Flandry 7: Am Ende des Weges
juwelenbesetzte lederne Brustplatte zu zeigen. Sie breitete die Schwingen ganz aus. Sie zückte das Messer und hielt die Klinge hoch in die Luft. Ihre Fußkrallen stachen in die Strecker ihres Onsars, und der Gang des Tieres wurde zu einem raschen Schlenkern. Hinter ihr donnerten, Hochmut von ihr beziehend, zweimal zwanzig Hausvorstände und Gefolgsleute.
Die Hüttenbewohner traten demütig beiseite. So nützlich sie waren, sie konnten nicht den Respekt fordern, der einem Jäger, einem Hirten oder einem Sucher zustand, denn weder töteten sie ihre Nahrung, noch schweiften sie frei umher.
Yewwls Gruppe zügelte die Onsaren vor der Halle. Skogda blies das Horn und verkündete ihre Ankunft. Das Echo hallte schrill durch den Abend. Dem Herrn des Vulkans hätte es nicht angestanden, nur aus Neugier hervorzukommen, ehe er diesen Ruf vernahm. Nun tat er es. Ein scharlachrotes Tuch, um Stirn und Nacken geschlagen, wallte vor ihm zum Boden herab. Er trug einen Speer, den er ernst senkte, in den Boden spießte und stehen ließ, ein Zeichen des Willkommens.
Seine Familie und sein Gesinde standen in seinem Rücken. Sie wirkten weniger beeindruckend und waren auch nicht zahlreich, denn niemand außer ihm, seinem Weib und ihren Nachkommen wohnte hier, zusammen mit den Dienern. Der Rest seiner Sippe lebte am Fuß des Berges, davon ausgenommen nur jene, die auserwählt waren, dem Kolleg beizutreten oder von einem anderen Klan adoptiert worden waren. Sie waren diejenigen, unter denen eine Versammlung den Nachfolger des Herrn auswählte, nachdem er gestorben war.
Yewwl überlegte, dass bei der letzten Wahl nicht zwangsläufig Wion zum Herrn hätte ernannt werden müssen. Er war nicht der Klügste unter den Lebenden. Von seiner Frau erhielt er guten Rat, besseren als vom Kolleg, das ihm Berater zur Seite stellen sollte. Sie war eine Frau aus dem Klan Arrohdzaroch. Sie durfte jedoch in der Versammlung nicht neben ihm sitzen. Die Ahnen hatten beschlossen, dass der Herr des Vulkans stets ein Mann sein sollte, um das Übergewicht der Frauen auszugleichen, die im Haushalt und in Klansangelegenheiten oft die Initiative ergriffen.
Erannda kam näher. Yewwl stieg ab. »Mögest du immer schnell sein auf der Hatz«, begrüßte sie Wion förmlich. »Wir sind im Namen vieler anderer gekommen, um für sie und für uns deiner Verwaltung eine Forderung vorzulegen.«
Öllampen erhellten die Ratskammer in der Halle und erweckten Fresken zu schillerndem Leben. Eiserne Öfen an beiden Enden hielten die Kälte draußen. Lampen, Öfen, Karten, Arzneien, Windmühlen, Buchdruck, Wasserkraftmaschinen … vor allem aber Wissen über diese Welt und ihr Universum und einen Eifer, mehr zu erfahren … wie viel verdankten sie dem Sternenvolk!
Dennoch hatte sich in der Kammer nichts geändert, und auch nicht an den Prozeduren. Wion saß auf einem Podest zwischen aus Stein gehauenen Ungetümen vor zwei Reihen gestufter Bänke für die Besucher. Wer immer sprechen wollte, hob den Arm, erhielt vom Herrn des Vulkans das Wort und trat oder glitt nieder, um vor ihm zu sprechen. Da die Versammlung alles andere als vollzählig war, saß alles eng beisammen, und die Vorgänge liefen schneller ab als gewöhnlich.
Yewwl sprach: »Ich brauche nicht zu sagen, wie Kälte, Hunger und Leid mit dem Vordringen des Eises unser Land überzieht, oder dass es nur noch schlimmer werden kann und die meisten von uns sterben müssen, wenn es uns weiter bedrängt. Wir haben beredet, was wir tun können. Einige von uns wollten nach Süden fliehen, einige wollten bleiben und sich ganz auf die Jagd verlegen, einige haben wieder andere Ideen im Beutel. Jede Möglichkeit wird uns dennoch einen im besten Fall hohen Preis abverlangen. Bleibt uns keine bessere Hoffnung?
Ihr wisst, was das Sternenvolk uns gelehrt hat. Ihr wisst, dass sie im Hause des Banners immer beharrt haben, uns nur zu geben, was zu machen wir selber lernen können, damit wir nicht davon abhängig werden, denn es mag sein, dass sie uns eines Tages verlassen müssen. Was wir von ihnen erhielten, hat uns zu eigenem Fortschritt verholfen, der langsamer verläuft, als uns lieb war, aber dennoch feste Wurzeln geschlagen hat und immer noch wächst. Denkt an den Stahl, der besser ist als früher, die Glasmacherkunst oder Schmerzmittel und Chirurgie, an die Kuriere oder was immer ihr wollt. Dennoch genügt es nicht, wenn das Eis kommt. Ohne Hilfe verlieren wir alles; unsere Nachfahren werden vergessen, was wir
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