Flandry 2: Höllenzirkus
ein Donnern. Der Vulkan hatte sich geräuspert. Rauchwölkchen stiegen auf.
Doch die Domrath kamen. Flandry konzentrierte sich auf sie.
Auf Talwin hatte das Leben den gleichen allgemeinen Verlauf genommen wie auf den meisten terrestroiden Planeten. Aber natürlich gab es Unterschiede; alles andere wäre eine Überraschung gewesen. Während das Gewebe prinzipiell aus L-Aminoproteinen in wässriger Lösung wie bei Flandry oder Cnif aufgebaut war, wurden in der Regel linksdrehende Zucker metabolisiert. Ein Mensch konnte von einheimischem Essen leben, wenn er die giftigen Abarten vermied, aber er musste die Nahrungsergänzungskapseln nehmen, die die Merseianer hergestellt hatten.
Jedenfalls war die allgegenwärtige Trennung in photosynthetisierende Pflanzen und Sauerstoff atmendes Tier aufgetreten, und die größeren Tiere besaßen Skelette, deren Grundstruktur Flandry vertraut war; sie hatten vier Gliedmaßen und paarweise angeordnete Augen und Ohren. Im Vergleich zu vielen anderen Sophonten sahen die Domrath eigentlich recht heimelig aus.
Sie waren Zweibeiner mit vierfingrigen Händen und grob anthropoiden Umrissen, sah man von den proportional längeren Beinen und den riesigen, klauenbewehrten, dicksohligen Füßen ab; Letztere brauchten sie im Frühjahr in den Sümpfen und während des Sommers auf dem Ortstein. Die kahle Haut war bläulich und mit braunen und schwarzen Tupfen gescheckt, die grelle Farben annahmen, wenn die Paarungszeit näher rückte. Die Köpfe erinnerten schwach an Elefanten: rund, Knopfaugen, große aufgestellte Ohren, die auch als Kühlfläche fungierten, und ein kurzer Rüssel, der als Chemosensor und in Flutzeiten zusätzlich als Schnorchel diente, dazu bei den Männern kleine, abwärts gekrümmte Stoßzähne. Die Leute trugen nur Lendenschurze und grobe, aus Stroh gewebte Umhänge, die ›Insekten‹ fern halten sollten, Halsketten und anderen Schmuck aus Knochen, Muscheln, Horn, Zähnen und gefärbtem Ton. Einige ihrer Werkzeuge und Waffen bestanden aus Bronze, andere waren unpassend altsteinzeitlich.
Das alles nahm Flandry rasch auf. Und während ihre Größe beträchtlich war – erwachsene Männer ragten mehr als zwei Meter auf und maßen hundert Kilogramm und mehr, während die Frauen noch größer waren –, wirkte sie nicht überwältigend. Sie hatten zwei Geschlechter und brachten lebende Junge zur Welt. Dennoch waren sie keine Säugetiere; die Mutter fütterte die Neugeborenen, indem sie ihnen vorverdaute Nahrung erbrach. Die Domrath waren wechselwarm, arbeiteten nun aber auf einer höheren Umsatzrate als jedes terranische Reptil. Auch das war nichts Unerhörtes.
Dennoch, überlegte Flandry, bildete unter den auf Talwin herrschenden Temperaturextremen gerade die Wechselwärme die Grundlage ihrer Einzigartigkeit. Denn wenn die Energie, die man hatte, ja die Intelligenz selbst eine Funktion der Temperatur war; wenn man nicht nur nachts schlief, sondern zwei Drittel seines Lebens im geisterhaften, halb träumenden Zustand des Winterschlafs zubrachte …
Ungefähr zwanzig waren gekommen, um die Xenologen zu begrüßen, und zahlreiche Junge hatten sich ihnen angeschlossen. Die Erwachsenen marschierten in schwerfälliger Würde, doch viele trugen Lasten auf den Rücken geschnallt; hinter ihnen sah Flandry weitere Domrath, die ihre Arbeit fortsetzten, Sachen packten und Bündel auf Tragestangen luden oder Häuser fegten und schmückten, die schon bald verlassen sein würden.
Das Begrüßungskomitee blieb einige Meter entfernt stehen. Der Anführer hob den Rüssel, während er die Axt sinken ließ. Aus seinem Mund drangen Laute, die ein menschlicher Gaumen unmöglich reproduzieren konnte. Aus dem Funkgerät hörte Flandry die Stimme des Computers. »Hier sind die Kochenden Quellen. Ich bin« – keine Übersetzung verfügbar, doch der Name klang wie G’ung –, »der dieses Jahr für unseren Stamm spricht.« Ein Kommentar merkte an, dass ›Stamm‹ (Maddeuth im Eriau, was an sich schon keine sehr enge Entsprechung zu dem anglischen Wort besaß, in das Flandry es übertrug) tatsächlich eine diskutable Übertragung des Lautes sei, den G’ung gemacht habe, jedoch genügen müsse, bis weitere Untersuchungen tiefere Einblicke in seine Gesellschaft gewähren würden. »Wieso seid ihr gekommen?«
Die Frage war nicht feindselig gemeint, die Unterlassung eines Willkommensgrußes ebenso wenig. Die Domrath waren gesellig und, obwohl sie bei Bedarf tapfer kämpften, unkriegerisch; sie waren
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