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Flandry 4: Ehrenwerte Feinde

Flandry 4: Ehrenwerte Feinde

Titel: Flandry 4: Ehrenwerte Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Verachtung oder nur Hass?
    Die Seevölker von Nyanza waren fast ausnahmslos afrikanischer Abstammung, was bedeutete, dass etwa drei Viertel ihrer Vorfahren schwarz gewesen waren, als mehr oder weniger ›reine‹ Rassen noch existierten. Auf einer Welt unter einem weitaus grelleren Licht als irgendwo auf der Erde, das zudem überall vom Wasser reflektiert wurde, hatte sich die dunkle Hautfarbe vollkommen durchgesetzt: Nicht ein Nyanzaner außerhalb der Stadt auf Altla war weißer als das Kreuz-As. Andere Gene wurden recht freizügig ausgetauscht – krauses Haar, breite Nase und volle Lippen waren die Regel, aber es gab sehr viele Ausnahmen. Tessas Haar bildete eine weiche, dicht gelockte Kappe um die Ohren; ihre Nasenflügel im breiten, von wulstigen Brauen überschatteten Gesicht waren gebläht, die Nase jedoch adlerhaft. Hätte der Ausdruck des angeborenen Hochmuts gefehlt, es wäre ein wunderschönes Gesicht gewesen. Davon abgesehen war sie sogar noch umwerfender: fast so groß wie Flandry, mit vollen Brüsten, schmaler Taille und muskulös wie eine Siamkatze. Sie trug nur das goldene Medaillon ihres Ranges auf der Stirn, einen Gürtel mit einem Messer und auf dem Rücken das unvermeidliche Tauchgerät … wodurch einiges zu bewundern frei blieb. Doch selbst als sie in Federn, Kleid und Regenbogenumhang den Sitz des Residenten betrat, war sie ein Traum auf Beinen gewesen.
    Allerdings, dachte Dominic Flandry, kann man das Wort ›umwerfend‹ auf zwei Weisen verstehen. Bei der Lichtherrin von Klein-Skua werde ich auf keinen Fall einen Annäherungsversuch machen.
    Vorsichtig erkundigte er sich: »Woher stammen die Techniker?«
    »Ach, die.« Die Andeutung eines höhnischen Lächelns zuckte um ihren roten Mund. »Nun, seht Ihr, die Erstankömmlinge siedelten auf Altla, doch als mehr Leute nachkamen, wurde es ein wenig eng; deshalb begannen sie das Meer zu befahren. Das Leben dort war so viel besser, dass bald kaum einer mehr an Land arbeiten wollte. Und kaum war Platz – ai-hai! –, wimmelte es dort von erdeliebenden Männern und ihren Weibern. Die meisten kamen zufällig von Nova Germania. Als wir genug von ihrer Art hatten und wussten, dass sie sich fortpflanzten, schlossen wir die Schleuse, denn sie wagen es nicht, als Matrosen zu arbeiten, weil ihre Haut dann krank wird, und auf Altla ist nicht viel Platz.«
    »Ich hätte angenommen, sie hätten große Macht auf diesem Planeten, da sie die lebenswichtigen Raffinerien besitzen und …«
    »Nein, Captain. Altla und alles darauf ist gemeinsamer Besitz der wahren nyanzanischen Nationen. Die Techniker sind nur Mietlinge. Doch fürwahr, mit Geld umgeben können sie, und sie haben größere Bankkonten als manch ein Skipper. Deshalb verbieten wir ihnen den Besitz von Schiffen.«
    Flandry schaute an sich herab. Er hatte die Einheitskleidung der verachteten Klasse gemieden und sich langärmlige Uniformhemden, weite Hosen, Zori und Schärpen eingepackt; auf seinem Kopf saß die Flügelmütze mit dem Sonnenaufgangsemblem des Imperiums. Dennoch konnte er die offensichtliche Tatsache nicht abstreiten, dass seine Kultur eher landrattig als pelagisch war. Und ein kaiserlicher Agent wurde zwar oft gehasst, aber er durfte niemals zulassen, dass man ihn verabscheute. Deshalb zog Flandry eine Braue hoch (spöttische Miene Nr. 22-C, dachte er) und sagte schleppend:
    »Verstehe. Da die Techniker intelligenter sind, befürchten Sie, dass ihnen am Ende jedes einzelne Schiff auf diesem Planeten gehört.«
    Er konnte nicht sehen, ob sie unter ihrer glatten schwarzen, schweißglänzenden Haut errötete, aber sie entblößte die Zähne, und eine Hand klatschte auf den Messergriff. Flandry hatte den Eindruck, dass es nur eines Zeichens an ihre Besatzung bedurfte, und er würde den Meeresgrund näher kennenlernen, als ihm lieb war. Schließlich rief sie aus: »Ist es neuerdings Mode auf Terra, seine Gastgeberin zu beleidigen? Sehr gut wisst Ihr, dass es keine Frage von angeborenem Verstand ist, sondern von Geschick. Die Landratten werden von klein auf erzogen, mit Geld umzugehen. Aber wie viele von ihnen kommen mit der Takelage zurecht – oder können auch nur die Leinen benennen? Vermögt Ihr es?«
    Flandrys Unfairness war berechnet gewesen. Das Gleiche galt nun für seine Weigerung, ihre Frage direkt zu beantworten. »Nun«, sagte er, »das Imperium ist bemüht, lokales Gesetz und Brauchtum zu respektieren. Nur die unzivilisiertesten Praktiken werden nicht toleriert.«
    Das traf sie.

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