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Flammenzorn

Flammenzorn

Titel: Flammenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bickle
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Wahrnehmung ist das alles, was ich kann ... und mir ist nicht danach, diese Arbeiten vor aller Welt auszubreiten und der Kritik irgendwelcher Deppen auszuliefern, die Kolumnen für das Feuilleton schreiben.«
    »Sie sind also nur für Sie.«
    »Ausschließlich. Und ... nun ja, da Sie sie nun auch gesehen haben, sind sie auch für Sie.«
    Anya verharrte vor einer kleineren Leinwand in einem kompliziert aussehenden, frei tragenden Rahmen. Es war das Viertelprofil einer Frau. Nur ein schmaler Streifen ihres Gesichts war zu sehen. Dem Betrachter kehrte sie den Rücken zu, der in einem spitzenbesetzten Korsett steckte, dessen Bänder ins Nichts außerhalb des Bildes fielen. Ihr Haar war hochgesteckt, und die leuchtend helle Farbe ihrer Haut bildete einen scharfen Kontrast zu der Schwärze des Hintergrunds. Als Anya näher hinsah, erkannte sie, dass das Schwarz etwas zerfurcht war, so wie die Oberfläche von verkohlten Balken nach einem Feuer; es erinnerte nahezu an die Haut eines Alligators. Aus dem richtigen Winkel betrachtet, erkannte sie sogar schemenhaften Rauch, der sich über die Wange der Frau zog. Der Kontrast zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren war verblüffend.
    Sie schluckte. Das Bild zeigte unverkennbar sie selbst, doch dies zu erwähnen erschien ihr so, als dränge sie in Drakes Privatsphäre ein. »Was haben Sie hier benutzt?«
    Er antwortete, ohne sich auch nur umzudrehen, den Blick beständig auf seine aktuelle Arbeit gerichtet. »Die schwarze Farbe enthält Glitzer, die weiße einen Hauch Quartz. Und ein paar Stellen wurden mit einer Kerze eingeräuchert.«
    »Die Wirkung ist toll«, sagte sie.
    »Das Motiv hat mich inspiriert. Ich nenne es Ischtar.«
    Sie errötete, senkte den Blick und wandte sich ab. Die Hunde waren eifrig damit beschäftigt, Sparky ihre gesammelten Tennisbälle zu zeigen, die sie in einer Ecke gehortet hatten. Für den Augenblick schien er beschäftigt zu sein.
    »Wie nennen Sie das Bild, an dem Sie gerade arbeiten?«, fragte sie.
    Drake trat einen Schritt zurück von der Mischung aus Orange und Kohle, um sich einen Eindruck vom Stand der Dinge zu verschaffen. »Es wird Ihnen nicht gefallen.«
    »Ich glaube, es gefällt mir jetzt schon.«
    »Der Titel dieses Werkes ist Sirrush.«
    Seltsam, wie er das machte: Wie er es schaffte, dass sie sich in seiner Gegenwart wohlfühlte, nur um dieses Gefühl dann mit einem einzigen Wort oder Blick zunichte zu machen.
    Er drehte sich mit einem schiefen Lächeln zu ihr um. »Ich werde darauf verzichten, Ihnen zu sagen, dass ich Sie gewarnt habe.«
    Eine Frage drängte sich ihr auf, und sie gab ihr nach, wenn auch etwas zögernd. »Wenn Sie Sirrush rufen ... was dann? Wie wollen Sie einen Gott überzeugen, wieder zu gehen?« Sie selbst war nicht einmal imstande, einen unbedeutenden Dämon loszuwerden - wie konnte dann ein einfacher Mensch wie Drake glauben, er könnte den König der Salamander beherrschen?
    »Diese Kreaturen haben seit Anbeginn der Zeit existiert, Anya. Im Altertum, in der Zeit des Tempels des Baal, da hat man ihnen Opfer dargebracht. Wird er gut ernährt, dann kann Sirrush ein gütiger Gott sein.«
    »Welche Art von Opfer?«, fragte sie nur.
    »Opfer des Fleisches und der Seele.« Er tauchte den Pinsel in die Kohle und fing an, an einem neuen Abschnitt des Bildes zu arbeiten.
    Und plötzlich dämmerte es ihr. »Die Menschen, die Sie in den Feuern getötet haben ... der Feuerwehrmann. Die Leute in dem Wohngebäude. Sie sehen in diesen Leuten Opfer für Sirrush.«
    »Der Leib ist ein machtvolles Opfer. Aber es gibt auch Opfer, die nicht so offensichtlich sind.«
    »Virgil. Die Geister in der Bibliothek.« Anya zog die Brauen zusammen. »Sie haben sie verschlungen.«
    Drake drehte sich zu ihr um. »Fragen Sie sich denn gar nicht, was aus den Geistern wird, die Sie verschlingen?«
    Anya starrte ihre Hände an. »Davon weiß ich nichts.«
    Drake legte den Pinsel auf seinem Becher ab. »Ein Geist, der von einer Laterne verschlungen wird, ein Mensch, der in einem Feuer umkommt ... das sind Opfergaben für Sirrush und seinesgleichen. Grob gesagt, sind sie Futter. Hoch geachtetes Futter, aber dennoch Futter.«
    Sie schüttelte den Kopf, weigerte sich, ihm zu glauben, und ihre Hände ballten sich an ihrer Seite zu Fäusten. Sie wollte den Gedanken nicht einmal in Erwägung ziehen, dass all die Geister, die sie zerstört hatte, dass Neuman und ihre Mutter ... dass sie alle zu Futter für Sirrush geworden waren. Sparky, der ihr

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