Flaschendrehen: Roman (German Edition)
dieser hohlen Plantschkuh zu treffen? Und wieso sagst du mir nichts davon! Dir ist schon klar, dass wir alle in der Redaktion Diane hassen, weil sie fies und niederträchtig ist. Ich hab mich erst letzte Woche mit ihr gestritten, und jetzt läufst du mit ihr über den Eso-Markt?!«
Meine Mutter setzte ihren »Ich bin okay, du bist okay«-Blick auf, der mir zu verstehen geben sollte, »Selbst Diane ist okay«, und strich mir beruhigend über den Arm. Ich hasste es, wenn sie das tat. Das machte man vielleicht, um Hühner zu hypnotisieren, aber mich machte es nur noch aggressiver.
»Diane hat es nicht leicht, glaube mir. Ich habe mich lange mit ihr bei euch im Büro unterhalten, und sie braucht sehr viel Unterstützung und Liebe. Vielleicht siehst du es ihr nicht an, aber unter den teuren Markenkleidern und dem ruppigen Ton steckt ein verwahrlostes, vernachlässigtes Kind.«
Das verwahrloste und vernachlässigte Kind hatte sich vor mir aber mehr als gut versteckt. Doch meine größte Sorge war in diesem Moment nicht, dass meine Mutter ein weiteres schwarzes Schaf in ihre Problemsammlung einreihen wollte, sondern die Frage, warum Diane sich über die Eso-Schiene an meine Mutter ranmachte.
Was, wenn sie nur deshalb mit meiner Mutter sprach, um mehr über mich zu erfahren, oder noch schlimmer, was, wenn meine Mutter sich verplapperte und ihr rausrutschte, dass Clemens und ich … Panik stieg in mir hoch.
Ich zog sie zur Seite.
»Eva« – ich sprach sie mit ihrem Vornamen an, um sicherzugehen, dass sie mir besonders gut zuhörte –, »hast du ihr irgendwas von Clemens und mir gesagt?«
Beleidigt schüttelte sie den Kopf.
Vorsicht war besser als Nachsicht, und so schwor ich sie noch mal ein.
»Du musst mir beim Leben von Papa versprechen, dass du unter keinen Umständen mit Diane über Clemens und mich oder auch nur über mich sprichst, okay?«
Verständnislos sah sie mich an.
»Übertreibst du nicht ein wenig? Bei Papas Leben schwören? Ich bin ja nicht blöd. Ich habe kapiert, dass du sie nicht magst und es dir wichtig ist, dass ich nicht über dich und Clemens mit ihr spreche. Glaube mir, ich bin Vertrauenslehrerin, ich bin deine Mutter, sicher kannst du mir vertrauen.«
Vertrauen? Wem sollte ich noch vertrauen, nachdem mir soeben gesagt worden war, ich sei von einer Schlangengrube umgeben. Gut, meine Mutter zählte wohl kaum dazu, aber Diane war bestimmt eine der Schlangen gewesen.
Diane beobachtete uns die ganze Zeit argwöhnisch. Ihre Motivation, sich mit meiner Mutter abzugeben, war mir immer noch nicht klar. Brauchte sie wirklich nur jemanden, der sich um sie kümmerte, oder hasste sie mich so sehr, getreu dem Motto: Halte deine Freunde nah bei dir, deine Feinde jedoch noch näher.
Andererseits hatte meine Mutter ein mitreißendes Wesen, nicht umsonst waren alle in der Redaktion von ihr begeistert gewesen. Warum sollte Diane nicht auch dazu gehören. Meiner Mutter den Umgang mit ihr zu verbieten, konnte ich mir abschminken. Dazu kannte ich sie und ihren eigenen Kopf viel zu gut.
Diane und ich würden heute bestimmt nicht Freunde werden, und so machte ich mich schnell wieder aus dem Staub, ohne auf den Vorschlag meiner Mutter einzugehen, zusammen eine Licht- und Aromatherapie auszuprobieren. Das konnte Diane als Ersatztochter von mir aus gern übernehmen, denn ich hatte Wichtigeres zu tun. Clemens kam heute zurück!
Es war zwar noch einige Stunden hin, bis er vorbeikam, aber es konnte nicht schaden, die Wohnung und mich auf Vordermann zu bringen. Noch hatte ich keine Putzfrau gefunden, also blieb mir nichts anderes übrig, als selbst zu putzen. Danach gönnte ich mir ein ausgiebiges Minze-Grapefruit-Bad, das mich herrlich erfrischte.
Da Clemens nach der langen Fahrt bestimmt hungrig sein würde, kochte ich kleine, tapfere Hausfrau etwas für ihn. Zutaten vom Vortag waren genug übrig, und so bereitete ich das gleiche Menü noch einmal vor, und dieses Mal würde es gewürdigt werden und nicht als Streitkulissenbegleitung dienen. Während ich die Panna cotta zubereitete, kamen meine Eltern kurz hintereinander relaxed und glücklich wieder. Wir tranken einen Tee zusammen, bevor sie abfuhren. Alles in allem war es ein schöner, wenn auch anstrengender Besuch gewesen.
Die restliche Zeit bis zu Clemens’ Eintreffen war ich damit beschäftigt, den Tisch zu decken, Blumen und Kerzen zu drapieren, Musik auszuwählen und mich wie blöd auf ihn zu freuen. Oft genug war ich wegen meiner romantischen Ader
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