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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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mit. Sie war eine Prinzessin mit funkelndem Diadem, was so niedlich aussah, dass sie ohne Probleme als weiterer Grimaldi-Spross hätte durchgehen können.
    »Soll ich nicht doch hochkommen und dir helfen?«, rief Leila, die natürlich bereits als Carmens Reinkarnation perfekt verwandelt und abholbereit war. Kein Wunder, für eine Designerin ein Leichtes.
    Dankend lehnte ich die angebotene Hilfe ab, schließlich wollte ich die Überraschung nicht schon vorher aus dem Sack lassen. Ich hatte niemandem verraten, als was ich ging.
    »Am besten, ihr fahrt ohne mich los, ich nehme mir ein Taxi und komme nach, dann muss ich mich jetzt nicht so hetzen«, schlug ich vor und flitzte außer Puste wieder in meine Wohnung und machte mich an meinen Haaren zu schaffen. Heute war Clemens’ großer Tag, sein vierzigster Geburtstag, und ich wollte so hinreißend wie möglich aussehen, wenn wir um Mitternacht auf ihn anstießen.
    Leider konnte ich ihm um zwölf nicht einfach um den Hals fallen und ihm sein Geschenk überreichen, aber nach der Feier hatten wir den Rest der Nacht für uns allein.
    Seit ich das passende Kostüm und Geschenk gefunden hatte, freute ich mich wie ein Schneekönig auf den Ball. Jetzt konnte ich auch nachvollziehen, was Clemens mit seiner öffentlichen Geburtstagsparty bezweckte, denn alle in der Redaktion waren seit seiner Einladung aufgedreht. Es gab kein anderes Thema mehr, und die gute Stimmung, die sich ausgebreitet hatte, war den Verzicht auf eine intime Feier allemal wert. Michi hatte ihre »Clemens und ich«-Leier eingestellt, Marion war in die Vorbereitungen eingebunden, was ihr als Organisationstalent richtig Spaß machte, und selbst Diane, wer hätte es gedacht, war neuerdings erträglich, zumindest hatte sie keiner in letzter Zeit beim Lästern erwischt. Neulich, als Marion einen Tag Urlaub gehabt hatte, war sie sogar über ihren Schatten gesprungen und hatte von sich aus angeboten, Protokoll zu schreiben, ohne Druck oder Aufforderung, sondern einfach so und freiwillig, ja, es geschahen noch Zeichen und Wunder. Wenn man Diane genau betrachtete, schien sie ausnahmsweise zufrieden, fast glücklich, und wenn sie sich unbeobachtet fühlte, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Für diese wunderbare Wandlung konnte es nur zwei plausible Erklärungen geben. Entweder hatte Ute Ohoven, die Mutter aller Charityveranstaltungen, Diane angeboten, sie zu adoptieren, oder es steckte ein Mann dahinter, ein sehr mutiger, ein sehr starker Mann, denn sich an Diane heranzuwagen forderte ein gewisses Maß an Zivilcourage. Ich für meinen Teil stellte es mir nicht leicht vor, Diane zufrieden zu stellen und ihren Forderungen und Vorstellungen zu entsprechen, verwöhnt und verzogen wie sie war. Auf alle Fälle hoffte ich, dass der waghalsige Unbekannte über Zähmungskünste verfügte, die Diane für lange Zeit bei Laune hielten – wir profitierten alle davon.
    Endlich war ich mit den Haaren fertig, der Friseur hatte heute früh das meiste schon hochgesteckt, ich musste nur noch die Frisur festziehen und mit Spray fixieren. Mühsam zwängte ich mich in mein Kleid, das ich nach einem ziemlich schwierigen Schnittmuster genäht hatte, worauf ich sehr stolz war. Da hatte sich der Handarbeits- und Schneiderkurs, den ich zu Schulzeiten nur deshalb belegt hatte, um meine Mutter in den Wahnsinn zu treiben, doch gelohnt. Ich musste grinsen, wenn ich daran dachte, wie sie fast ausgerastet war, als ich als Begründung angegeben hatte, später als Hausfrau für meinen Mann nähen zu wollen.
    »Dafür haben wir damals nicht gekämpft!«, hatte sie gerufen, wobei ich mich jedes Mal fragte, wofür und wie sie damals eigentlich gekämpft hatten. »Menstruieren gegen rechts« nannte mein Großvater diese Kampfaktionen abfällig.
    Während ich mir ein Taxi bestellte, sah ich in den Spiegel und war mehr als zufrieden mit meinem Werk. Wenn Clemens bei diesem Anblick nicht in die Knie sank oder lachte, wusste ich auch nicht mehr.
    Als ich vor die Tür trat, blieben die Passanten mit offenen Mündern stehen, kein Wunder, so ohne Vorwarnung und mitten im Jahr. Der Taxifahrer lachte, schlug die Hände über dem Kopf zusammen und rief: »Nee, nee. Wie soll ich sie denn nur transportieren?«
    Irgendwie schafften wir es gemeinsam, mich ins Taxi zu zwängen. Von unterwegs aus rief ich Rudi den Partyschreck an, um zu erfahren, wie weit die Party im Gange war.
    Rudis begeisterten Schilderungen zufolge musste die Stimmung bereits bestens sein.

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