Flandry 4: Ehrenwerte Feinde
verwegen.«
Erneut hatte er Grund, den verabscheuten Stunden zu danken, die er mit Gymnastik und Judotraining verbrachte, damit sein Körper seine Reaktionsschnelligkeit nicht verlor. Als die Tore sich öffneten – Gutchluk hatte sie über sein Funkgerät angekündigt –, sprang Flandry wieder auf sein Varyak und tuckerte unter dem ehrfürchtigen Blick des Wächters hindurch.
Der Garten bestand aus Fels, geschwungenen Brücken, Zwergbäumen und mutierten Flechten. Auf Altai gediehen nur wenige terranische Pflanzen. Flandry begann, die Trockenheit in seiner Nase und Kehle zu spüren. Die Luft raubte ihm die Feuchtigkeit genauso gierig wie die Wärme. Für die Heizung im Palast war er dankbarer, als er zugeben wollte.
Ein weißbärtiger Mann mit pelzbesetzter Robe verbeugte sich tief vor ihm. »Der Kha-Khan heißt Sie willkommen, Orluk Flandry«, sagte er. »Er wird Sie sofort empfangen.«
»Aber die Geschenke, die ich bringe, sind noch …«
»Das ist jetzt nicht wichtig, gnädiger Herr.« Der Haushofmeister verneigte sich erneut, drehte sich um und führte Flandry durch überwölbte Gänge, deren Wände mit Gobelins behangen waren. Es war sehr still: Diener huschten flüsternd umher; Palastwächter mit modernen Strahlern standen starr in Lederjacken mit Drachenköpfen und Helmen mit Schutzbrillen, und in Dreifüßen qualmte bitterer Weihrauch. Das ganze ausgedehnte Haus schien sich wachsam zu ducken.
Ich könnte mir vorstellen, dass ich sie etwas aus dem Konzept gebracht habe, dachte Flandry. Da haben sie hier ihre schnucklige kleine Verschwörung – mit Wesen, vermute ich doch sehr, die geschworen haben, Terra in Schutt und Asche zu legen –, und plötzlich, zum ersten Mal seit fünf- oder sechshundert Jahren, taucht ein terranischer Offizier auf. Ja-woll.
Was also werden sie als Nächstes tun? Sie sind am Zug.
III
Oleg Yesukai, Kha-Khan aller Stämme, war größer als die meisten Altaianer und hatte ein langes, scharfgeschnittenes Gesicht mit einem steifen, rötlichen Bart. Er trug Goldringe, eine dicht bestickte Robe sowie eine Pelzkappe mit silberner Bordüre mit dem Fluidum ungeduldiger Konzession an ermüdendes Brauchtum. Die Hand, die Flandry kniend an seine Stirn führte, war hart und kräftig; die Pistole an der königlichen Taille hatte Einsatz erlebt. In der privaten Audienzkammer hingen rote Vorhänge; Einlegearbeiten zierten die Wände, und grotesk anmutende Schnitzereien verzierten die Möbel; darin stand jedoch auch ein ultramodernes beteigeuzisches Visifon und ein Schreibtisch, der unter offiziellen Dokumenten kaum zu sehen war.
»Setzen Sie sich«, sagte der Khan. Er ließ sich auf einem Stuhl mit niedrigen Beinen nieder und öffnete eine Zigarrenkiste aus geschnitzten Knochen. Eine Art Lächeln krümmte seinen Mund. »Jetzt, wo wir endlich meine ganzen verdammten törichten Hofschranzen los sind, brauchen wir nicht mehr so zu tun, als wären Sie ein Vasall.« Er nahm eine lange, krumme purpurne Zigarre aus der Schachtel. »Ich würde Ihnen gern eine anbieten, aber Sie könnten davon krank werden. Nach über dreißig Generationen mit altaischem Essen hat sich unser Stoffwechsel wahrscheinlich ein bisschen verändert.«
»Euer Majestät sind zu gütig.« Flandry entzündete eine eigene Zigarette und entspannte sich, soweit es sein geradlehniger Stuhl gestattete.
Oleg Khan stieß die pikante Verwünschung eines Viehzüchters hervor. »Gütig? Mit fünfzehn Jahren war mein Vater noch ein Gesetzloser in der Tundra.« (Er sprach von Ortsjahren, die um ein Drittel länger waren als die Revolutionen Terras. Altai trennte ungefähr eine Astronomische Einheit von Krasna, aber die Sonne war masseärmer als Sol.) »Mit dreißig eroberte er mit fünfzigtausend Kriegern Ulan Baligh und setzte den alten Tuli Khan nackt im arktischen Schnee aus: damit er kein königliches Blut zu vergießen brauchte, Sie verstehen. Aber leben wollte er hier nie, und alle seine Söhne wuchsen im Ordu auf, im Lager, so wie er, führten Krieg gegen die Tebtengri und meisterten außerdem Lesen und Schreiben und die Naturwissenschaft. Machen wir uns keine Gedanken um Güte, Orluk Flandry. Ich hatte nie Zeit, welche zu lernen.«
Der Terraner wartete ab. Es schien Oleg durcheinander zu bringen, denn er rauchte eine Minute lang kurze, wilde Züge, dann beugte er sich vor und fragte: »Nun, warum lässt sich Ihre Regierung endlich herab und nimmt uns wahr?«
»Euer Majestät, ich stand unter dem Eindruck«,
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