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Flammenzungen

Flammenzungen

Titel: Flammenzungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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verliebt in ihn, aber ein Quäntchen Unsicherheit blieb.
    Er neigte sich zu ihr und dämpfte seine Stimme. „Hier können wir nicht reden.“
    Amy nickte. Er hatte ja recht. Die anderen Besucher der New Orleans Public Library schauten sie bereits ärgerlich an. Aber sie wollte auf jeden Fall an einem öffentlichen Ort mit ihm sprechen, falls das Gespräch hitziger werden sollte. „Lass uns erst einmal rausgehen.“
    Als sie aus dem kühlen Gebäude hinaus ins Freie traten, begann Amy zu schwitzen. Die Temperatur war an diesem Vormittag noch moderat, aber die Luftfeuchtigkeit war heute besonders hoch. Die Aussprache mit Lorcan tat ein Übriges, dass Schweißperlen auf ihre Stirn traten.
    Auf dem Vorplatz blieb sie stehen und drehte sich zu ihm. „Ich weiß alles.“
    Verdutzt, wohl weil sie ausgerechnet hier die Unterredung begann, schaute er stirnrunzelnd in alle Richtungen, zuckte die Achseln und stellte sich vor sie. „Alles? Nicht einmal ich bin voll im Bilde.“
    Wie konnte das sein? Wollte er sich als Opfer darstellen?
    „Du wurdest festgenommen, weil man dich verdächtigte, Kimora Buckley ermordet zu haben.“
    „Ich wurde wieder freigelassen.“
    „Aus Mangel an Beweisen.“
    Er legte seinen Kopf schief. Sein Blick wurde grüblerisch, als würde er sie analysieren. „Vor dem Gesetz bin ich unschuldig.“
    Das bedeutete rein gar nichts. „Die Vorwürfe gegen dich müssen schwer genug gewesen sein, um zu rechtfertigen, dich in Untersuchungshaft zu nehmen.“
    Für einen Moment wirkte er in sich gekehrt. „Ich habe mich benommen wie ein dummer Junge, der noch grün hinter den Ohren ist. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich fähig bin, jemanden zu töten.“
    „Unter gewissen Umständen ist jeder dazu in der Lage.“ Sie erschrak selbst darüber, wie trocken sie das äußerte.
    Er lächelte sarkastisch. „Selbst du, Mrs. Sauber?“
    „In einer Notlage, ja.“ Erinnerungen tauchte vor ihrem geistigen Auge auf.
    Der Unterstand für die Müllcontainer vor der Stadtverwaltung.
    Waggaman im Dämmerlicht eines Novemberabends.
    Das Messer in ihrer Hand, das sie dem maskierten Mann in den Bauch stach.
    Ohne nachzudenken, ohne Reue.
    Sie würde es jederzeit wieder tun! Vielleicht sogar noch weiter gehen.
    Einige Wochen nach dem Überfall war ihr Entsetzen abgeklungen, stattdessen loderte Hass in ihr. Mit offenen Augen hatte sie davon geträumt, die Klinge wieder und wieder in den Angreifer hineinzurammen. Glücklicherweise hatte sie letztes Jahr nicht die Chance dazu bekommen. Sie wüsste nicht, wie sie damit leben sollte, ein Leben ausgelöscht zu haben, nicht einmal wenn es Notwehr gewesen wäre.
    „Wenn ich zurückschaue, erkenne ich mich selbst kaum wieder.“ Nachdenklich rieb er einige Male über seinen gestutzten Kinnbart. Dann schüttelte er den Kopf. „Mir kommt es so vor, als hätte ich mich damals selbst ein Stück weit verloren.“
    So weit, dass er aus Eifersucht getötet hatte ? fragte sie sich. „Ich bin aus meiner Bahn geraten, als ich Kimora auf dem Crescent City Blues and Barbecue Festival plötzlich mit anderen Augen sah. Davor hatte ich sie nur wenige Male getroffen und wenn, dann war sie für mich nur Gavins Freundin und danach seine Ehefrau gewesen. Sie ist nicht wie die meisten Frauen, sie kleidet sich anders, scheint über den Dingen zu stehen, eine Künstlerin eben, die sich nicht anpasst, sondern so ist, wie sie ist, und in sich zu ruhen scheint. Deshalb erkannte ich nicht sofort, wie anziehend sie ist.“ „Dein Geschäftspartner aber schon.“ Ihr Magen krampfte sich zusammen, weil Lorcan von dieser Frau schwärmte. Warum sprach er über sie, als wäre sie nicht tot? War sie in seiner Fantasie immer noch so lebendig, dass er ihr Ableben nicht wahrhaben wollte?
    „Ich habe von fremden Früchten genascht und einen hohen Preis dafür bezahlt.“ Er rümpfte die Nase. „Wahrscheinlich habe ich es sogar verdient, alles verloren zu haben. Aber wegen eines einzigen Fehltritts?“
    „In der Januar-Ausgabe der Times-Picayune stand, dass du Kimora belästigt hättest.“
    Stöhnend raufte sich Lorcan die Haare und setzte sich auf eine Metallbank, von denen insgesamt vier den Weg zur Bibliothek säumten. „Die Zeitungen haben eine Menge Lügen gedruckt. Aber wir hatten weder eine Affäre, noch habe ich sie vergewaltigt, Herrgott noch mal.“
    Amy fragte sich, ob sie die Wahrheit - seine Wahrheit - überhaupt hören wollte. Seine Worte taten ihr weh, dabei hatte sie vor ihm auch

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