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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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sich, wie viele auf den ersten Blick vernünftige Menschen sich plötzlich Karten legen ließen, Reinigungsrituale mitmachten und sich am Ende sogar einen Schutzzauber von ihr anhexen ließen.
    Eigentlich hätte man sie unglaublich gut mit ihrer überzeugenden Art im Verkauf einsetzen können.
    »Ich bin Eva, Gretchens Mutter. Und du bist also Clemens. Verstehe. Du siehst ja wirklich umwerfend aus, da hat Gretchen nicht zu viel versprochen.«
    Ja, es gab einen Grund, weshalb ich hatte vermeiden wollen, dass meine Mutter auf Clemens traf, und in diesem Moment wusste ich wieder, welcher das war. Ging es noch peinlicher? Jetzt dachte Clemens, dass ich ihn mit meiner Mutter durchgehechelt hatte. Es hätte mich nicht gewundert, wenn er gerade überlegte, wie er mich elegant loswerden könnte, aber man merkte ihm nichts dergleichen an.
    Stattdessen lachte er. Wenn mich nicht alles täuschte, hatte sie schon wieder gewonnen, Clemens mochte sie.
    Sie wandte sich mir zu.
    »Was du mir aber verschwiegen hast, ist seine Aura! So etwas Unglaubliches habe ich ja noch nie gesehen. Diese Farbkombination und so fließend, überhaupt nicht abgegrenzt, unglaublich!«
    Clemens sah sie interessiert an.
    »Was heißt das denn genau?« Hilfe, er gehörte also auch zu der Sorte, die ganz vernünftig wirkten, bis sie meiner Mutter in die Hände fielen.
    Was würde erst passieren, wenn meine Mutter von Clemens’ Liebe für Indien erfuhr? Nicht auszumalen! Er würde sie bitten, bei uns einzuziehen und in der Mitte des Bettes zu schlafen!
    »Lieber Clemens. Das bedeutet eine Menge, aber das sage ich dir lieber unter vier Augen, das ist eine sehr private Sache.«
    Clemens blickte sie gespannt an.
    »Ich habe keine Geheimnisse vor Gretchen. Sie können mir ruhig sagen, was es bedeutet.«
    Wie niedlich von ihm, nur leider aussichtslos.
    »Lass mal, ich muss sowieso noch meinen Artikel zu Ende schreiben.«
    Wenn ich etwas vermeiden wollte, dann eine unnötige Diskussion mit meiner Mutter.
    Draußen warteten schon die anderen.
    »Mensch, hast du eine tolle Mutter! Eva ist ja so interessant und offen, wenn ich mir dagegen meine Spießereltern vorstelle.«
    So war das wohl. Man wollte immer das, was man nicht hatte. Meinen linken Arm hätte ich mir früher für ein Paar Spießereltern abgehackt, die mich im Benz zur Schule gefahren und mir Tennisschläger zum Geburtstag geschenkt hätten.
    In unserem Büro war Michi damit beschäftigt, ihren Schreibtisch wie wild herumzuschieben, auch den Sessel und die Lampe hatte sie umgestellt. Es war rührend zuzusehen, wie sie sich mit ihren dünnen Ärmchen abmühte.
    »Was machst du denn da, Michi? Brauchst du Hilfe?«
    Erschöpft ließ sie sich in den Sessel plumpsen.
    »Ja, bitte, der Schreibtisch ist schwerer, als ich dachte, und wenn ich ihn in die Reichtumsecke stellen will, muss er ganz nach hinten.«
    Super, Michi hatte also auch schon von meiner Mutter Instruktionen erhalten.
    »Eva, also deine Mutter, rechnet mir noch mein persönliches Fengshui aus, damit wir sehen, welcher Himmelsrichtungstyp ich bin. Dann muss ich vielleicht noch mal schieben. Das ist jetzt erst mal das normale Bagua. Deine Mutter ist ’ne tolle Frau!«
    Es war nicht zu fassen. Sie brauchte keine halbe Stunde, und schon lag ihr die Redaktion zu Füßen.
    »Die tolle Frau ist gerade bei Clemens und spricht mit ihm über seine ungewöhnliche Aura«, rutschte mir heraus.
    Michi fand das vollkommen in Ordnung und überlegte laut, ob meine Mutter ihre Aura auch noch bestimmen könnte. Da ich die Einzige war, die noch normal dachte, setzte ich mich an den Laptop und begann an meinem Artikel zu arbeiten.
    Zwei geschlagene Stunden später bekam ich meine Mutter wieder zu Gesicht. Sie sah leicht erschöpft aus, aber ihre Wangen leuchteten. Klar, sie hatte ihre Eso-Botschaften unters Volk bringen können. Zu gern hätte ich gewusst, was sie mit Clemens besprochen hatte, aber dafür kannte ich meine Mutter zu gut, als dass ich gefragt hätte. Sie sprach nie über ihre Sessions mit anderen, was ich im Prinzip auch richtig fand. Nur bei Clemens hätte es mich eben schon interessiert, vor allem weil die Sitzung zwei Stunden lang gedauert hatte.
    Ich zog meine Jacke über und wollte sie so schnell wie möglich fort von hier bringen, bevor meine Mutter noch mehr Unfug anrichtete.
    »Es ist schon fast sieben. Meinst du nicht, wir sollten langsam los? Papa und Rudi warten bestimmt schon auf uns.«
    Ich wollte nicht wissen, in welchem Zustand, denn

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