Flammenzungen
nicht einmal im Fernsehen ansah, der ihr ein Heim gekauft hatte, das geringfügig kleiner war als das Weiße Haus, und der ahnte, was zwischen ihr und seinem Partner vorgefallen war, und ihr dennoch keine Szene machte. Sie zog den Kerl, der keine Eier in der Hose hatte, ihm vor. Lorcan war wie vor den Kopf geschlagen!
Übellaunig eilte er hinaus, denn er verspürte eine große Lust, das Atelier auf der Stelle in Schutt und Asche zu legen.
14. KAPITEL
August dieses Jahres
Waggaman, Skylers Haus
Als Amy ihren Wagen am Straßenrand vor ihrem Shotgun House parkte, da sie keine Garage besaß, traute sie ihren Augen kaum. Lorcan und Skyler saßen auf der Veranda ihres Cousins und zischten ein Budweiser wie zwei alte Kumpels.
Verwundert blieb sie einen Moment im Auto sitzen und stieg erst aus, als die beiden schon komisch guckten. Sie hatte sich langsam von ihrem ansehnlichen, aber zwielichtigen Untermieter zurückziehen wollen. Ausgerechnet jetzt freundete er sich mit ihrer Familie an. Handelte es sich dabei vielleicht um Stufe zwei seines Plans? Erst Amy verführen, dann sich in ihrem Leben ausbreiten, wenn möglich sogar festkrallen?
Lorcan nahm seine nackten Füße von der Balustrade und stand auf. Sein Schaukelstuhl wippte nach. „Lass alles im Kofferraum. Ich trage selbstverständlich den Einkauf rein, Amy“, rief er zu ihr herüber.
„Das kann warten.“ Lächelnd machte Skyler eine Geste, damit er sich wieder hinsetzte. Halb saß, halb lag er in seiner Hängematte. Er hielt seinem Gast seine Flasche hin, eine stumme Aufforderung, mit ihm anzustoßen, was dieser dann auch tat.
Einladend winkte Skyler seine Cousine heran. „Komm, setz dich zu uns. Wer arbeitet, darf auch feiern, schließlich ist Freitagabend. Soll ich dir ein Bud aus dem Kühlschrank holen, oder trinkst du bei Lorcan mit?“
Amy spürte unvermittelt, wie Hitze ihr in die Wangen stieg. Wie viel wusste er von ihr und Lorcan? Was hatte ihr neuer Mitbewohner ihm bloß alles erzählt?
Während sie auf die beiden Männer zuging, fiel ihr auf, wie ähnlich sie sich waren. Sie waren muskulös gebaut, doch Lorcan schien seinen gesamten Körper zu trainieren, ihr Cousin dagegen stemmte nur Gewichte. Seine Hüften waren schmal und seine Beine schlank, langsam bekam er jedoch einen Stiernacken. Seine Arme sahen regelrecht aufgepumpt aus. Mit seinem unproportional großen Bizepsmuskeln und seiner Glatze erinnerte er sie an Popeye, aber das hörte Skyler nicht gern.
Was ihn ihrer Meinung nach attraktiv machte, war das spitzbübische Funkeln in seinen Augen. Manchmal kam er ihr wie ein Junge in einem Männerkörper vor. Unten gut bestückt, aber nur Unsinn im Oberstübchen. Er wusste seine Vorzüge durchaus einzusetzen, aber die Frauen langweilten ihn schnell. Amy versuchte gar nicht mehr sich den Namen seiner neuen Freundin zu merken, wenn er-sie ihr vorstellte.
„Ich muss erst noch erwachsen werden“, pflegte er zu sagen, um dann laut zu lachen, immerhin war er im April dreißig Jahre alt geworden.
Oberflächlich betrachtet waren sich die beiden Männer ähnlich, aber es gab einen gravierenden Unterschied, der Amy bewusst wurde, je näher sie kam. Lorcans Blick trübte eine Düsterkeit, die sie nicht zu deuten wusste. Handelte es sich um Melancholie, um Traurigkeit oder gar Hass? Auf Skyler schien die Sonne zu scheinen, er nahm alles leicht oder tat wenigstens so. Über Lorcan dagegen lag ein Schatten, und Amy wusste nicht, ob dieser jemals wieder verschwinden würde, ob er ihr gefährlich werden konnte, weil er eines Tages aus Lorcan ein Monster machen würde, oder ob Lorcan selbst ein Opfer war.
Lorcan nahm wieder Platz. „Ist alles wieder okay mit deinem Wagen?“
„Mein Auto sprang gestern Abend nach der Arbeit nicht an. Nabil hat mich nach Hause gebracht und heute Morgen zur Werkstatt gefahren“, sagte sie, als müsste sie Skyler erklären, was passiert war, damit er sich keine Sorgen machte. Über den Tag verteilt hatte ihr bester Freund ihr acht SMS geschrieben:
Denk an dich.
Ist dir auch heiß?
Wohnt der Typ noch bei dir?
Essen wir was zusammen in der Mittagspause?
Du bedeutest mir viel.
Du siehst immer nur das Gute in den Menschen.
Pass auf dich auf.
Du bist toll!
Aber sie hatte nur einmal geantwortet, um ihm zu sagen, dass sie mittags in der Verwaltung bleiben und durcharbeiten würde, um früher Feierabend zu machen. Lorcans Bagels hatte sie nicht erwähnt. Irgendwann hatte Nabil es aufgegeben, und ihr Handy war
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