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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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laut Devereaux Wochen oder Monate dauert, bis ich so eine NICC von der Gewerkschaft kriege. Leonard braucht nur das Wichtigste zu wissen.
    Sein Großvater schüttelte den Kopf. »Ich habe das Geld nicht, Val. Nicht einmal annähernd so viel. Es reicht gerade noch, damit wir uns in Denver ein, zwei Tage durchschlagen können. Ich kann nur hoffen, dass dein Vater in der Stadt ist.«
    »Warum sollte er nicht dort sein?« Val schob die Fäuste tief in die Taschen seiner Lederjacke. »Er ist doch flashsüchtig. Er ist garantiert da. Bloß wach wird er nicht sein. Er wird nicht reden können und sich nicht an uns erinnern. Wird bestimmt ein tolles Wiedersehen. Hoff lieber nicht darauf, dass Nick Bottom für uns aufkommt, dass er uns was zu essen und ein Dach über dem Kopf gibt, Leonard. Der Typ ist doch schon seit Jahren ein total verkorkster Flashjunkie.«
    Val merkte, dass seine Wut teilweise davon herrührte, dass er selbst gelegentlich Flashback genommen hatte. Auch auf diese Fahrt hatte er mehrere Ampullen mitgenommen – gut versteckt in seinem Gepäck –, von denen nur noch eine übrig war. Wortlos kehrte er seinem Großvater den Rücken und steuerte auf die Gruppe von Lastwagenfahrern zu, um nach dem großen alten Indianer Ausschau zu halten.
     
    Gegen Mitternacht überquerten sie die Grenze nach Colorado.
    Für einen geschützten Konvoi dieser Größe waren Banditen in Colorado kein Problem, und auch die Reconquistaverbände stießen bei ihren Überfällen nur selten so weit nach Norden vor. Doch mit Ausnahme von rund achtzig Kilometern führte die Strecke bis Denver durch schroffes Bergland, und die Interstate 70 hatte sich durch fehlende Instandhaltung in einen einzigen Hindernisparcours ver wandelt. Vor fünfundzwanzig Jahren, so erfuhr Val
von Begay, hätte ein Konvoi von Sattelschleppern die dreihundertneunzig Kilometer von Grand Junction bis Denver in vier Stunden zurückgelegt – schneller sogar, wenn ihnen keine Verkehrscops auflauerten.
    Jetzt dauerte die Fahrt zwölf Stunden. An einem guten Tag.
    Und diesmal hatten sie es gut erwischt. Das Wetter hielt. Schon bald drohten die ersten Schneestürme, die den Loveland Pass den Winter über unbefahrbar machten, und dann war es vorbei mit dem relativ einfachen Zugang von Utah nach Denver auf der I-70. Wenn der Loveland Pass dichtmachte, so Begay, mussten die Trucker die Nordroute nach Salt Lake City und von dort auf der I-80 durch Wyoming nach Cheyenne nehmen, um nach Denver zu gelangen – ein Umweg von vielen hundert Kilometern.
    »Können sie den Pass im Winter nicht einfach frei halten?«, fragte Val. »Mit Pflügen oder so?«
    Begay stieß sein bellendes Navajolachen aus. »Und wer soll die Pflüge und Arbeiter bezahlen, Junge? Der Bundesstaat Colorado? Der ist doch schon länger bankrott als die Regierung der Vereinigten Scheißstaaten von Amerika. Außerdem gibt es noch andere Pässe, die nach den ersten ernsten Schneefällen geschlossen werden, zum Beispiel der Vail Pass.«
    »War da nicht mal ein Tunnel?« Val erinnerte sich dunkel an eine Bemerkung seines Alten oder seines Großvaters.
    Begay nickte. Im bernsteinfarbenen Licht der Armaturenanzeigen schien sein Gesicht nur aus scharfen Kanten und Ecken zu bestehen. Normalerweise trug er einen schwarzen Cowboyhut, aber heute Nacht hatte er sich lediglich ein Stirnband um die langen Haare geschlungen. »Ja, der Eisenhower Tunnel auf einer Höhe von dreitausendvierhundert Metern. Ungefähr hundert Kilometer westlich von Denver unter der Kontinentalscheide. Zwei Röhren – eine nach Osten, die andere nach Westen. Fast drei Kilometer lang, aber man hat sich dadurch den letzten Scheißanstieg über den
Loveland Pass erspart. Da geht’s rauf bis über dreitausendsechshundert Meter, glaube ich.«
    »Was ist mit dem Tunnel passiert?« Val bereute seine Frage sofort. Der Schlafmangel und der Flashbackentzug machten ihn ganz wirr im Kopf.
    Begay lachte nur. »Eine der ersten Sachen, die die Scheißer in die Luft gejagt haben, wie alles den Bach runtergegangen ist. Eineinhalb Jahre haben Staat und Bund gebraucht, um wenigstens eine von den Röhren zu reparieren, damit auch im Winter Verkehr möglich ist. Drei Wochen später wurde der Tunnel wieder in die Luft gesprengt. Und bald war es wie überall in diesem Scheißland: Sie haben es aufgegeben.«
    Val kämpfte gegen die Müdigkeit an. »Wenn der Pass nur zweihundertfünfzig Meter höher liegt, macht das doch bestimmt keinen so großen

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