Flandry 2: Höllenzirkus
Merseianer sind nicht schlecht, bis auf einige. Wir wollen dich vor ihnen retten. Wenn nur … du …« Ihre Stimme klang undeutlich und ungleichmäßig. »Verschwinde, Liebster. Ehe es zu spät ist. Ich möchte mich an dich erinnern … wie du warst … Gott schütze dich!«, heulte sie auf und trennte die Verbindung.
Flandry stand lange Zeit einfach nur da, bis Cnif ihn fragte: »Was ist, Dominic?«
»Äh, khraich, eine komplizierte Geschichte.« Flandry rang um Fassung, und schließlich keimte Wut auf. Nein! Auf keinen Fall werde ich mich widerstandslos unter ihren Hirnausleser legen! Und ich werde mir auch nicht still die Kehle durchschneiden oder in die Berge fliehen, um dort langsam zum Eiszapfen zu werden. Tief in ihm stöhnte ein Kind aus Angst vor der alles verschlingenden Finsternis, doch der Verstand behielt die Oberhand. Wenn sie mich und mein persönliches Universum abwickeln wollen, dann sollen sie teuer für das Vergnügen bezahlen, bei Judas!
»Dominic, sind Sie noch da?«
»Jaja.« Flandrys Kopf war klar geworden wie der Winter. Er brauchte sie nur aufzurufen, und Ideen und Informationen sprangen hervor. Noch waren nicht alle Karten im Spiel. So gut wie jede, richtig, und die beiden in seiner Hand waren eine Zwei und eine Vier, aber sie waren von der gleichen Farbe, und damit war noch immer ein Straight Flush möglich.
»Jaja. Ich habe nur über das nachgedacht, was sie mir gesagt hat, Cnif. Dass sie entschieden hat, zum Roidhunat überzulaufen.« Das war nicht zu verkennen, und die Krokoschwänze müssen es ebenfalls bemerkt haben; also schade ich ihr nicht, wenn ich es ausspreche. Aber mehr werde ich nicht sagen. Sie dürfen nicht wissen, dass sie versucht hat, mir das Schlimmste zu ersparen. Sollen sie glauben, dass die Neuigkeit ihres Verrats unter Ydwyrs Einfluss mich vom Hocker gehauen hat. Kein Gedanke an Dankbarkeit oder Zuneigung, Junge; du brauchst jeden Trumpf, den du halten kannst, und vielleicht ist Djana der entscheidende. »Sie werden verstehen, dass ich … dass ich bestürzt bin. Ich bin hier nicht weiter von Nutzen. Sie kommen sowieso bald zurück. Ich gehe ein Stück und … na, ich werde ein bisschen nachdenken.«
»Kommen Sie nur«, lud Cnif ihn freundlich ein. »Ich werde Sie in Ruhe lassen.«
Cnif konnte nicht bedauern, dass seine Seite eine Agentin gewann; doch er konnte merken, oder glaubte zu merken, dass Flandry unter patriotischem Schmerz litt. »Danke«, sagte der Terraner und grinste.
Er machte sich auf den Rückweg. Seine Stiefel stapften über den gefrorenen Boden; gelegentlich trat er einen Stein klickernd ins Tal, oder er glitt auf einer gefrorenen Pfütze aus und stürzte beinahe. Die Dunkelheit senkte sich überall hinab, nur da nicht, wohin die einsame Lanze seiner Taschenlampe schwankend durch die Dämpfe stach und sie wie Rauch erscheinen ließ. Die Kälte bemerkte er nicht mehr; dazu war er viel zu sehr damit beschäftigt, den nächsten Schritt zu planen.
Cnif würde die anderen natürlich davon unterrichten, dass der Terraner nicht auf sie wartete. Daraufhin würden sie sich trotzdem nicht beeilen, ihm zu folgen. Wohin konnte er schon gehen? Cnif würde seinem bestürzten Bekannten einen steifen Drink einschenken. Im Bus gab es keine größere Abgeschiedenheit, als ein vorgezogener Vorhang sie bot. Man konnte erwarten, dass Flandry seine Koje aufsuchte, um dort vor sich hin zu brüten.
Der schwarze Umriss des Fahrzeugs strahlte ein diffuses gelbes Licht aus. Es fiel auf die Herbsthütten der Domrath, deren unsolides Balkenwerk schon einstürzte. Aus dem vorderen Teil des Busses blickte besorgt Cnifs flaches Gesicht. Flandry löschte die Taschenlampe und ging auf alle viere. Er tastete umher und fand einen Stein, der bequem in seine Hand passte. Dann stand er wieder auf, ging unbefangen weiter und passierte die Thermoschleuse, die in dieser Nacht die Kälte draußen hielt.
Die Wärme im Bus traf Flandry mit tropischer Gewalt. Cnif wartete auf ihn, wie erwartet ein Glas in der Hand, und um seinen Mund spielte ein unsicheres Lächeln. »Hier«, sagte er in der schlichten Art eines Kolonialmerseianers und schob Flandry den Alkohol entgegen.
Der Terraner nahm das Glas und stellte es auf ein Regal. »Ich danke Ihrer Höflichkeit«, sagte er in formellem Eriau. »Würden Sie mit mir trinken? Ich brauche Gesellschaft.«
»Nun … ich bin im Dienst … kh-h-h, ja. Was soll uns hier schon zustoßen. Ich hole mir etwas, während Sie Ihren Anzug ausziehen.«
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