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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
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si?«
    Die Geschwister tauschten kurz vielsagende Blicke aus, dann sammelte sich Elli wieder und ging auf Elia zu.
    »Ja, das kann man so sagen.« Sie wollte ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange geben, doch er drehte blitzschnell seinen Kopf, und so berührten sich ihre Lippen. Nur kurz. Wie gut das tut, dachte Elli sofort.
    »Ups, scusa!«, scherzte er.
    Erleichtert nahm Elli ihren Schwarm bei der Hand, um ihn aus der Küche zu führen. Sie hatte gar keine Zeit, sich zu sorgen, dass es gestern zwischen ihnen beiden nur zu einer verrückten Ausnahme gekommen war, so ungewollt wie das meiste, was gestern passiert war. In der Halle streichelte Elia ihre Wange und sah sie ein wenig traurig mit seinen Labradoraugen an. Elli ahnte nichts Gutes. Sie sollte recht behalten, denn Elia musste ihr gestehen, dass er leider nur sehr wenig Zeit hatte. Er musste schon wieder einen Kollegen vertreten. Dabei hatte er sich so sehr auf den Tag mit Elli gefreut.
    »Wenn wir Glück haben, ist das Wetter morgen wieder besser«, versuchte er sie zu trösten und gab ihr gleich wieder einen Kuss. »Glaub mir, meine Schöne, manchmal verfluche ich meinen Beruf«, dem dann gleich noch einer und noch einer folgte.
    Elli schmolz trotz der kleinen Enttäuschung dahin. Langsam, aber sicher verlor sie den Überblick. Das war ja die reinste Achterbahnfahrt. Während links und rechts die Beziehungen implodierten, fing sie also an, sich zu verlieben.
    Sie küssten sich noch mehrmals so, als würden sie sich nie wiedersehen, und dann war Elia genauso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war. Fast glaubte Elli, Opfer eines Tagtraums geworden zu sein.
    Erst als sie Elias hupenden Wagen hinterhersah, bemerkte sie Heiko. Der saß in seinem Audi wie eine ausgemusterte Crashtest-Puppe.
    Kein Tag für große Sprüche, dachte sich Elli und ging wieder hinein, denn es war richtig kalt geworden. Es roch feucht und morastig, überall bildeten sich kleine widerliche Pfützen, und der Himmel öffnete weiter unablässig seine Schleusentore.
    Heiko fror. Er saß in seinem Auto, in Italien, im Sommer, und er fror. Aber selbst wenn die Sonne sich von ihrer besten Seite gezeigt hätte, Heiko hätte trotzdem gefroren. Ihm war kalt, wie einem nur kalt sein konnte, wenn man plötzlich ohne Vorwarnung alleine war. Am liebsten wäre Heiko von einem riesigen Eisblock erschlagen worden. Kurz und schmerzlos, ohne so zu leiden. Das wäre eine faire Sache gewesen. Heiko schloss die Augen und wünschte sich einen zentnerschweren Eisklotz herbei. Aber es passierte nichts, es blieb bei dem fiesen Gemisch aus Hagel und Regen. Die Scheiben um ihn herum waren so beschlagen, sein Rücken schmerzte, wahrscheinlich hatte er sich schon die Nieren entzündet. Aber das war ihm genauso egal wie die klamme Nässe, die sich unaufhaltsam unter sein Hemd schlich. Er fühlte sich misshandelt, benutzt, getreten. Er war ein Nichts.
    Seine Freundin hatte ihm den Rücken gekehrt und in seiner Anwesenheit völlig ungeniert mit einem anderen gevögelt. Er hatte ihr leises vertrautes Stöhnen gehört.
    Heiko dachte an die vielen schönen Abende zurück, die sie gemeinsam verbracht hatten. Wie sie gemeinsam gelacht hatten, Sandra ihn gleichzeitig bewundert und bemuttert hatte. Sie war die perfekte Frau gewesen und er ihr perfekter Mann. Aber ein, zwei Tage mit diesen kaputten Leuten hatten gereicht, um all das zu zerstören, um aus Sandra ein Monster zu machen. Eine Frau, mit der Heiko nichts mehr anfangen konnte. Eine Frau, die es mit Frauen trieb, die sich auf andere Männer stürzte.
    Was für ein mieses Spiel! Wenn er bei einer anderen Frau gewesen war, dann hatte das auch sein Gutes gehabt, war heilsam gewesen, denn dann hatte er ja nur noch mehr verstanden, wie sehr er seine Sandra liebte. Dank seiner harmlosen Seitensprünge war seine Liebe zu ihr ständig gewachsen. Sie hatten ihrer Beziehung letztendlich gutgetan.
    Sandras gleichgültige und brutale Vorgehensweise dagegen war einfach nur billig.
    Sein Kopf fiel auf das Lenkrad und blieb dort. Das penetrante Dröhnen der Hupe tat erstaunlich gut. Es reinigte regelrecht den Kopf. Heiko genoss den physischen Schmerz. Die Zeit der leisen Töne war vorbei. Die ganze Turtelei, das lächerliche Liebesgesäusel, Streicheln, Kosenamen, Mausilein, alles hatte ein Ende, ein für alle Mal. Hinter ihm auf dem Rücksitz lag seine kleine Aktentasche. Er nahm sie hervor, holte etwas heraus und schmiss die Tasche wieder nach hinten. In seiner

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