Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
nie. Was wird daraus werden?«
    Birgit sah mich mit ihren hellgrauen Augen offen an. Sie war niemand, der einem etwas vormachte, das konnte ich spüren.
    »Ich habe nicht gesagt, dass dein Glück in der Liebe versagen wird. Im Gegenteil, du hast die lang ersehnte erfüllte Liebe gefunden, aber für diese Liebe werden vorher Herzen gebrochen werden.«
    Das war eine gute und schlechte Nachricht, wenn ich es richtig deutete.
    »Kannst du nicht konkreter werden? Wessen Herzen werden gebrochen, und vor wem muss ich aufpassen?«, drängte ich.
    Birgit schien mit sich zu ringen. Fordernd sah ich sie an. Wer A sagte, musste auch B sagen.
    »Na gut, du wirst das nicht gerne hören, aber ich denke, du musst vor allem vor einer Person aufpassen, und das bist du selbst, denn du wirst dich in Gefahr bringen. Wenn ich dir einen Rat mit auf den Weg geben darf, dann vergiss nie, was dich ausmacht: dein großes Herz, deine Fähigkeit zu verzeihen, aber vor allem der Glaube, dass die Liebe kühner als die Bosheit ist und am Ende immer siegt.«
    Der Schock saß tief. Da wollte man ein wenig Schicksal spielen und bekam solche saftigen Aussichten präsentiert. Ich wusste, weshalb ich solche übersinnlichen Dinge mied: Wer wollte schon durchs Leben marschieren und bei jeder Frau, die ihm begegnete, überlegen, ob das jetzt die war, die einem das Messer in den Rücken rammte, oder die, die einen beschützte. Birgit würde nicht mehr sagen, das war klar. Sie hatte meinem Eindruck nach sowieso schon mehr preisgegeben, als sie eigentlich hatte äußern wollen. Wie viel sollte ich ihr denn für diese kryptische und eher unerfreuliche Prophezeiung geben? Ich entschied mich für fünfzig Euro, denn wenn sie Recht hatte, war ich wenigstens gewarnt, und das sollte mir das Geld wert sein.
    Bei der Verabschiedung sah sie mich eindringlich an und wiederholte: »Wenn du dich an meinen Rat hältst, kann dir nichts passieren. Und denk daran, dass Ausnahmesituationen und Umbrüche immer etwas Gutes sind und uns zu dem machen, was wir sein sollen.«
    Obwohl ich nicht die erhoffte Vorhersage bekommen hatte, mochte ich Birgit. Es umgab sie so eine friedliche und weise Ausstrahlung, dabei war sie bestimmt erst Mitte vierzig. Ich steckte ihre Visitenkarte ein, man konnte ja nie wissen.
    Geplättet und ziemlich neben der Spur riss mich der Menschenstrom mit. Nach meinem Faltplan steuerte ich Aurenstand Nummer eins an, von meiner Mutter keine Spur. Nachfragen konnte ich mir sparen. Normalerweise war es sehr einfach, meine Mutter zu finden. Allein die Beschreibung ihrer auffälligen Frisur, Klamotten und Klunker blieben fast jedem im Gedächtnis haften, aber hier sahen ja alle so aus. Das war, als ob man bei Hugh Hefner auf einer Bunny-Party eingeladen war und nach der Blondine im kurzen Rock mit den 90-60-90-Maßen fragte.
    Beim zweiten Stand war fast gar nichts los, anscheinend gab es auch beim Aurenbestimmen Qualitätsunterschiede. Gerade wollte ich mich auf den Weg zu Stand drei begeben, da hörte ich eine Stimme nicht weit von mir entfernt, eindeutig die meiner Mutter.
    »Sieh mal, hier kannst du eine Shiatsu-Massage ausprobieren. Die regt den Energiefluss an!«
    Ich zwängte mich durch die Massen durch, immer ihrer Stimme nach. Sie schien bereits ein Opfer gefunden zu haben, dem sie die heilende Welt der Esoterik nahe bringen konnte. Hätte ich mir auch denken können, dass sie nicht lange ohne Gesellschaft blieb. Den Shiatsu-Stand konnte ich bereits sehen. Verschwitzt vor lauter Gequetsche stand ich endlich hinter meiner Mutter und wollte ihr als Überraschung die Augen von hinten zuhalten.
    Die Überraschte war ich! Neben meiner Mutter stand einträchtig niemand anderes als Diane! Ich musste zweimal hinschauen, um glauben zu können, dass die mit Gucci-Brille im Haar und Louis-Vuitton-Täschchen aufgemotzte Diane inmitten dieser spirituellen, friedliebenden Menschen stand – und neben meiner Mutter! Das konnte kein Zufall sein, das hatte Methode!
    Gerade wollte ich etwas sagen, da hatte meine Mutter mich auch schon entdeckt. Sie strahlte übers ganze Gesicht.
    »Gretchen, du bist ja doch gekommen! Wie schön! Diane und ich haben zwar fast alle Stände durch, aber ich zeige dir gerne noch mal alles. Der Feenstand ist besonders schön, nicht wahr, Diane?«
    Diane nickte gequält, sie schien genauso erfreut zu sein, mich zu sehen wie ich sie.
    Nicht sehr höflich nahm ich meine Mutter beiseite.
    »Sag mal, wie kommst du auf die Idee, dich ausgerechnet mit

Weitere Kostenlose Bücher