Flandry 2: Höllenzirkus
ihr über das Haar und gab beruhigende Laute von sich.
Schließlich fasste sie sich wieder, blickte ihn an und sagte, während sie noch immer würgte und an Schluckauf litt: »Du freust dich darüber, oder?«
»Na, ich kann nicht behaupten, dass es mir leid tut«, gab er zu.
»D-d-d-u wärst lieber tot als …«
»Als ein Sklave zu sein. Tja, Klischee hin oder her, ich fürchte, so ist es.«
Sie blickte ihn eine lange Weile an. »Also gut«, sagte sie schließlich ruhig. »Dann sind wir schon zwei.«
VI
Als die Käfer ihn fanden, hatte er den Ringwall erklommen.
Seine Absicht war, den Flieger zu untersuchen, der hinter dem Kraterrand abgestürzt war. Djana packte unterdessen die Vorräte für den Marsch zusammen. Flandry hoffte, einen Hinweis darauf zu finden, was auf diesem Mond aus dem Ruder gelaufen war. Unter den Gefahren, die ihnen bevorstanden, erschien ihm die Möglichkeit, dass die Flieger, die hoch in der Luft patrouillierten, sich auf ihn stürzen könnten, noch am unwahrscheinlichsten. Vermutlich fand er rechtzeitig eine Höhle, eine Klippe oder einen Felsspalt in der zerklüfteten Kraterwand, ein Versteck, wo sie ihn nicht erreichen konnten. Im Lichte dessen, was das kleine Bordgeschütz unter den Fliegern angerichtet hatte, müsste er sie mit dem Strahler loswerden können, den er an der Hüfte trug, wenn er ihn mit Bedacht auf geringe Distanz einsetzte – es sei denn natürlich, sie riefen so große Verstärkung herbei, dass der Waffe die Energie ausging.
Es passierte jedoch nichts. Als Flandry den gesamten Empfangsbereich des Funkgeräts in seinem Raumanzug durchging, fand er einen Kanal, der moduliert war: Klicks mit Pausen dazwischen, ein Code, der so schnell abgespult wurde, dass er in seinen Ohren fast wie ein endloses Wehklagen klang, hoch und nichtmenschlich. Flandry fühlte sich versucht, einige Bemerkungen auf diesem Frequenzband zu senden, beschloss aber, nicht unnötig Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. So hoch, wie die Flieger kreisten, war er für sie vielleicht unsichtbar.
Im übrigen Funkspektrum herrschte Schweigen bis auf das Zischen und Knistern der kosmischen Störungen, und auch die Welt war still bis auf das Klagen des Windes ringsum, das Knirschen des Schnees und das Klappern von Steinen, wohin sein Fuß trat, das Geräusch seines Atems und seines Herzschlages. Der Kraterboden bestand aus Fels, Eis, Schneewehen und Nebel, die ein Licht zurückwarfen, welches trübe war und Flandry dennoch mit Ultraviolettstrahlen verbrannt hätte, wäre es nicht von der Helmscheibe gefiltert worden. Zerfaserte Wolken zogen an fremden Sternbildern und Regins turbulentem Angesicht vorüber. Vor Flandry erhob sich schroff der Ringwall.
Das Klettern fiel ihm nicht besonders schwer. Die Erosion hatte für zahlreiche Tritt- und Griffmöglichkeiten gesorgt; obwohl ihn sein gepanzerter Raumanzug belastete, wog Flandry unter der geringen Schwerkraft Wielands weniger als nackt an Terras Oberfläche. Rasch gewöhnte er sich an das veränderte Verhältnis von Gewicht und Massenträgheit und mit einer Leichtigkeit, die ganz unbewusst gewesen wäre, hätte er sich nicht daran erinnert, dass es Djana einige Schwierigkeiten bereitete und sie daher beide verlangsamen mussten. Neben der Notwendigkeit, immer wieder einen nervösen Blick gen Himmel richten zu müssen, bereitete ihm die Unzulänglichkeit seines Lufterneuerers und des Thermostaten das größte Ungemach. Ihm war schon bald so heiß, dass er schwitzte, und Gestank umhüllte ihn.
Das muss ich vor dem Aufbruch unbedingt noch in Ordnung bringen!, dachte er. Und der Wartungsmannschaft mache ich die Hölle heiß, wenn – falls ich zurückkommen sollte. Augenblicklich verließ ihn der Mut: Aber was soll’s? Die Leute sind nachlässig, weil die höheren Dienstgrade unfähig sind und es dem Imperium mittlerweile egal ist, ob es diesen Teil der Marken halten kann … Als Großvater noch lebte, hielten wir fest, was uns gehörte, meistens jedenfalls. Während Vaters Zeit wurden ›Festigung der Positionen und Beschwichtigung‹ zum Schlagwort, was faktisch Rückzug bedeutet. Sind meine Tage mein ganz persönliches bisschen Tageslicht zwischen zwei endlosen Dunkelheiten – steht die Lange Nacht schon bevor?
Er biss die Zähne zusammen und kletterte energischer weiter. Nicht, wenn es nach mir geht!
Die Käfer kamen.
Sie hüpften hinter Felsen und Eisblöcken hervor, zwanzig oder mehr waren es, und strömten auf ihn zu. Etwa dreißig
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