Zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlte sich Anya wirklich umsorgt.
    »Ich passe auf dich auf, während die anderen ihre Vorbereitungen treffen«, sagte der Geist. »Schlaf jetzt.«
    Renee summte weiter, und Anya schloss die Augen. Das Sonnenlicht, das durch ihre Lider drang, ließ sie nicht im Dunkeln zurück, sondern hüllte sie hinter ihren Augen in die warme, rote Glut des Schlafes.
    Anya träumte, sie säße in der letzten Kirchenbank in St. Florian. So spät am Abend fand kein Gottesdienst mehr statt. Votivkerzen neben dem Altar flackerten und warfen warme, unstete Lichtkegel in die Dunkelheit des Kirchenschiffs. Anya hatte das Gefühl, so weit hinten im Finstern könnte niemand sie sehen. Nicht einmal Gott.
    Vor ihr, in der ersten Reihe, saß eine Frau vor den Votivkerzen. Ihr Haar war im Stil der 50er-Jahre geföhnt, toupiert und zurückgekämmt worden und mit einem breiten Haarband versehen. Am Ende der Kirchenbank sah Anya den Saum ihres gepunkteten Rocks hervorlugen. Als die Frau die Hände zum Gebet erhob, stellte Anya fest, dass sie weiße Handschuhe trug.
    Eine Gestalt trat durch die Hintertür ein. Anya beobachtete, wie ein Geistlicher den Gang hinunter zu der Frau ging. Sie erkannte in ihm den jungen Priester aus der Kirche, der, dessen Geist sie so dringend ermahnt hatte, diesen Dämon loszuwerden. Aber nun sah er massiv und real aus, und seine Schuhe klackten auf dem harten Boden. So war er damals gewesen, als er noch gelebt hatte.
    Anya folgte ihm durch den Mittelgang. Ihr fiel auf, dass ihre Füße den Boden nicht berührten und ihre Anwesenheit sowohl dem Priester als auch der Frau verborgen blieb.
    Der Geistliche setzte sich in respektvollem Abstand neben der Frau in die Kirchenbank. Er sprach mit ihr, aber Anya konnte nicht verstehen, was er sagte. Zu laut erklang das Pulsieren des Blutes. Nun erst erkannte sie, dass es nicht ihr Puls war, sondern der des Priesters, und sie fühlte das Kneifen des Kragens an seinem Hals, als wäre es ihr eigener. Die Frau wandte schüchtern den Blick ab, sah ihn dann wieder an und mit ihren weißen Handschuhen umklammerte sie die hölzerne Gesangbuchablage vor ihr. Anya spürte den Schweiß an den Händen des Priesters. Irgendwo im Hinterkopf

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