Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammenzungen

Flammenzungen

Titel: Flammenzungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
Vom Netzwerk:
seinen Kopf schräg. „Nach was hast du denn gesucht?“
    „Gesucht?“ Sie hatte es nicht für möglich gehalten, aber ihr Puls beschleunigte sich weiter. „Nach neuen Stiefeln ... einem dieser Röcke, die gerade modern sind, die ich mir aber nicht leisten kann. Vielleicht finde ich online einen gebrauchten ... nach .,. nach ... “
    „Schon gut“, unterbrach er sie betont gelassen und ließ sie genau dadurch spüren, dass er ihr nicht glaubte. Er hielt eine Hand hinter seinem Rücken verborgen. Unweigerlich stellte sie sich vor, dass er ein Messer festhielt.
    Heimlich schob sie seine ID-Card unter den Laptop und nahm beides in die Hand. Sein Portemonnaie lag noch auf dem Wannenrand, sein Führerschein auf dem WC-Deckel. Sie musste alles zurück in seine Hosentasche stecken, bevor er bemerkte, dass sie ihm hinterherspioniert hatte.
    „Nabil kommt jede Minute, um mich zur Werkstatt zu fahren. Ich gehe noch einmal für kleine Prinzessinnen.“ Ihr Magen zog sich bei der Vorstellung zusammen, die beiden könnten erneut aufeinandertreffen. Sie erhob sich und schlenderte zum Badezimmer, als hätte sie keine Angst vor Lorcan, doch ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. An der Zwischentür angekommen, drehte sie sich um. „Warum bist du nicht durch den Vordereingang gekommen? Ich patte dir doch meinen Ersatzschlüssel gegeben.“ Als er ihr zeigte, was er hinter seinem Rücken versteckt patte, hätte sie beinahe vor Erleichterung gejauchzt. Es war nur eine braune Papiertüte. „Ich wollte dich mit frischen Bagels überraschen, bevor du weg bist. Sie sind schon belegt, du kannst sie mit in die Stadtverwaltung nehmen.“ Er zog seine Mundwinkel nach oben, aber aus seinen Augen sprach weiterhin Misstrauen.
       Sie fühlte sich schuldig. Während sie im Grunde nur nach einem Beweis für das Böse in ihm gesucht hatte, kümmerte er sich um ihr Wohlergehen. Damit tat sie ihm dasselbe Unrecht an wie alle anderen.
    „Das ist nett von dir.“ Amy ging auf ihn zu, nahm die Brötchen in Empfang und küsste ihn lange auf den Mund. Der Kuss schmeckte köstlich süß, aber das tat das Schneckenkorn, das ihre Oma früher im Garten verstreut hatte, auch, und dennoch war es giftig.

12. KAPITEL
    August dieses Jahres
    Elmwood, Walmart
    Seit dem Überfall auf der Carnival Street im vergangenen Jahr hatte Amy Acadiana Groceries nicht mehr betreten. Wie das Gros der Bewohner von Waggaman fuhr sie durch den Nachbarort Bridge City und dann über die Huey P. Long Bridge nach Elmwood, um dort bei Walmart einzukaufen. Es widerstrebte ihr. Es war gegen ihre Prinzipien, doch sie schaffte es nicht, vor dem kleinen privaten Supermarkt zu halten. Wenn sie nach Feierabend die Stadtverwaltung verließ, stieg sie sofort in ihr Auto und floh regelrecht.
    Den maskierten Angreifer hatte die Polizei nie überführt. Seitdem Vorfall bewachte ihr Cousin sie wie eine Bulldogge. Ein Indiz dafür, dass er sie nicht mehr unablässig beobachtete um ihren Eltern Rede und Antwort zu stehen, war, dass er Lorcan nicht von ihr heruntergezerrt hatte, als dieser im Garten seine Zunge in ihre feuchte Mitte geschoben hatte. Dabei hätte sie schwören können, dass sich die Gardine im Obergeschoss im Haus nebenan bewegt hatte. Und er hätte sich nicht von Lorcans Muskeln einschüchtern lassen. Nabil vielleicht aber nicht Skyler Castille!
    „Nein, auch nicht Nabil“, murmelte sie. Er ging nur cleverer vor als ihr Cousin. Während ihr bester Freund die Polizei gerufen und die Hilfeschreie einer Frau gemeldet hätte, wäre Skyler ohne zu zögern mit einem Baseballschläger im Garten aufgetaucht und hätte sich strafbar gemacht. Aber beide Männer hätten am Ende ihr Ziel erreicht: Lorcan von Amy zu trennen. Glücklicherweise war es dazu nicht gekommen. Seit jenem Tag im November verhielten sich beide zuweilen übertrieben beschützend.
    Die Gemeindemitglieder schauten Amy manchmal heute noch mitleidig an. Sie verabscheute diese Blicke! Noch ein Grund mehr, weshalb sie das Supercenter, wie es sich nannte, am gegenüberliegenden Ufer des Mississippi bevorzugte. Anonymität. Keiner der Männer und Frauen, die in diesem Moment um sie herum waren, wusste, dass sie vor zehn Monaten beinahe vergewaltigt worden war, dass sie deswegen kurzzeitig die Kontrolle über ihr Leben verloren und plötzlich selbst vor Gericht gestanden hatte. -
    Selbstverständlich lagen auch hier Cajun-Produkte in den Regalen, aber sie stammten aus großindustrieller Herstellung, während

Weitere Kostenlose Bücher