Flammenzorn
schüttelte den Kopf und zog ihr Notizbuch hervor. »Nein. Der Rücksitz des Streifenwagens ist nur derzeit der sicherste Ort für Sie, weil wir nicht wissen, was für ein Zeug aus dem niedergebrannten Gebäude jetzt durch die Luft fliegt. Ihr Name, bitte?«
»John Sandoval.«
»John, wie wäre es, wenn Sie mir erzählen, was passiert ist?«
»Ich arbeite drüben bei dem Gebrauchtwagenhandel als Nachtwächter. Ist ein netter Job. Tagsüber gehe ich zur Uni, und hier habe ich normalerweise nicht viel zu tun. Es gibt einen hohen Stacheldrahtzaun und eine gute Alarmanlage - Keine Ahnung, wozu die einen Wachmann brauchen. Nicht, dass ich mich beklagen wollte. Ist gutes Geld für mich.« Die Worte sprudelten nur so aus seinem Mund. »Ich war dabei für mein Examen zu lernen, als ich ein Licht auf der anderen Straßenseite bemerkte.«
»Was für ein Licht? Von Scheinwerfern? Von einer Taschenlampe?«
Er schüttelte den Kopf. »Weder noch, glaube ich. Es war ein ziemlich schwaches Licht. Gelb. Ich habe es gerade noch gesehen, bevor es um eine Ecke des Gebäudes verschwand.«
»Es war außerhalb des Gebäudes?«
»Ja, in der Gasse. Ich habe mir nicht viel dabei gedacht, bis ich ungefähr eine Stunde später den Rauch gerochen habe. Ich bin aufgestanden, um nachzusehen, und da sah ich, dass der erste Stock brannte. Dann habe ich die 911 angerufen.« Er hob hilflos die Hände. Anya sah, dass sie sauber waren. Weder auf den Handflächen noch unter den Fingernägeln gab es Spuren von Brandbeschleunigern. »Das war alles, das habe ich den Cops schon erzählt.«
»Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen? Jugendliche, Autos, irgendwas Ungewöhnliches?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts gesehen. Ich habe im Wachdienstwagen an der Südseite des Freigeländes gesessen. Es war nichts los.«
»Irgendwelche sonderbaren Gerüche? Benzin, Chemikalien?«
»Nein. Es schien alles ganz normal zu sein.« Johns Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Ähm ... werden Sie meinem Boss erzählen, dass ich während der Arbeit gelernt habe?«
»Nein.« Anya schüttelte den Kopf, schenkte ihm ein angedeutetes Lächeln und setzte die Kappe auf ihren Stift. »Ich will Ihnen nicht Ihren netten Job versauen.«
John grinste erleichtert. »Danke, Ma'am. Ahm ... kann ich jetzt gehen? Meine Prüfung ist um acht Uhr dreißig.«
»Klar.« Sie reichte ihm ihre Karte. »Ich melde mich bei Ihnen. Rufen Sie an, falls Ihnen noch irgendwas einfällt.«
»Natürlich.« John warf sich den Rucksack über die Schulter und stieg aus dem Streifenwagen.
Anya folgte ihm hinaus und holte die Kamera aus ihrer Tasche. Sie umrundete das Gebäude und machte Foto um Foto. Sie betrachtete die Türen auf der Vorder- und Rückseite näher, aus denen sich tropfende Löschschläuche hervorschlängelten. An den schweren Metalltüren sah sie Kratzspuren der Werkzeuge, die die Feuerwehrleute zum Öffnen benutzt hatten. Die Leiter war noch ausgefahren und führte hinauf zu dem aufgebrochenen Fenster im ersten Obergeschoss, hinter dem die Puppe gewesen war. Es bot sich ein deutliches Bild des Schauplatzes, an dem der junge Feuerwehrmann in Schwierigkeiten geraten war.
Aber wie war der Brandstifter hineingelangt? Das Ausmaß des Gebäudeschadens verriet Anya, dass das Feuer vermutlich drinnen gelegt worden war. Ohne Brennmaterial wäre ein Feuer in der Gasse oder vor einer Außenwand in kurzer Zeit von selbst wieder erloschen. Ihr geübter Blick streifte die vernagelten Fenster des Erdgeschosses und die Fenster im Obergeschoss, deren Scheiben durch die Hitze und den Druck des Feuers herausgesprengt worden waren. Von oben war ihr Brandstifter nicht reingekommen. Er musste eine Möglichkeit gefunden haben, auf Straßenebene einzudringen.
Sie runzelte die Stirn. Feuer, die gelegt wurden, um von der Versicherung zu kassieren, gingen meist vom Dach aus. Und Feuer wanderte stets aufwärts. Ein Feuer, das oben gelegt wurde, verursachte nur minimale Schäden im Inneren. Aber es brannte spektakulär genug, um die Gebäudestruktur ausreichend in Mitleidenschaft zu ziehen, damit die Versicherung zahlte - und man sicherte sich eine kurze Sendezeit in den Abendnachrichten. Wurde ein Feuer jedoch im Erdgeschoss oder darunter gelegt, dann beabsichtigte der Brandstifter alles niederzubrennen, was sich im Gebäude befand. Die Person, die für diesen Brand verantwortlich war, kannte sich mit Feuer aus.
Anya umrundete die Fundamente und betrachtete die Kellerfenster. Die meisten waren
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