Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo
Schläger, der sich irgendwann in seinem Leben mit dem Rechnen befasst hatte, dass bei der Wette die Chancen etwa fünfzig zu eins für Dominic standen. Doch da war Dominic bereits fort.
Er verließ das Haus nach Sonnenuntergang. Der Regen fiel in Strömen von einem unsichtbaren Himmel, brüllte auf der Fläche des Kanals und löschte Laternen aus. Ein Rennboot wartete auf Dominic, an Bord Pradjung, Mandau und die Truhe mit dem Silber. Dominic küsste Sumu die ungeschnittenen Zehennägel und stieg ein. Das Boot glitt in die Dunkelheit davon.
Mehrere Tage zuvor hatte Dominic eine Route aus der Stadt vorgeschlagen, die nach seinen Worten am ungefährlichsten sei. Sumu hatte ihm grinsend entgegnet, er solle beim Märchenerzählen bleiben. Dominic beharrte jedoch so sehr auf seinem Vorschlag, dass Sumu sich gezwungen sah, ihn in allen Einzelheiten auszuführen, weshalb der Weg über den Kanal der Brennenden Fackel und dann über den See erheblich weniger Aufmerksamkeit erregen würde.
Nun, als das Boot in die Nähe der Brücke Wo Amahai Weinte glitt, sagte Dominic höflich: »Verzeihung.« Er griff ins Cockpit und schaltete Motor und Scheinwerfer ab.
»Was bei allen Höllen …!« Pradjung sprang auf. Dominic schob das Kanzeldach zurück. Regen prasselte warm und schwer auf sie hernieder. Das Boot kam schlitternd zum Stehen.
Pradjung griff nach der Pistole, die Sumu ihm geliehen hatte. Dominic, ängstlicher Spinner von Garnen, duckte sich jedoch nicht wie erwartet. Die Hackbewegung seiner Hand folgte augenblicklich. Eine harte Handkante traf Pradjungs Gelenk. Die Waffe fiel klappernd ins Boot.
Das Boot trieb langsam unter die Brücke Wo Amahai Weinte. Jemand sprang vom Brückenbogen. Das Deck donnerte unter dem Aufprall eines Gorillas. Mandau knurrte und versuchte, den Eindringling zu packen. Kemul der Straßenräuber wischte seine Arme beiseite, legte sich Mandau übers Knie, brach ihm den Rücken und warf ihn über Bord.
Pradjung hatte ein Messer gezogen. Von unten stach er nach Dominics Bauch. Doch Dominic war überhaupt nicht mehr dort, wo er gestanden hatte, sondern ein paar Zentimeter seitlich. Mit dem linken Handgelenk lenkte er die Klinge zur Seite, und mit der Rechten packte er Pradjung beim freien Arm und riss den Dolchkämpfer herum. Gemeinsam stürzten sie zu Boden, doch Dominic hatte den Hals seines Gegners eingeklemmt. Nach einigen Sekunden lief Pradjung blau an und lag reglos da.
Dominic löste sich von ihm. Kemul hob den Messerstecher hoch. »Nein, warte«, widersprach Dominic, »er lebt noch …« Kemul warf Pradjung in den Kanal. »Ach, was soll’s«, sagte Dominic und ließ den Motor an.
Scheinwerfer stachen von achtern durch den Regen. »Kemul glaubt, dass Sumu dich verfolgen ließ«, sagte der Straßenräuber. »Das wäre klug von ihm. Jetzt holen sie zu uns auf und wollen schauen, warum unsere Lampen aus sind. Sollen wir kämpfen?«
»Kannst du eine Truhe mit hunderttausend Silberstücken heben?«, fragte Captain Sir Dominic Flandry.
Kemul stieß einen leisen Pfiff aus. Dann antwortete er: »Ja, Kemul kann sie ein Stück weit tragen.«
»Gut. Dann brauchen wir nicht zu kämpfen.«
Flandry lenkte das Boot an die linke Pier. Als sie an einer Leiter vorbeikamen, stieg Kemul mit der Truhe unter dem linken Arm aus. Flandry schaltete den Motor hoch und sprang über die Seite. Im Dunkeln wassertretend, sah er zu, wie das zweite Boot das erste verfolgte, bis beide außer Sicht waren.
Eine halbe Stunde später stand Flandry in Luangs Zimmer über der Taverne Namens Sumpfgängers Ruh und wies auf die offene Truhe. »Einhunderttausend«, sagte er würdevoll. »Plus ein nettes Extra, das ich beim Spiel gewonnen habe. Und eine Schusswaffe, die für gewöhnliche Sterbliche nur schwer zu bekommen ist, wenn ich richtig gehört habe.« Sie steckte fest in seinem Gürtel.
Das Mädchen zündete sich eine Zigarette an. »Nun«, sagte sie, »der übliche Schwarzmarktpreis für eine Kapsel liegt bei zweitausend.« Sie stellte ein Röhrchen auf den Tisch. »Da sind zehn Kapseln. Du hast bei mir Kredit für vierzig weitere.«
Die Lampe in den Händen des Gottes mit den verbundenen Augen warf ein weiches kupferfarbenes Licht über sie. Sie trug ein wenig Farbe auf der bernsteinfarbenen Haut, was für sie ungewöhnlich war, ein leuchtendes Blau, das Augen und Brüste betonte. In ihrem Haar steckte eine rote Blüte. Flandry bemerkte, dass ihre Stimme trotz aller Kühle nicht ganz ruhig war.
»Als der
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