Flandry 2: Höllenzirkus
du einen strategisch wichtig gestellten Terraner dazu bringen müsstest, dich zu seiner Geliebten oder Ehefrau zu machen. Nur zu weit auseinander liegenden Momenten hättest du Kontakt zu deiner Organisation. Die Risiken sind geringer als die, welche du regelmäßig einzugehen hattest, bevor du hierher gekommen bist; die materiellen Belohnungen beträchtlich.« Er wurde ernst. »Die eigentliche Belohnung für dich, meine Beinahe-Tochter, liegt jedoch in dem Dienst selbst und dem Wissen, dass dein Name in die Geheimen Gebete eingeschlossen wird, solange die Vach Urdiolch bestehen.«
»Du denkst also, ich sollte zustimmen?«, stieß Djana hervor.
»Ja«, antwortete Ydwyr. »Die sind nur halb am Leben, deren Leben keinen Sinn hat, der über sie selbst hinausreicht.«
Das Interkom trällerte. Ydwyr murmelte etwas Ärgerliches und erteilte ihm den Befehl, still zu sein. Es trällerte zweimal rasch hintereinander. Ydwyr verspannte sich. »Dringender Anruf«, sagte er und schaltete es ein.
Cnif hu Vandens Bild erschien auf dem Schirm. »Dem Datholch entbiete ich meine Hochachtung. Er wäre nicht gestört worden, wenn dies nicht seine sofortige Aufmerksamkeit erfordern würde. Wir haben einen Boten von den Kochenden Quellen empfangen.« Djana erinnerte sich daran, wie rasch ein Ruad vorankam, wenn ihn keine Lasten oder Angehörigen aufhielten.
»Khr-r-r, sie müssten sich momentan wieder dort niederlassen.« Ydwyrs Schwanzspitze, die unter seiner Robe hervorlugte, zitterte. Das war das Einzige, was seine Aufregung verriet. »Wie lautet die Nachricht?«
»Er wartet noch auf dem Hof. Soll ich dem Datholch eine direkte Verbindung schalten?«
»Ja.«
Djana dachte, dass ein Mensch zunächst eine Besprechung anberaumt hätte. Menschen ging die merseianische Kühnheit ab.
Dem Gespräch zwischen Ydwyr und dem otterähnlichen Wesen, das draußen im Schnee stand, konnte sie nicht folgen. Der Wissenschaftler benutzte einen Vokalisator, um die Sprache des Boten zu sprechen. Nachdem der Bildschirm sich wieder verdunkelt hatte, saß Ydwyr noch lange davor, und seine Schwanzspitze prügelte den Fußboden.
»Kann ich helfen?«, wagte Djana endlich zu fragen. »Oder soll ich gehen?«
»Shwai …« Er bemerkte sie. »Khr-r-r.« Nachdem er nachgedacht hatte: »Nein, ich kann es dir ruhig sagen. Du würdest so oder so bald davon hören.«
Sie wappnete sich. Ein merseianischer Aristokrat kannte keine Furcht. Dennoch schlug ihr das Herz bis zum Hals.
»Eine Botschaft vom Häuptling dieser Gemeinde«, sagte Ydwyr. »Eigenartig: Den Ruadrath sieht es gar nicht ähnlich, mehrdeutige Phrasen zu verwenden, und der Kurier hat sich geweigert, näher auszuführen, was er auswendig gelernt hatte. Soweit ich verstanden habe, sind sie auf Dominic Flandrys gefrorenen Leichnam gestoßen.«
Dunkelheit zog vor ihr vorbei. Irgendwie blieb sie auf den Beinen.
»So muss es sein«, fuhr Ydwyr fort und blickte finster an die Wand. »Die Beschreibung passt zu einem Menschen, und welcher andere Mensch könnte es sein? Aus irgendeinem Grund weckt der Fund bei ihnen keine Verwunderung, sondern Misstrauen gegen uns – als ob der Fund von etwas, wovon wir ihnen nichts gesagt haben, ihnen zeigt, dass wir unsere eigenen Pläne mit ihnen haben könnten. Der Häuptling verlangt, dass ich komme und mich ihm erkläre.«
Er zuckte mit den Schultern. »So sei es. Ich hätte der Angelegenheit ohnehin meine persönliche Aufmerksamkeit geschenkt. Die Schwierigkeiten müssen beigelegt, die Auswirkungen auf ihre Gesellschaft minimiert werden; gleichzeitig werden wir vielleicht etwas Neues erfahren, indem wir diese Auswirkungen studieren. Ich fliege morgen mit …« Er schaute Djana erstaunt an. »Djana, du weinst ja.«
»Verzeih«, sagte sie in ihre Hände. Die Tränen schmeckten salzig. »Ich komme nicht dagegen an.«
»Du wusstest, dass er tot sein muss, dass er den reinen Tod erlitten hat, in den du selbst ihn geschickt hast.«
»Ja, aber … aber …« Sie hob den Kopf. »Nimm mich mit«, bat sie.
»Haddoch? Nein. Unmöglich. Die Ruadrath würden dich sehen und …«
»Und was?« Sie kniete vor ihm nieder und hielt sich an seinem Schoß fest. »Ich möchte mich verabschieden. Und ihn … beerdigen … christlich … so gut ich kann. Verstehst du das nicht, Herr? Er wird hier ewig allein liegen.«
»Lass mich nachdenken.« Ydwyr saß reg- und ausdruckslos da, während Djana versuchte, ihr Schluchzen zu unterdrücken. Am Ende lächelte er, strich ihr erneut
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