Flashback
Telefon an, aber es hatte noch keine Daten.
Im Rückspiegel sah er, wie sich Sato ans linke Ohr fasste. Der Stöpsel war so klein, dass ihn Nick bisher nicht bemerkt hatte.
»Was ist?«, fragte Nick. »Was ist passiert?«
»Ein Anschlag. Anscheinend eine Autobombe. Am Kreuz I-70, I-25 und Highway 36, das Sie Mousetrap nennen. Teile der zwei Hochautobahnen sind eingestürzt. Mehrere Dutzend Fahrzeuge sind unter den Trümmern begraben. Offenbar wurde keine Kontamination mit Strahlen, Chemikalien oder Bakterien festgestellt.«
»Verdammt, fast hätte ich diese Strecke genommen. Dann wären wir jetzt dort. Ist schon bekannt, wer es war?«
Sato zuckte die Achseln.
Nick deutete die Geste nicht als Ich weiß nicht und auch nicht als Es ist noch nicht im Netz , sondern als Spielt das eine Rolle?
In der Tat.
Ob Hadschis, Aryan Brotherhood, Flashgangs, das anarchistische Syndikat, Latinobürgerwehren, Anglomilizen, Black Muslims, Nuevo Cartél, lokale Verbände, Posse Comitatus, Wehrdienstverweigerer, verbitterte Veteranen, Spione des Neuen Kalifats …, es spielte wirklich keine Rolle. Wenn man in Erfahrung gebracht hatte, welche Terroristen den Mousetrap in die Luft gejagt hatten, half einem das nicht im Geringsten bei der Frage, wie man dem nächsten Attentäter mit einer Schusswaffe, einem Sprengsatz oder einem Lieferwagen voller Dünger samt Zünder aus dem Weg gehen sollte.
Nick war irritiert, dass Satos Telefon vertrauliche Daten schneller auffing als das nicht ganz legale Großvatergerät, mit dem er das Funknetz der Polizei angezapft hatte.
Auf der Highway-6-Überführung über der I-25 wurde er langsamer. Im Norden, hinter dem welligen Oval des Mile High, gleich westlich von den Reststummeln der ehemaligen Wolkenkratzer im Zentrum, jenseits von Six Flags und Coors Field stieg noch immer schwarzer Rauch auf. Die Heimatschutzhelikopter schossen herum wie Geier, während die unbedeutenderen Aasvögel von Presse
und Fernsehen weiter draußen kreisten und darauf warteten, den Zuschauern die besten Bilder zu liefern.
Nick bog auf den Speer Boulevard. »Wenn meine Ermittlungen zu nichts führen – in einem Fall, den Sie in achtzehn Monaten nicht klären konnten, als die Erinnerungen der Zeugen und die Hinweise noch frisch waren, den Sie mit siebenundzwanzig Mitarbeitern, besserer Technologie als der vom FBI und Nakamuras Milliarden im Rücken nicht gelöst haben, werden Sie sich also ein Messer in die Eingeweide rammen?«
Der Sicherheitschef schwieg.
1.03
CHERRY CREEK
FREITAG, 10. SEPTEMBER
Der Gelding rollte die letzte Rampe zum zweiten und obersten Stockwerk des Parkhauses am Cherry-Creek-Wohnkomplex hinauf und blieb zehn Meter vor den Ladestationen liegen. Nick ließ ihn einfach stehen, weil er wusste, dass Mack oder einer der Jungs den Wagen das letzte Stück schieben würden. Die Ladestation in der japanischen Grünzone hatte weniger als vierzig Minuten gebraucht; mit der alten Ausrüstung hier dauerte schon eine Teilladung zwölf Stunden. Nick war das egal.
An den zwei Sicherheitskontrollpunkten zeigte Sato einfach seine NICC – die dünne Karte war nicht grün wie sonst bei Diplomaten oder Ausländern, sondern schwarz – und kam ohne Probleme durch. Aber Nick freute sich schon auf die letzte Kontrolle. Wenn Sato glaubte, dank seines Diplomatenstatus eine Schusswaffe in den Cherry-Creek-Wohnkomplex mitnehmen zu können, dann stand ihm eine böse Überraschung bevor. Nicht einmal die Präsidentin der USA hätte hier eine im BH versteckte Pistole einschmuggeln können.
Sie befanden sich in der Luftschleuse, und hinter dem Schalter stand Gunny G., der leitende Waffen- und Sicherheitsexperte des Wohnkomplexes. Wahrscheinlich hatte ihn einer von den Typen an den Kontrollpunkten angerufen. Der Exmarine Gunny G. war in einem unbestimmten Alter über sechzig, aber immer noch fit und gefährlich. Sein kantiges, gebräuntes Gesicht unter dem Bürstenschnitt
schien von alten Narben zusammengehalten zu werden.
Nick händigte ihm seine Glock 9 aus und wartete.
Das frührere Einkaufszentrum verfügte nicht über CMRI-Scanner und Sicherheitsringe wie die japanische Grünzone, aber der Röntgenapparat und der Sprengstoffdetektor in der Eingangsluftschleuse funktionierten tadellos. Nick sah Bilder von sich und Sato, die auf Gunnys Monitor aufleuchteten. Sato hatte eine überdimensionierte Faustfeuerwaffe in einem Schulterhalfter unter der linken Achsel, eine kleine in einem Gürtelhalfter hinter der
Weitere Kostenlose Bücher