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Flandry 2: Höllenzirkus

Flandry 2: Höllenzirkus

Titel: Flandry 2: Höllenzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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erfolgten ebenso wie die Lektüre eines Textes oder das Anschauen eines Filmes über den Linguistikcomputer, der zahlreiche unbenutzte Kanäle besaß und eine visuelle Übersetzung ebenso mühelos ausgab wie eine gesprochene. Allerdings brachte man ihr systematisch Alltagseriau bei, und parallel dazu erhielt sie eine Einführung in merseianische Geschichte und Kultur.
    Sie kooperierte bereitwillig. Die letzte Entscheidung über ihren Fall lag bei Vorgesetzten, von denen sie nicht einmal gehört hatte. Selbst im schlimmsten Fall würde ihr wahrscheinlich kein Leid geschehen – immerhin hatte sie einen Prinzen von Geblüt auf ihrer Seite – und im besten … nun, wer wagte da schon eine Prognose? Wie auch immer, durch ihre Weiterbildung war sie wenigstens beschäftigt. Und je mehr Fortschritte Djana machte, desto mehr begann das Thema sie zu interessieren und schließlich in seinen Bann zu schlagen.
    Merseia, Rivale, Aggressor, Unruhestifter, Bedrohung jenseits von Beteigeuze: Djana hatte die Phrasen genauso hingenommen wie jeder und nie innegehalten, um über sie nachzudenken. O ja, die Merseianer waren schrecklich, aber sie lebten weit entfernt, und die Navy hielt sie auch dort, während das diplomatische Korps einen unsicheren Frieden bewahrte, und außerdem hatte Djana immer ihre eigenen Sorgen gehabt.
    Sie lebte hier zwischen Wesen, die sie mit einer barschen Freundlichkeit behandelten. Sobald man sie näher kennen lernt, dachte Djana, sind sie … Sie besaßen eine Heimat und Verwandte wie Menschen, und sie vermissten beides wie Menschen; sie hatten Kunst, Musik, Sport, Spiele, Humor, kleinere Laster, doch man musste natürlich ihre Konventionen kennen, ihren gesamten Denkstil, bevor man das würdigen konnte … Sie wollten keinen Krieg mit Terra; sie sahen das Imperium nur als aufgedunsene, kranke Monstrosität, die ihre Nützlichkeit längst überlebt hatte, aber mit seniler Verschlagenheit alles daran setzte, sie zu behindern und zu bedrohen … Nein, sie träumten keineswegs von der Eroberung der Galaxis, denn schon der schiere Gedanke war absurd, aber sie verlangten nach der Freiheit, umherzustreifen und ungebunden zu herrschen, und dieses ›herrschen‹ bedeutete keineswegs Tyrannei über andere, es hieß lediglich, dass andere der vollen Entfaltung des Geistes nicht im Wege stehen sollten, welcher der Rasse gemein war …
    Ein Geist, der vielleicht oft hart und schroff war, aber letzten Endes grundehrlich und von einer Urteilsstrenge beherrscht, die nach dem psychischen Gestank dessen, was Djana kannte, wie eine frische Meeresbrise wirkte; weder abgestumpft noch wurzellos, sondern die Hand nach der Unendlichkeit und einem Gott jenseits der Unendlichkeit ausstreckend – ein Geist, tief im Bewusstsein der Blutsverwandtschaft verankert, dem Heldengedächtnis der Ahnen, Symbolen der Tapferkeit, des Stolzes und des Opfermutes … Djana fand es bezeichnend, dass der Häuptling eines Vachs – der nicht ganz einer Sippe oder einem Klan entsprach – nicht dessen Kopf, sondern seine Hand genannt wurde.
    Waren die Menschen, die Merseia dienten, wirklich Verräter an allem, dem Djana Loyalität schuldete?
    Doch nicht diese behäbige Verwunderung bewirkte, dass die greifbare Welt von ihr zurückzuweichen schien. Ydwyr der Sucher und seine Zauberkunst waren es; und womöglich hatte er sie dazu angeregt, zum ersten Mal Fragen zu stellen.
    Zunächst hatte auch Ydwyr nur mit ihr gesprochen. Sein Interesse an ihrer Vorgeschichte, ihren Erfahrungen, Gewohnheiten und Ansichten war in streng wissenschaftlichem Gewand erschienen. In der Regel trafen sie sich unter vier Augen in seinem Büro. »Dann brauche ich kein Neffe des Roidhuns zu sein«, erklärte er ironisch. Furcht durchfuhr Djana eine Sekunde lang. Er blickte sie wissend an und fügte hinzu: »Niemand hört unseren Übersetzerkanal ab.«
    Sie nahm all ihren Mut zusammen und sagte: »Der Qanryf …«
    »Wir hatten unsere Differenzen«, entgegnete Ydwyr, »doch Morioch ist ein Ehrenmann.«
    Sie dachte nach: Wie viele imperiale Offiziere würden in vergleichbarer Situation wagen, auf Vorkehrungen gegen Abhören und Erpressung zu verzichten?
    Ydwyr hatte einen Menschenstuhl für Djana bauen lassen und reichte ihr bei jeder Konversation ein Glas Arthbeerenwein. So dauerte es nicht lange, und sie freute sich auf die Sitzungen und wünschte, Ydwyr hätte anderweitig weniger zu tun. Er musste seine Mitarbeiter vor Ort koordinieren und die Daten begutachten, die sie

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